Die Staatsanwaltschaft ermittelt, wer für den Tod einer Frau verantwortlich ist, die im Alter von 72 Jahren in einem Bielefelder Krankenhaus gestorben ist. Bei der Obduktion habe sich bestätigt, dass eine Überdosierung des Medikaments Methotrexat (MTX) zum Tod geführt habe, sagte Claudia Bosse von der Staatsanwaltschaft Bielefeld am Donnerstag. Die Ermittlungen wurden bereits kurz nach dem Tod der Frau im Juni 2020 aufgenommen, öffentlich wurden sie nun durch Recherchen des „Westfalen-Blatts“.
Die Frau sei Ende Mai 2020 wegen eines Unfalls in eine Klinik in Herford gekommen, sagte Bosse. Dort soll ein folgenschwerer Fehler passiert sein: Der Hausarzt hatte der Frau verschrieben, einmal pro Woche MTX zu nehmen – im Medikamentationsplan der Klinik wurde aber eine tägliche Einnahme festgehalten. Die Frau wurde nach Bielefeld verlegt. Als sich ihr Zustand verschlechterte, fiel die zu hohe Dosierung auf. Sie kam noch auf die Intensivstation, starb aber.
Die Ermittler gehen nun der Frage nach, welchem der Ärzte die falsche Dosierung hätte auffallen müssen. Im Raum steht der Vorwurf der fahrlässigen Tötung. Außerdem soll geklärt werden, bis wann die Frau noch hätte gerettet werden können, wenn der Fehler aufgefallen wäre.
Georg Rüter, Geschäftsführer der Katholischen Hospitalvereinigung Ostwestfalen, zu der die beiden Kliniken gehören, verwies auf eine Software, die Ärzt:innen unter anderem bei der Medikamentation einsetzen. Das „an sich tolle Programm“ zeigte bei MTX demnach eine Wochendosis – üblich sei bei den allermeisten Medikamenten aber die Tagesdosis.
„Nachdem wir diesen Fehler entdeckt haben, haben wir sofort die Softwarefirma angeschrieben“, sagte Rüter. Man habe gebeten, die Angabe der Dosierung zu ändern, „das ist nach meinem Kenntnisstand auch erfolgt“. Laut Staatsanwältin Bosse ist noch unklar, wie genau es zu dem Fehler kam – „ob durch Menschenhand oder durchs System“. Rüter sagte, der Fall sei „extrem tragisch“. Er betonte: „Wenn die Staatsanwaltschaft sagt: ,Ihr habt Schuld‘, dann stehen wir dazu.“
Mit der wöchentlichen Einnahme von MTX werden Rheuma oder Morbus Crohn behandelt. Es kann auch bei Krebs eingesetzt werden, hier kann eine tägliche Dosis nötig sein. Die europäische Arzneimittel-Agentur EMA empfahl 2019 „neue Maßnahmen zur Vermeidung schwerwiegender und potenziell tödlicher Dosierungsfehler unter Methotrexat“.
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