Der Hype um Vitamin D flacht nicht ab. Dem Sonnenvitamin werden zahlreiche positive Wirkungen zugesprochen. Aufgrund der Corona-Krise ist das Multitalent nun auch zur Prävention einer Covid-19-Infektion im Gespräch.
Die dunklen Monate sind vorbei und Spaziergänge in der Sonne von 15 bis 25 Minuten pro Tag reichen laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) aus, um die körpereigene Bildung von Vitamin D über die Haut ausreichend zu gewährleisten. Eine Supplementation des Sonnenvitamins werde nur empfohlen, wenn auch ein Mangel nachgewiesen wurde und Ernährung und Sonnenbestrahlung das Defizit nicht ausgleichen können.
Vitamin D und Atemwegsinfekte
Laut DGE geben epidemiologische Studien erste Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Vitamin D-Status und akuten Atemwegsinfekten.
Personen mit einen Vitamin-D Mangel (Serumkonzentration von 25(OH)D: < 25 nmol/L) könnten durch die Einnahme von niedrig dosiertem Vitamin D von 7,5-100 µg/Tag oder 35-500 µg/Woche die Häufigkeit von akuten Atemwegsinfekten reduzieren. Für hochdosierte Einmalgaben von mehr als 750 µg Vitamin D pro Tag konnte allerdings kein Zusammenhang beobachtet werden. Ist der Atemwegsinfekt akut, konnte ebenfalls kein Einfluss einer Behandlung mit dem Sonnenvitamin festgestellt werden.
Das Fazit der DGE: „Anhand der bisherigen Studienergebnisse kann keine generelle Empfehlung für die Einnahme von Vitamin D-Präparaten zur Vorbeugung akuter Atemwegsinfekte ausgesprochen werden.“
Vitamin D und Covid-19
Die DGE hat sich mit folgender Frage beschäftigt: „Hat Vitamin D eine präventive Wirkung auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 bzw. eine Erkrankung an COVID-19?“
Die Frage könne aus wissenschaftlicher Sicht derzeit nicht beantwortet werden. Denn aufgrund der Neuartigkeit des Virus gebe es noch keine wissenschaftlichen Studien, die den Zusammenhang der Behandlung oder der Prävention von Vitamin D auf eine Covid-19-Infektion untersucht haben.
Erste Publikationen und ein möglicher Zusammenhang?
Publikation 1
Vitamin D könne einer Publikation zufolge über verschiedene Mechanismen ein Infektionsrisiko verringern. Zum einen über die Induktion von Cathelicidinen (antimikrobielle Peptide und Teil der angeborenen Immunantwort) sowie Abwehrmechanismen, die die virale Replikationsrate senken können, und zum anderen über die Verringerung der Konzentrationen proinflammatorischer Zytokine, die Entzündungen hervorrufen, die die Lungenschleimhaut schädigen und eine Lungenentzündung auslösen können. Außerdem wird eine Erhöhung der Konzentrationen entzündungshemmender Zytokine diskutiert. „Mehrere Beobachtungsstudien und klinische Studien deuten darauf hin, dass eine Vitamin-D-Supplementierung das Grippe-Risiko senken kann, andere hingegen nicht“, so die Forscher.
Dass Vitamin D jedoch eine Rolle bei der Minderung des Risikos, an Covid-19 zu erkranken, spielen könne, belege, dass der Ausbruch des neuartigen Coronavirus im Winter stattfand und somit in der Jahreszeit, in der der Vitamin D-Spiegel am niedrigsten sei. Zudem seien schwere Verläufe und Todesraten vor allem bei chronisch Kranken und älteren Patienten zu verzeichnen, die ebenfalls einen niedrigen Vitamin D-Spiegel aufweisen.
Das Fazit der Forscher: „Um das Infektionsrisiko zu verringern, wird empfohlen, dass Menschen mit einem Influenza- und/oder Covid-19-Risiko die Einnahme von 10.000 IU/d Vitamin D3 über einige Wochen in Erwägung ziehen.“ Ziel sei es, die Konzentration des Sonnenvitamins rasch auf über 40 bis 60 ng/mL zu erhöhen. „Für die Behandlung von Menschen, die sich mit Covid-19 infizieren, könnten höhere Vitamin D3-Dosen nützlich sein“, heißt es weiter. „Zur Bewertung dieser Empfehlungen sollten randomisierte kontrollierte Studien und große Bevölkerungsstudien durchgeführt werden.“ (DOI: 10.3390/nu12040988)
Publikation 2
Forscher untersuchten, ob es einen möglichen Zusammenhang zwischen schweren Covid-19-Erkrankungen mit Zytokinsturm und einem Mangel an Vitamin D gibt. Dazu wurden tägliche Aufnahme-, Genesungs- und Sterberaten-Daten von 793 Covid-19-Patienten in Ländern mit mehr als 5.000 bestätigten Fällen bis zum 21. März ausgewertet. Untersucht wurde ein potenzieller Zusammenhang zwischen einem schweren Vitamin D-Mangel und der altersspezifischen Todesursache (CFR).
Der altersspezifische CFR sei in Italien, Spanien und Frankreich (70 ≤ Alter < 80 Jahren) wesentlich höher (> 1,9mal) als in anderen Ländern wie beispielsweise Deutschland, Südkorea oder China. Zudem werde für Spanien und Italien ein schwerwiegender Mangel an Vitamin D berichtet.
Das Fazit: Eine Beseitigung des Vitamin D-Mangels könne schwere Covid-19-Verläufe schätzungsweise um 15 Prozent verringern. „Der wesentlich höhere altersspezifische CFR und das altersspezifische Verhältnis der bestätigten Fälle in Italien und Spanien (Länder mit niedrigem mittleren 25(OH)D-Niveau) deuten auf einen potenziellen Zusammenhang zwischen schwerem Vitamin D-Mangel und schwerem Covid-19 hin, der zu einem höheren CFR führen kann. (DOI:10.1101/2020.04.08.20058578)
Publikation 3
Die dritte Publikation untersuchte einen möglichen Zusammenhang zwischen dem mittleren Vitamin D-Spiegel und Covid-19. Dazu wurden die mittleren Vitamin D-Spiegel für 20 europäische Länder ermittelt, für die auch die Daten über die durch Covid-19 verursachte Morbidität und Mortalität vorlagen. Die Forscher diskutierten, dass die Vitamin D-Spiegel der älteren Bevölkerung – der Covid-19-Risikogruppe –, insbesondere in Spanien, Italien und der Schweiz, sehr niedrig sind.
Fazit: „Wir glauben, dass wir eine Vitamin-D-Supplementierung zum Schutz vor einer SARS-CoV-2-Infektion empfehlen können.“
Das Team dokumentierte eine sehr signifikante Korrelation zwischen den mittleren Vitamin D-Spiegeln (durchschnittlich 56,79 nmol/L) und der Anzahl der Covid-19-Fälle/1M in der Bevölkerung sowie zwischen den mittleren Vitamin D-Spiegeln und der Anzahl der durch Covid-19/1M verursachten Todesfälle.
Allerdings sehen die Forscher auch Grenzen der Durchschnittsanalyse. „Die Anzahl der Fälle/Land wird durch die Anzahl der durchgeführten Tests beeinflusst“, so die Wissenschaftler. (DOI: 10.21203/rs.3.rs-21211/v1)
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