Die vierte Welle der Corona-Pandemie rollt mit voller Wucht über Deutschland hinweg. Hauptverantwortlich dafür ist die Ausbreitung der ansteckenden Delta-Variante. Nun sorgt eine neue Mutation für Aufregung. Die Virusvariante B.1.1.529 aus Südafrika breitet sich rasant aus und gilt als hochansteckend. Wir geben dir einen Überblick.
„Wir sind sehr besorgt“, erklärte der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler im Rahmen der Bundespressekonferenz. Der Grund: die Virusvariante B.1.1.529, die sich derzeit vor allem in Südafrika auszubereiten scheint.
Wann trat die Virusvariante B.1.1.529 erstmals auf?
„Am 22. November 2021 haben wir in Südafrika eine Gruppe verwandter SARS-CoV-2-Viren mit der Bezeichnung B.1.1.529 entdeckt“, heißt es vom südafrikanischen National Institute for Communicable Diseases (NICD). Daraufhin habe man sowohl das südafrikanische Gesundheitsministerium als auch die Weltgesundheitsorganisation informiert.
Auf der Liste der Weltgesundheitsorganisation (WHO) findet sich B.1.1.529 seit dieser Woche in der Kategorie der Varianten unter Beobachtung, die erstmals im November aufgetreten sei – laut WHO jedoch nicht nur in Südafrika, sondern in einer Vielzahl von Staaten. Nun werde weiter geprüft, ob die Mutation als besorgniserregende Variante (Variant of concern) eingestuft werden muss. Ist dies der Fall, könnte B.1.1.529 analog zur Reihenfolge im griechischen Alphabet den Namen „Nu“ beziehungsweise „Ny“ erhalten.
Was macht die Variante so gefährlich?
Die Vielzahl von Mutationen, die sie enthält. Wie der Mediziner Richard Lessells von der University of KwaZulu-Natal in Durban auf einer Pressekonferenz der südafrikanischen Regierung berichtete, hat die Variante insgesamt 32 Mutationen allein im Spike-Protein. Einige davon seien laut NICD bereits von anderen Virusvarianten wie Delta bekannt, andere seien dagegen neuartig. Hinzu kommt, dass sich der Evolutionspfad von B.1.1.529 von anderen Varianten unterscheide.
Ob eine Infektion mit Variante B.1.1.529 zu anderen beziehungsweise schwereren Symptomen führe, ließe sich auf Basis der bisherigen Daten nicht belegen. Expert:innen befürchten jedoch ein deutlich höheres Ansteckungspotenzial. Auch das NICD ruft daher zum Einhalten von Hygienemaßnahmen auf.
Schützen die Impfstoffe auch gegen B.1.1.529?
In puncto Impfschutz gegen die neue Variante fehlt es derzeit noch an Erkenntnissen, betont das NICD. Derzeit werde geprüft, wie hoch das Potenzial zur Überwindung des Immunschutzes sei. „Auf der Grundlage unseres Verständnisses der Mutationen in dieser Linie ist ein teilweises Entkommen des Immunsystems wahrscheinlich, aber es ist wahrscheinlich, dass Impfstoffe immer noch ein hohes Maß an Schutz vor Krankenhausaufenthalten und Tod bieten werden.“
Die gute Nachricht: Die Variante konnte sehr früh erkannt werden. „Die B.1.1.529-Linie weist eine Deletion innerhalb des S-Gens auf, die eine rasche Identifizierung dieser Variante in Südafrika ermöglichte und eine kontinuierliche Überwachung dieser Linie unabhängig von den verfügbaren Sequenzdaten erlauben wird“, so das NICD. Außerdem gebe es keine Hinweise darauf, dass die Testsensitivität von PCR- und Schnelltests durch die neue Variante beeinträchtigt würden.
Gibt es bereits Fälle in Deutschland?
Bisher ist Wieler zufolge weder hierzulande noch in Europa ein Fall der neuen Variante bekannt. Damit dies möglichst lange so bleibt, werde Südafrika neu zum Virusvariantengebiet erklärt, stellte der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn klar. Das bedeutet unter anderem: Der Flugverkehr nach und von Südafrika wird eingeschränkt. Fluggesellschaften dürfen nur noch deutsche Staatsbürger:innen aus Südafrika nach Deutschland transportieren. Diese müssen zudem für zwei Wochen in Quarantäne – egal ob geimpft, genesen oder nicht. Da bisher nicht klar ist, wie gut die zugelassenen Impfstoffe gegen B.1.1.529 schützt, wolle man frühzeitig und proaktiv handeln, so Spahn weiter. Diejenigen, die bereits vor Inkrafttreten der Maßnahmen aus Südafrika einreisen würden, bittet der Minister, sich selbst in Isolation zu begeben.
Auch die EU wolle in puncto Reisebeschränkungen nachziehen, so Spahn weiter. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gab auf Twitter bekannt, die Kommission werde in enger Abstimmung mit den Mitgliedsstaaten vorschlagen, die „Notbremse“ zu aktivieren und den Flugverkehr aus der Region Südafrika einzustellen. Großbritannien und Israel haben den Flugverkehr bereits eingeschränkt.
Update: Inzwischen ist der erste Fall in Belgien bekannt (Stand: 26. November, 16 Uhr).
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