Feuer in der Brust – etwa 20 Millionen Deutsche kennen den brennenden Schmerz hinter dem Brustbein, dessen Ursachen verschieden sein können. Aber nicht jeder Kunde, der über Sodbrennen klagt, ist auch tatsächlich betroffen. Immer wieder sind Testkäufer in den Apotheken unterwegs. Der Testkauf-Check.
Fall:
Ein Kunde verlangt nach einem Antazidum und hat einen konkreten Produktwunsch. Verlangt werden Hydrotalcid Kautabletten zu 100 Stück.
Wirkstoff-Faktencheck:
Indiziert ist der Wirkstoff zur symptomatischen Behandlung von Erkrankungen bei denen Magensäure gebunden werden soll, wie beispielsweise Sodbrennen und säurebedingte Magenbeschwerden sowie Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre. Der Arzneistoff ist auch als Liquid erhältlich.
Hydrotalcid bildet ein Schichtgitter aus Magnesium- und Aluminiumhydroxid-Ionen, Carbonat-Ionen und Wasser. Der Wirkstoff neutralisiert die Magensäure, bindet Pepsin und Gallensäure und lindert so säurebedingte Beschwerden. Die Wirkung tritt nach etwa zehn Minuten ein und kann bis zu 1,5 Stunden andauern. Die Anwendung kann zwischen den Mahlzeiten und vor dem Schlafengehen, jedoch maximal sechsmal täglich, erfolgen. Ebenso regt Hydrotalcid die Bildung epidermaler Wachstumsfaktoren (EGF) an, dies führt zu einer erhöhten Zellproliferation und Reepithelisierung; Läsionen und Magengeschwüre heilen schneller ab.
Analyse:
Im Beratungsgespräch sollte als erstes abgeklärt werden, für wen das Arzneimittel ist und welche Begleitumstände vorliegen. Im Anschluss gilt es, die Eigendiagnose des Kunden zu hinterfragen.
Faktencheck Eigendiagnose:
- Welche Beschwerden liegen vor? Möglich sind Völlegefühl, dumpfe, stechende oder krampfartige Schmerzen, saures Aufstoßen oder Sodbrennen.
- Seit wann bestehen die Beschwerden und wie häufig treten diese auf? Die Betroffenen können akut oder chronisch unter den Beschwerden leiden.
- Wann treten die Beschwerden? Sodbrennen kann sich vor allem bei körperlicher Anstrengung, nach dem Essen oder im Liegen (nachts) verstärken.
- Gibt es Begleitsymptome wie beispielsweise Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung, Schluckbeschwerden, Gewichtsverlust?
- Werden regelmäßig Arzneimittel eingenommen? Können diese möglicherweise Ursache der Beschwerden sein? Zudem sollte auf Wechselwirkungen mit dem Antazidum geachtet werden.
- Sind andere Erkrankungen bekannt?
- Ist der Kunde aufgrund der Beschwerden bereits in Behandlung?
- Ist das Arzneimittel bereits bekannt? Wie sind die Erfahrungen?
Anhand des Fragenkatalogs ergeben sich klare Grenzen für die Behandlung der Beschwerden im Rahmen der Selbstmedikation. Der Kunde sollte beispielsweise in folgenden Fällen an den Arzt verwiesen werden: Refluxsymptomatik und Schluckbeschwerden, Appetitlosigkeit oder häufiges Erbrechen, andauernde Schmerzen (länger als 14 Tage), Verdacht auf Ulkus, Husten und Luftnot oder wenn den Beschwerden psychische Faktoren wie eine Depression oder Stress zu Grunde liegen können.
Mittel der Wahl:
Besteht keine Kontraindikation und passt das Wunscharzneimittel zu den Beschwerden des Kunden (Wirksamkeit, Indikation, Wirkeintritt- und Dauer, Darreichungsform) kann dieses abgegeben werden. Der Betroffene sollte genau über die Einnahme informiert werden.
Faktencheck Einnahme:
Das Antazidum kann vier- bis sechsmal täglich etwa eine Stunde nach einer Mahlzeit eingenommen werden. Die Kautabletten sollten entweder gut durchgekaut oder gelutscht werden. Die maximale Behandlungsdauer beträgt drei Tage. Zu anderen Arzneimitteln sollte ein Zeitabstand von zwei bis drei Stunden eingehalten werden.
Warum kein Protonenpumpenhemmer (PPI)?
Magensäureblocker wie Omperazol und Pantoprazol sind unteranderem indiziert zur Behandlung von verschiedenen Ulzera sowie Helicobacter pylori im Rahmen der Triple-Therapie, zur Prophylaxe und Therapie von gastrointestinalen Ulzera durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Refluxkrankheit und. PPI verhindern die Sekretion von Magensäure durch eine spezifische Hemmung der Protonenpumpe. Die jeweiligen Prodrugs gelangen über den Blutkreislauf an die Belegzellen im Magen und werden dort durch die Säure in ihre eigentliche Wirkform überführt. Durch Bindung an die H+/K+-ATPase wird die Protonenpumpe an der Freisetzung der Magensäure irreversibel gehemmt. Die lange Wirkdauer beruht auf der Neubildung der H/K-ATPase, die etwa ein bis drei Tage in Anspruch nimmt. Allerdings tritt die Wirkung verzögert ein. Im Akutfall verschaffen PPI keine Linderung, da nur die Sekretion der Magensäure gehemmt wird. Eine Neutralisation der überschüssigen Säure findet nicht statt. Die Wirkstoffe sind säureempfindlich und daher mit einem magensaftresistenten Überzug versehen. Daher können sie erst im Dünndarm resorbiert werden.
Zusatztipps:
Wer unter Sodbrennen leidet, sollte Fett, Kaffee, scharfe Speisen und zu enge Kleidung meiden. Auch Stress und Hektik sollten vermieden werden. Betroffene sollten vier bis fünf kleinere Mahlzeiten zu sich nehmen. Da sich die Beschwerden im Liegen verschlimmern können, ist es ratsam, hochgelagert und auf der linken Seite zu schlafen. Zudem sollte die letzte Mahlzeit des Tages drei bis vier Stunden vor dem Zubettgehen gegessen werden.
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