Indien ist in der Produktion von Erythromycin führend – auch für Paracetamol gibt es vier Hersteller. Doch der südasiatische Staat ist auf die aktiven Wirkstoffe (API) und Zwischenprodukte aus China angewiesen. Und das Reich der Mitte hat die Preise angezogen. Von Januar bis Juni 2020 sind laut indischem Pharmaportal Pharmabiz, die Preise um 20 bis 30 Prozent gestiegen.
„Der starke Preisanstieg für chinesische API trifft die indischen Arzneimittelhersteller“, schreibt Pharmabiz. Weil die indischen Unternehmen für Wirkstoffe und Zwischenprodukte tiefer in die Tasche greifen müssen, sei deren Gewinnspanne um 4 bis 5 Prozent zurückgegangen. Ursache für die Preisexplosion ist die Corona-Krise, die in der Provinz Hubei ihren Ursprung nahm. In Wuhan, wo zahleiche Wirkstoffe produziert werden, standen die Maschinen einige Zeit still. Daraufhin hatte Indien im März eine Ausfuhrbeschränkung für 13 Wirkstoffe verhängt – darunter Paracetamol, Metronidazol, Aciclovir und Erythromycin. Indien wollte so die Versorgung im eigenen Land sicherstellen. Vor dem Export der betroffenen Produkte musste eine Genehmigung eingeholt werden.
Ausgangsstoffe und Zwischenprodukte
Wie Indien mitteilt, sind die Preise für Wirkstoffe wie Tinidazol, Amoxicillin, Ceftriaxon, Clavavicel, Diclofenac-Natrium, Ofloxacin, Clavsyloid, Clotrimazol, Ciprofloxacin und Dexamethason-Natrium von Januar bis April diesen Jahres um 24 bis 38 Prozent gestiegen. Die Preise für Erythromycinthiocyanat, das Ausgangsstoff für die Herstellung von Erythromycinderivaten wie Azithromycin, Clarithromycin und Roxithromycin ist, sind während der Corona-Krise um 20 Prozent gestiegen.
Vier weitere Wirkstoffe seien laut Pharmabiz von einer deutlich stärkeren Erhöhung betroffen. Die Preise für die Wirkstoffe Paracetamol, Ornidazol, Azithromycin und Nimesulid sind in den Monaten Januar bis April 2020 von 62 auf 189 Prozent gestiegen.
Paracetamol: Abhängigkeit von China ist groß
Kostete ein Kilo Paracetamol im Januar noch 262 indische Rupien (Rs), waren es im April 425 Rs. Auch für Para-Aminophenol (PAP), das als wichtigstes Ausgangsmaterial für die Herstellung von Paracetamol verwendet wird, sind die Preise um 27 Prozent gestiegen.
„Die Nachfrage nach Paracetamol als Schmerz- und Fiebersenker ist seit dem Ausbruch des Coronavirus weltweit gestiegen. Eine Angebotsverknappung in Verbindung mit einer steigenden Nachfrage hat zu einem steilen Anstieg der Preise für Paracetamol und seinem wichtigsten Ausgangsmaterial – PAP – geführt. Aufgrund der steigenden Nachfrage im Zuge der Covid-19-Pandemie herrscht in Europa ein enormer Mangel an Paracetamol“, wird Ashok Kumar Madan, Exekutivdirektor Indian Drug Manufacturers’ Association (IDMA), zitiert.
Die indischen Arzneimittelhersteller sind bei der Lieferung von PAP stark von China abhängig. Zwar gebe es in Indien einige PAP-Hersteller, allerdings seien diese aufgrund der Kapazitätsengpässen kaum in der Lage, die Nachfrage zu decken.
Isopropanol
Nicht nur die verschiedenen Wirkstoffe, sondern auch die Preise für Isopropanol, das nicht nur zur Handdesinfektion, sondern auch als Lösungsmittel in der Arzneimittelherstellung zum Einsatz kommt, ist teurer geworden. Indische Arzneimittelhersteller benötigen pro Monat 20.000 bis 30.000 Tonnen Isopropanol. Hier seien die Importpreise aus China um 10 bis 15 Prozent gestiegen – trotz eines 100-prozentigen Preisanstiegs.
Logistik
Neben den Rohstoffpreisen zogen auch die Logistikkosten an. Als Ursache nennt Pharmabiz die Einhaltung der Hygienevorschriften. Aber auch die Luftfrachtkosten seien während der Pandemie um 2 US-Dollar pro kg auf 5 bis 6 US-Dollar pro kg gestiegen. Die durchschnittlichen Kosten für den Transport eines Containers von China nach Indien kletterten von 750 USD auf 1.200 bis 1.300 USD.
„Die Preise einiger chinesischer API sind von Januar bis heute um 20 bis 30 Prozent gestiegen, da die Produktionskosten der chinesischen Hersteller aufgrund der Umsetzung von Sicherheits- und Hygienemaßnahmen nach der Abriegelung Chinas angestiegen sind“, so Dara Patel, IDMA-Generalsekretär.
Sind hierzulande Engpässe oder Preissteigerungen zu erwarten?
Einem Insider zufolge lasse sich bisher keine generelle Tendenz erkennen. Fakt sei jedoch, dass die Frachtraten erheblich gestiegen seien und die Preise bestimmter Produkte erheblich belasten. Die Liefersituation sei vor allem durch die wenig verfügbaren Schiffe beziehungsweise Container geprägt sowie durch Fabrikschliessungen.
Die gute Nachricht: Bisher gebe es nur wenige Ausfälle, aber Verschiebungen durch Frachtkapazitäten.
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