Trotz möglicher Nebenwirkungen gehört die Pille zu den beliebtesten Verhütungsmitteln. Doch Pille ist nicht gleich Pille – vor allem im Punkt Thromboserisiko gibt es Unterschiede. Kein Wunder, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Ärzt:innen erneut darüber informiert, Pillen mit niedrigstem Risiko für venöse Thromboembolien zu verordnen.
Die Pille hat in der vergangenen Jahren Nutzer:innen verloren. Grund sind potentielle Nebenwirkungen wie unter anderem Stimmungsschwankungen, erhöhtes Thromboserisiko, Kopfschmerzen oder Gewichtszunahme. Im Frühjahr hatte bereits Stiftung Warentest Verhütungsmittel – Pille, Spirale und Co. – genauer unter die Lupe genommen. Die Expert:innen stufen Verhütungspräparate mit einem geringen Estrogenanteil und den Gestagenen als „geeignet“ ein – so auch das BfArM.
„Kombinierte hormonale Kontrazeptiva (KHK) mit den Gestagenen Levonorgestrel, Norethisteron oder Norgestimat besitzen das geringste Risiko für venöse Thromboembolien (VTE)“, heißt es aus Bonn. Wie das BfArM mitteilt, sollten bei jeder Verordnung eines KHK die unterschiedlichen VTE-Risiken berücksichtigt und jene Präparate mit dem niedrigsten Risiko verordnet werden.
Ärzt:innen sollten außerdem die individuellen Thromboembolie-Risikofaktoren der Patientinnen regelmäßig bewerten, die Frauen entsprechend aufklären und über mögliche Symptome einer Thromboembolie informieren und sensibilisieren.
Umgehende ärztliche Hilfe ist bei den folgenden Symptomen angezeigt:
- starke Schmerzen oder Schwellungen eines Beins – kann von Druckschmerz, Erwärmung oder Änderung der Hautfarbe begleitet sein
- plötzliche unerklärliche Atemlosigkeit/Atemnot oder schnelle Atmung; starke Schmerzen in der Brust, die sich beim tiefen Einatmen verstärken können
- Brustschmerz (meist plötzlich)
- Schwäche oder Taubheitsgefühl des Gesichtes, Arms oder Beins, die auf einer Körperseite besonders ausgeprägt ist
Das Risiko für eine VTE verschiedener KHK wurde in zahlreichen Studien untersucht. Die Daten zeigen, dass sich die verschiedenen Kombipillen in ihrem VTE-Risiko unterscheiden. Wie bereits beschrieben, haben Präparate mit Levonorgestrel, Norethisteron oder Norgestimat das geringste VTE-Risiko.
Merke: Am höchsten ist das VTE-Risiko im ersten Jahr der Anwendung einer Kombipille sowie bei einer erneuten Einnahme nach einer Anwendungspause von mindestens vier Wochen. Außerdem können Rauchen, Übergewicht (BMI über 30 kg/m2), Alter ab 35 Jahren oder auch die genetische Prädisposition das Thromboserisiko erhöhen.
Im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit publizierte Ergebnisse zeigen, dass bei KHK-Neunutzerinnen im Alter bis 19 Jahren die Verordnungen von KHK mit dem niedrigsten Risiko für venöse Thromboembolien von 32 Prozent (in den Jahren 2005 bis 2007) auf 54 Prozent (in den Jahren 2015 bis 2017) angestiegen sind. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Neuverordnungen von KHK mit hohem Risiko von 46 Prozent auf 33 Prozent.
Tabelle: VTE-Risiko kombinierter hormonaler Kontrazeptiva:
Gestagen im KHK (Ethinylestradiol-haltiges Kombinationspräparat, sofern nicht anders angegeben) | Relatives Risiko im Vergleich zu Levonorgestrel | Geschätzte Inzidenz (pro 10.000 Frauen und Anwendungsjahr) |
Nichtschwangere Nichtanwenderinnen | – | 2 |
Levonorgestrel | Referenz | 5 – 7 |
Norgestimat / Norethisteron | 1,0 | 5 – 7 |
Seasonique (Levonorgestrel im Langzyklus) | 1,4 | 5 – 15 |
Dienogest | 1,6 | 8 – 11 |
Gestoden / Desogestrel / Drospirenon | 1,5 – 2,0 | 9 – 12 |
Etonogestrel / Norelgestromin | 1,0–2,0 | 6 – 12 |
Chlormadinon / Nomegestrolacetat + Estradiol | noch zu bestätigen | noch zu bestätigen |
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