Immer mehr Beschäftigte wünschen sich mehr Freizeit statt Arbeit und entscheiden sich für einen Teilzeitjob. Das gilt auch in der Apotheke. Doch besonders dort ist seit Monaten die Hölle los. Dürfen Chef:innen von ihren Teilzeitkräften eine Aufstockung verlangen?
Teilzeitarbeit ist in der Apotheke ein großes Thema. Immerhin ist rund jede/r zweite PTA teilzeitbeschäftigt, wie der große PTA-Gehaltsreport 2021 gezeigt hat. Im Schnitt arbeiten die jeweiligen Kolleg:innen dabei 26 Stunden pro Woche. Das Problem: Nicht erst seit der Corona-Pandemie gibt es beinahe täglich mehr zu tun. Hinzu kommt der zunehmende Fachkräftemangel, denn den Nachwuchs fehlt. Die Folge: Überstunden. Und davon bleiben auch Teilzeitkräfte nicht verschont. Beinahe jede/r Vierte von ihnen leistet pro Monat zwischen zehn und mehr als 20 Überstunden. Kein Wunder, dass sich viele Arbeitgebende mehr Vollzeitmitarbeitende wünschen würden. Doch darf der/die Chef:in eine Aufstockung von Teil- auf Vollzeit verlangen, beispielsweise weil in der Apotheke durch Testen, Impfen und Co. die Hütte brennt?
Die klare Antwort: Nein. Auch wenn Chef:innen gemäß Gewerbeordnung das Weisungs- und Direktionsrecht über ihre Angestellten haben und somit festlegen können, wann, wo und wie gearbeitet wird, fällt die Arbeitszeit nicht darunter. Denn diese ist im Arbeitsvertrag geregelt. Eine Aufstockung von Teil- auf Vollzeit ist somit nur möglich, wenn eine Vertragsänderung vorgenommen wird. Doch dafür bedarf es auch der Zustimmung des/der Mitarbeiter:in. Möchte ein/e teilzeitbeschäftigte PTA nicht in Vollzeit arbeiten, kann die Apothekenleitung sie/ihn nicht dazu zwingen, außer mit einer Kündigung, die jedoch fristgerecht erfolgen muss.
Bevor es so weit kommt, sollten beide Parteien versuchen, einen Kompromiss zu finden. So können sie sich beispielsweise darauf einigen, dass die Aufstockung nur wenige Stunden anstelle einer kompletten Vollzeitstelle umfasst. Außerdem könnte eine zeitliche Befristung vereinbart werden.
Achtung: Apothekenleiter:innen dürfen gemäß Bundesrahmentarifvertrag „in begründeten Ausnahmefällen Mehrarbeit im gesetzlichen Rahmen“ verlangen. Dies gilt jedoch nicht automatisch als Aufstockung, sondern als kurzfristige Mehrarbeit. Diese muss inklusive eines Zuschlags vergütet werden oder in Form von Freizeitausgleich „zurückgezahlt“ werden.
Möchten Beschäftigte von sich aus von Teil- in Vollzeit zurückkehren ist dies ebenfalls nicht immer möglich. Zwar besteht in Form der sogenannten „Brückenteilzeit“ generell ein Recht darauf, davon profitieren allerdings nur Angestellte, die in Betrieben mit mehr als 45 Mitarbeiter:innen beschäftigt sind und maximal fünf Jahre in Teilzeit gearbeitet haben. Hier kommt es also auf das Wohlwollen des/der Chef:in an, sodass eine Aufstockung individuell ausgehandelt werden kann. Voraussetzung dafür ist ein formloser schriftlicher Antrag.
Lehnen Arbeitgebende ab, müssen sie beachten, dass sie verpflichtet sind, bei einer neuen Stellenausschreibung zunächst einmal eigene Mitarbeiter:innen mit dem Wunsch nach einem Stundenplus zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass Chef:innen das Gespräch mit den betroffenen Beschäftigten suchen und ihre Entscheidung begründen müssen. Werden „Aufstockungswillige“ trotz einer freien Stelle und gleicher Eignung nicht berücksichtigt, kann ihnen sogar Schadenersatz zustehen.
Ein Wechsel von Voll- auf Teilzeit ist gemäß Teilzeit- und Befristungsgesetz möglich, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der/die Arbeitgeber:in „in der Regel mehr als 15 Angestellte“ beschäftigt.
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