Ist ja nur ein Nahrungsergänzungsmittel – und doch sind Wechselwirkungen mit Arzneimitteln möglich. So kann beispielsweise Glucosamin die Blutungszeit verlängern, in Kombi mit Phenprocoumon ist Vorsicht geboten.
Glucosamin und Chondroitin stehen für „Knorpelbausteine“ und „gesunde Gelenke“. Kein Wunder also, dass Kund:innen auf entsprechende Nahrungsergänzungsmittel zur Erhaltung der Beweglichkeit der Gelenke und gegen den „Verschleiß“ setzen. Dabei gibt es aus Sicht der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit keinen wissenschaftlichen Beleg für eine präventive, struktur- und funktionserhaltende Wirkung von glucosaminhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln auf die Gelenke oder Knorpel von gesunden Menschen. Laut Verbraucherzentrale ist die gesundheitsbezogene Werbung – „gesunde Gelenke“, „für die Beweglichkeit“ und „für die Knorpelbildung“ seit 2012 nicht mehr erlaubt. Nicht nur das, die Präparate können auch Wechselwirkungen eingehen.
Phenprocoumon und Glucosamin: Besser nicht!
Phenprocoumon ist ein Vitamin K-Antagonist und gehört zu den 4-Hydroxycumarinen. Der Arzneistoff vermindert die Vitamin-K-vermittelte Aktivierung der Gerinnungsfaktoren. Die Wirkung setzt nicht sofort ein, sondern erst, wenn alle noch im Körper vorhandenen Gerinnungsfaktoren verbraucht sind.
Funfact: Die Cumarin-Wirkung wurde an Kühen entdeckt. Die Tiere verstarben an Blutungen, nachdem sie große Mengen an Steinklee gefressen hatten.
Dosiert wird individuell und die Patient:innen werden durch die Bestimmung der Thromboplastin-Zeit eingestellt. Hierzu kann die Messung des International Normalized Ratio (INR) herangezogen werden. Die Blutgerinnung muss während der Therapie fortlaufend kontrolliert werden. Phenprocoumon wird zur Behandlung und Prophylaxe von Thrombose und Embolie angewendet. Außerdem kommt der Vitamin K-Antagonist zur Langzeitbehandlung eines Herzinfarktes zum Einsatz, wenn ein erhöhtes Risiko für thromboembolische Komplikationen besteht.
Glucosamin ist ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Körpers. Der Aminozucker kommt in Knorpel, Bindegewebe und Gelenkflüssigkeit vor. Glucosamin wird als Arzneimittel zur Linderung von Symptomen bei leichter bis mittelschwerer Arthrose des Kniegelenks eingesetzt und ist auch Bestandteil von Nahrungsergänzungsmitteln. Laut Fachinformation werden der endogenen Substanz stimulierende Eigenschaften auf die Synthese physiologischer Glycosaminoglykane und Proteoglykane durch Chondrozyten und von Hyaluronsäure durch Synoviozyten zugesprochen. Dies belegen sowohl In-vivo- als auch In-vitro-Studien. Allerdings ist der genaue Wirkmechanismus beim Menschen bislang noch unbekannt.
Das Problem
Glucosamin kann die Cumarinwirkung beeinflussen. Die Folge kann eine Verstärkung der blutgerinnungshemmenden Wirkung sein – die Blutungszeit verlängert sich. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist dies bereits bei einer Tageszufuhr von isoliertem Glucosamin von 390 bis 790 Milligramm möglich. Es wurde über einen Anstieg des INR-Wertes berichtet. Der genaue Mechanismus, der der Interaktion zugrunde liegt, ist derzeit noch nicht vollständig geklärt. In-vitro konnte eine Hemmung der durch ADP hervorgerufenen Thrombozytenaggregation durch Glucosamin dokumentiert werden.
Das BfR empfiehlt vorsorglich für Nahrungsergänzungsmittel/Lebensmittel mit einer Tagesdosis von weniger als 1.250 mg isoliertem Glucosamin (als Glucosaminsulfat und -hydrochlorid) einen Warnhinweis für Personen mit eingeschränkter Glucosetoleranz, Personen, die Cumarin-Antikoagulantien einnehmen, Personen mit bekanntem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schwangere und Stillende sowie Kinder und Jugendliche.
Patient:innen, die mit Cumarin-Antikoagulantien behandelt werden, sollten zu Beginn und/oder bei Beendigung der Behandlung mit Glucosamin engmaschig überwacht werden.
Vorsicht ist auch bei Diabetiker:innen geboten, denn Glucosamin kann den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Diabetiker:innen und Personen mit eingeschränkter Glucosetoleranz sollten den Blutzuckerspiegel regelmäßig überwachen.
Vorsicht gilt auch bei Chondroitin und Cumarin-Antikoagulantien. Laut Verbraucherzentrale kann Chondroitin möglicherweise die Blutungszeit verlängern. Daher sollte bei der Einnahme von Blutgerinnungshemmern auf die Anwendung von Chondroitin verzichtet werden. Wechselwirkungen sind auch bei Phenprocoumon und Omega-3-Fettsäuren möglich.
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