Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt nicht, wenn Arbeitnehmende in der Pause beim Tabletten-Holen stürzen. Das hat der 21. Senat des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg entschieden. Der Grund: Die Tabletteneinnahme gehört nicht zu den arbeitsrechtlichen Pflichten.
Der Fall: Eine Näherin war auf dem Rückweg vom Auto zur Arbeitsstätte gestürzt und brach sich das rechte Handgelenk, nachdem sie in der Pause ihre Tabletten geholt hat. Die Frau hatte ihr regelmäßig einzunehmendes Epilepsiemedikament vergessen. Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, den Sturz als Arbeitsunfall anzuerkennen. Es wurde Klage eingelegt und diese vom Sozialgericht Neuruppin abgewiesen.
Der 21. Senat des Landessozialgerichts hat die Entscheidung des Sozialgerichts bestätigt. Die Einnahme von Medikamenten gehöre nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten, sondern sei dem nicht versicherten, persönlichen Lebensbereich zuzuordnen. Hätte die Frau mit der Einnahme der Epilepsie-Tabletten bis zum Schichtende gewartet, wäre ihre Arbeitsfähigkeit nicht gefährdet gewesen, heißt es. Dies wurde vom behandelnden Arzt bestätigt.
„Bestehe ein bloß abstraktes Risiko, dass es ohne die regelmäßige Einnahme der Tabletten während der Arbeitszeit zu einem Epilepsie-Anfall komme, so liege die Einnahme vorrangig im privaten Interesse und damit im nicht versicherten Bereich.“
Anders sehe es aus, wenn vergessene Gegenstände geholt würden, die zwingend für die Arbeit benötigt werden und ein überwiegendes betriebliches Interesse bestehe. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) beispielsweise für das Holen einer Brille oder des Schlüssels für einen Spind entschieden. Gleiches gilt für den Weg zum Mittagessen während einer vollschichtigen beruflichen Tätigkeit. In diesen Fällen bestehe Versicherungsschutz, da erst die Nahrungsaufnahme die Arbeitsfähigkeit auch für den Nachmittag sicherstelle. Diese Wertung lasse sich aber nicht auf das Holen vergessener Tabletten übertragen, wenn deren Einnahme nicht zwingend erforderlich sei, um die Arbeit fortzusetzen.
Auch dass die Frau vorab eine Erlaubnis der Vorgesetzten eingeholt hat, spielt bei der Entscheidung keine Rolle. Die Begründung: Die Vorgesetzte habe nicht ihr arbeitsvertragliches Weisungsrecht ausgeübt, sondern lediglich gestattet, dass die Betroffene ihre Arbeit kurz unterbrechen darf, um einer privaten Besorgung nachzugehen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat keine Revision zugelassen.
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