Am 1. September sollen alle Apotheken E-Rezepte beliefern können. In knapp zwei Wochen soll der Rollout beginnen – zumindest in den Startregionen Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein. In zwei Steps sollen die anderen Bundesländer folgen. Konkrete Einzelheiten fehlen. Voraussichtlich im Frühjahr 2023 soll die Einführung abgeschlossen sein. Ob die Kolleg:innen den Zeitplan der gematik ernst nehmen, wie sie auf Mehrfachverordnungen und E-Rezepte aus dem Ausland vorbereitet sind, hat aposcope gefragt – hier sind die Antworten.
Die aktuelle aposcope-Befragung unter den Apothekenteams zeigt den Status quo zum E-Rezept. Achtung, Spoiler: In den vergangenen zwei Wochen hat sich einiges getan.
60 Prozent der Apothekeninhaber:innen geben an, in ihrer Apotheke noch kein E-Rezept verarbeitet zu haben. Das sind 23 Prozentpunkte weniger als Anfang Juni. Und auch bei den angestellten Apotheker:innen und PTA nimmt die Belieferung Fahrt auf – 41 Prozent beziehungsweise 56 Prozent geben an, noch kein E-Rezept beliefert zu haben. Das sind bei den Approbierten 30 Prozentpunkte weniger und bei den PTA rund 20. „Wir brauchen noch Zeit bis Januar 2023, damit wir mit E-Rezepten arbeiten können“, sagen 40 Prozent der Chef:innen – das sind 11 Prozentpunkte mehr als vor zwei Monaten – und 41 Prozent der Mitarbeitenden – die Zahl ist unverändert.
Vorbereitung ist alles
Und auch die Vorbereitungen nehmen zu. „Wir bereiten uns aktiv in der Apotheke auf den Empfang von E-Rezepten vor“, sagen 56 Prozent der Inhaber:innen und 48 Prozent des HV-Personals. Ein Plus von 11 Prozentpunkten. Außerdem wünschen sich 87 Prozent der Befragten Schulungen zum E-Rezept von den Softwareanbietern, denn in puncto eigener Vorbereitung ist noch Luft nach oben. aposcope wollte wissen: Wie gut fühlen sich die Apotheken auf die Einführung des E-Rezepts vorbereitet? Hier die Antwort: Die Mehrheit der Inhaber:innen 57 Prozent sagt gut oder eher gut. Die Teams sehen mehr Nachholbedarf – 49 Prozent fühlen sich Stand jetzt gut vorbereitet – vor zwei Monaten waren es nur 38 Prozent.
Welche Maßnahmen haben die Teams getroffen? Zum einen die Information der Kund:innen. Dabei setzen die Kolleg:innen auf das aktive Gespräch (36 Prozent), Plakate (31 Prozent), Broschüren (28 Prozent), die eigene Website (22 Prozent) sowie Social Media (14 Prozent). Geht es um die Zusammenarbeit mit den Praxen, ist noch Luft nach oben – nur 23 Prozent arbeiten aktiv mit den Praxen zusammen.
Das E-Rezept und die „Hürden“
Welche Hürden sehen die Teams in der Praxis? Die Kolleg:innen sehen die Patientenversorgung in Gefahr – 87 Prozent der Inhaber:innen und 79 Prozent der angestellten Apotheker:innen und PTA haben Sorge, dass technische Fehler in der TI im Apothekenalltag zu Problemen bei der Patientenversorgung führen werden. Hier hat sich in den vergangenen zwei Monaten an den Zahlen nichts geändert.
Doch die Teams fürchten nicht nur technische Probleme oder IT-Ausfälle. Hinzu kommen bei etwa acht von zehn Kolleg:innen Bedenken in puncto Probleme bei Rezeptänderungen. Und dennoch glauben nur 39 Prozent, dass es vermehrt zu Retaxationen kommen wird – Stichwort Dosierungsangabe – die ist ja kein Pflichtfeld beim E-Rezept.
Auch die Abwanderung der Kundschaft zum Online-/Versandhandel ist bei etwa der Hälfte der befragten Kolleg:innen ein Thema. Und dann sind da noch die Praxen. 85 Prozent glauben, dass die Praxen bis September auf keinen Fall E-Rezept ready sind.
Mehr noch: 71 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass das E-Rezept so lange freiwillig bleiben sollte, bis es für alle Rezeptformulare (nicht nur Muster-16) eine digitale Lösung gibt.
Start für BtM- und T-Rezepte soll verschoben werden
Laut einem Referentenentwurf zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz sollen Ärzt:innen erst ab Juli 2024 verpflichtet werden, E-Rezepte über Betäubungsmittel und Lenalidomid, Thalidomid sowie Pomalidomid ausstellen zu können. Apotheken müssen jedoch schon ab Januar 2023 in der Lage sein, die genannten elektronischen Verordnungen zu beliefern.
Immerhin: 66 Prozent der Kolleg:innen halten die Verschiebung des verpflichtenden Einführungstermins für sinnvoll.
Allerdings sagen auch sechs von zehn Befragten, BtM- und T-Rezepte sollten papiergebunden bleiben.
Ausländische E-Rezepte: Keine Belieferung möglich
Bundesweit sind E-Rezepte aus dem Ausland mit 6 Prozent derzeit kein Thema, aber in Grenzregionen – 14 Prozent der Befragten in Grenzregionen hatten bereits E-Rezepte aus dem Ausland. Beliefern können sie diese aber nicht – also wird nach einer Lösung gesucht.
Wann ausländische E-Rezepte beliefert werden können, ist noch offen – eine konkrete Frist gibt es nicht, da nationales Recht das Einlösen von E-Rezepten anderer Staaten noch nicht abbildet bzw. bestehende nationale Gesetzte ggf. geschaffen und/oder geändert werden müssen – teilt die gematik auf Nachfrage mit.
Aber: 46 Prozent aller Befragten wären dazu bereit, E-Rezepte aus dem Ausland zu bearbeiten. Der Rest hat hauptsächlich folgende Bedenken: Probleme bei Abrechnung/Erstattung, Fälschungen und Kommunikation oder hat bereits Probleme bei inländischen E-Rezepten.
Warten auf Mehrfachverordnungen
Mehrfachverordnungen sollten erst mit der Einführung des E-Rezeptes möglich sein, doch auch hier heißt es warten. Der E-Rezept-Fachdienst wird laut gematik ab Q4 2022 die Funktion Mehrfachverordnung unterstützen. Die technischen Voraussetzungen sind damit gegeben. Wann die Primärsysteme der Ärzt:innen und Apotheker:innen die Funktionalität umsetzen und ausrollen, kann die gematik allerdings nicht sagen.
Zwar halten 46 Prozent der Befragten Mehrfachverordnungen für sinnvoll, aber nur 9 Prozent fühlen sich darüber (eher) gut informiert. Apotheker:innen und PTA, die Mehrfachverordnungen eher skeptisch gegenüber stehen, haben ihre Gründe:
- keine Garantie, dass Patient:innen wiederkommen für die nächste Teilverordnung
- Abrechnungsprobleme der Teilverordnung
- Probleme bei Therapieumstellung/Kassenwechsel/Praxiswechsel
- Fehler bei der Angabe des Gültigkeitszeitraums
- technische Probleme
- keine Ersatzverordnung möglich
Glauben die Apothekenteams an den Zeitplan der gematik? aposcope liefert die Antwort, ob die Kolleg:innen an die festgesetzten Timings glauben. Die Mehrheit – sieben von zehn Kolleg:innen nimmt den Zeitplan der gematik, dass die Einführung des E-Rezeptes im Frühjahr 2023 abgeschlossen sein soll, nicht ernst.
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