Arzneimittelbedingte Leberschäden können schwerwiegende Folgen haben. Dazu gehören auch ein akutes Leberversagen und eine Lebertransplantation. Dass Metamizol – wenn auch selten – zu einem lebensbedrohlichen arzneimittelbedingten Leberschaden führen kann, ist bereits seit Jahren bekannt. Und trotzdem klettern die Verordnungszahlen weiterhin nach oben. Anlass für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), erneut darauf hinzuweisen.
Agranulozytose und hypotensive Reaktion gehören zu den bekannten schwerwiegenden Nebenwirkungen von Metamizol. Aber auch Leberschäden sind unter dem nicht-opioiden Pyrazolonderivat möglich. Darauf wurde auch 2020 in einem Rote-Hand-Brief aufmerksam gemacht. Dennoch hat in den vergangenen Jahren die Zahl der Verordnungen kontinuierlich zugenommen – in zehn Jahren kletterte die Zahl der verordneten Tagesdosen zulasten der Kassen von rund 123 Millionen (2010) auf 259 Millionen (2020). Mit der steigenden Zahl an Verordnungen stieg auch die Zahl der Nebenwirkungsmeldungen. Dies weise darauf hin, dass Metamizol weiterhin auch bei Indikationen eingesetzt werde, für die der Wirkstoff nicht zugelassen ist, heißt es im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit.
Metamizol: Risiko schwere Leberschäden
Zwischen 2008 und 2017 wurden in einem Krankenhaus in Hamburg 23 Patienten mit arzneimittelbedingtem Leberschaden (DILI) nach Anwendung von Metamizol aufgenommen. Das waren 15 Prozent aller Fälle von DILI in diesem Zeitraum. Bei vier Patienten war es in der Vorgeschichte nach mehrfacher Behandlung mit Metamizol zu mehr als einer Episode von DILI gekommen. Zwei Patienten mussten wegen eines akuten Leberversagens eine Lebertransplantation erhalten.
2020 bewertete der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) das Risiko für Leberschäden unter Metamizol. Das Ergebnis: Die beobachteten Leberschäden zeigten überwiegend ein hepatozelluläres Muster und traten wenige Tage bis Monate nach Behandlungsbeginn auf. Zu den typischen Symptomen zählten erhöhte Leberenzymwerte im Serum, häufig im Zusammenhang mit anderen Überempfindlichkeitsreaktionen wie beispielsweise Hautausschlag, Blutbildveränderungen und Fieber.
Zwar ist der Pathomechanismus des metamizolbedingten Leberschadens nicht eindeutig geklärt, die verfügbaren Daten weisen jedoch auf einen immun-allergischen Pathomechanismus hin. Dieser wird als sehr selten eingeschätzt, allerdings kann die genaue Häufigkeit nicht berechnet werden.
Leberschäden: Paracetamol vs. Metamizol
Vor kurzem wurde eine Studie veröffentlicht, die das Risiko von Leberschäden unter Metamizol mit dem von Paracetamol verglich. Das Ergebnis: Unter Metamizol zeigte sich ein erhöhtes Risiko für einen Leberschaden als unter Paracetamol.
Die Fach- und Gebrauchsinformation von metamizolhaltigen Arzneimitteln wurden entsprechend vor einigen Jahren aktualisiert und darauf hingewiesen, dass es sehr wichtig ist, mögliche Leberschäden frühzeitig zu erkennen.
Patient:innen sollten über die möglichen Symptome eines Leberschadens informiert werden. Dazu gehören unter anderem Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Schwäche, Übelkeit, Erbrechen, Beschwerden im rechten Oberbauch, dunkler Urin, gelbe Haut oder Skleren. Sobald Anzeichen einer Leberschädigung auftreten, sollten die Patient:innen die Arztpraxis aufsuchen und die Leberfunktion geprüft und überwacht sowie die Anwendung von Metamizol beendet werden. Patient:innen, die unter Metamizol bereits einen Leberschaden hatten, für den keine andere Ursache ausgemacht werden konnte, sollten nicht erneut mit dem Wirkstoff behandelt werden.
Metamizol und Agranulozytose
Eine Agranulozytose kommt mit einer Inzidenz von einem bis fünf Fällen pro eine Million Einwohner:innen jährlich zwar nur selten vor – aber bei der Mehrheit der Fälle sind Arzneimittel die Ursache. Für Deutschland wurde eine Kohortenstudie veröffentlicht – von mehr als 600.000 gesetzlich Versicherten, die mit Metamizol behandelt wurden, lag das Risiko, eine Agranulozytose oder Neutropenie zu entwickeln, bei einem Fall auf 1.602 Patient:innen. Zudem analysierte eine Fall-Kontroll-Studie prospektiv Agranulozytosefälle aus 51 Krankenhäusern im Großraum Berlin. Hierbei wurde eine Inzidenz von 0,96 Fällen metamizolbedingter Agranulozytose pro Million Einwohner:innen und Jahr beobachtet.
Wird Metamizol eingenommen, sollten Patient:innen auf Anzeichen einer Agranulozytose achten. Das Problem: Der Verlauf ist in der Regel asymptomatisch. Mögliche Symptome sind:
- Verschlechterung des Allgemeinbefindens,
- Fieber,
- Schüttelfrost,
- Entzündungen im Bereich der Schleimhäute und Angina tonsillaris mit Halsschmerzen und Schluckbeschwerden.
Achtung: Unter einer Antibiose können diese Zeichen auch fehlen.
Metamizol ist ein nicht-opioides Pyrazolonderivat und besitzt analgetische, antipyretische und spasmolytische Eigenschaften. Der Wirkstoff kommt bei akuten starken Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, bei Koliken, Tumorschmerzen und sonstigen akuten oder chronisch starken Schmerzen zum Einsatz, wenn andere Behandlungsoptionen kontraindiziert sind. Außerdem wird Metamizol bei hohem Fieber angewendet, wenn andere Maßnahmen nicht ansprechen.
Metamizol nur bei starken Schmerzen
Metamizol-haltige Arzneimittel sind nur zur Behandlung von starken Schmerzen zugelassen. Hierzu gehören akute Schmerzen nach Verletzung oder Operation, Schmerzen bei Koliken und Tumorschmerzen. Bei anderen starken akuten oder chronischen Schmerzen darf Metamizol nur angewendet werden, wenn andere therapeutische Maßnahmen nicht angezeigt sind. Außerdem kann der Wirkstoff bei hohem Fieber, das nicht auf andere Maßnahmen anspricht, angewendet werden.
Merke: Leichte bis mittelstarke Schmerzen dürfen nicht mit Metamizol behandelt werden. Zur Fiebersenkung darf Metamizol nur eingenommen werden, wenn andere Antipyretika keine ausreichende Wirksamkeit gezeigt haben.
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