Ob Krankheit, Urlaub oder einfach noch viel zu viel zu tun: Gründe, länger in der Apotheke zu bleiben, gibt es viele. Auch Teilzeitkräfte bleiben von Überstunden oftmals nicht verschont. Bei der Vergütung dafür herrscht allerdings zum Teil Ungleichbehandlung, vor allem in Sachen Zuschläge. Doch ist das überhaupt erlaubt?
Das Prinzip „weniger Arbeit, mehr Freizeit“ wird bei Arbeitnehmer:innen immer beliebter, das gilt auch in der Apotheke. Allein 2020 arbeiteten laut Zahlen der ABDA mehr als 81.000 Apothekenangestellte in Teilzeit. Möglich macht dies das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in § 8, wonach Beschäftigte, eine Verringerung ihrer Arbeitszeit von Voll- auf Teilzeit beantragen können, wenn sie länger als sechs Monate angestellt sind, den Antrag drei Monate im Voraus schriftlich einreichen und der Betrieb mehr als 15 Mitarbeiter:innen beschäftigt. Der/die Chef:in darf nur ein Veto einlegen, wenn betriebliche Gründe dagegen sprechen.
Stimmt der/die Arbeitgeber:in zu, darf er/sie die Teilzeitkraft laut TzBfG nicht benachteiligen, das gilt auch finanziell: „Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht“, heißt es in § 4. Das Problem: Schieben Teilzeitkräfte Überstunden, gibt es oft Diskussionen um die Vergütung. Denn es stellt sich die Frage, ob die Mehrarbeit genauso vergütet werden muss wie bei Kolleg:innen, die in Vollzeit arbeiten. Vor allem der Zuschlag ist umstritten.
In der Apotheke gilt in puncto Überstunden laut § 8 Bundesrahmentarifvertrag (BRTV), dass für jede geleistete Überstunde eine Grundvergütung (= 1/173 des Tarifgehalts) plus ein Zuschlag zwischen 25 und 50 Prozent der Grundvergütung gezahlt werden soll. Das gilt allerdings nur für Beschäftigte mit einer regulären Arbeitszeit von 40 Wochenstunden. Für Mitarbeiter:innen in Teilzeit finden sich im BRTV keine besonderen Regelungen. Mehr noch: In anderen Branchen sehen die Tarifverträge sogar vor, dass Überstunden für Teilzeitkräfte erst mit Zuschlag vergütet werden müssen, wenn sie über die reguläre Wochenarbeitszeit einer Vollzeitkraft hinausgehen. Für PTA in Teilzeit würde dies bedeuten, dass sie statt der verringerten Arbeitszeit mindestens 41 Stunden arbeiten müssten, um Anspruch auf die reguläre Mehrarbeitsvergütung aus Grundvergütung plus Zuschlag zu haben. Aber ist das erlaubt?
Die Frage wurde zuletzt vor dem Bundesarbeitsgericht in verschiedenen Fällen diskutiert. Geklagt hatten Angestellte, deren Tarifverträge entsprechende Klauseln für Teilzeitbeschäftigte enthalten. Im Fall einer im öffentlichen Dienst teilzeitbeschäftigten Frau, die für ihre geleisteten Überstunden zwar eine Vergütung, allerdings keine Zuschläge erhalten hatte, da die Mehrarbeit nicht über die Wochenarbeitszeit von Kolleg:innen in Vollzeit hinausging, kamen die Richter:innen zu dem Urteil, dass eine „Differenzierung zwischen den Gruppen der Voll- und der Teilzeitbeschäftigten“, wie sie im entsprechenden Tarifvertrag (TVöD-K) vorgesehen ist, wirksam sei, „weil für sie völlig unterschiedliche Regelungssysteme des TVöD-K in Bezug auf das Entstehen und den Ausgleich von Mehrarbeit und Überstunden gelten.“ Dagegen bittet das Gericht in einem anderen Fall den Europäischen Gerichtshof um Klärung, inwiefern solche vertraglichen Regelungen eine Ungleichbehandlung zwischen Teil- und Vollzeitkräften bedeuten.
Es bleibt also abzuwarten, ob künftig weitere Arbeitgeber:innen „Sonderregelungen“ für Teilzeitkräfte in puncto Überstunden festlegen können, sodass diese unter Umständen auf Zuschläge verzichten müssen.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Entlassrezept: Kassen dürfen nicht retaxieren
Seit 1. Januar gelten Änderungen beim Entlassmanagement. Grundlage ist ein Schiedsspruch, der Anpassungen in der Anlage 8 zum Rahmenvertrag mit …
Wundbehandlung: Erstattung ja oder nein?
Chaos beendet, Versorgungslücke geschlossen. Bei der Abgabe der sonstigen Produkte zur Wundbehandlung herrscht wieder Klarheit. Der Bundestag hat im Rahmen …
BG-Rezept als Dauerverordnung
Dauerverordnungen können auch zulasten der Berufsgenossenschaft ausgestellt werden. Grundlage ist § 6 Arzneiversorgungsvertrag zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, der Sozialversicherung …