Ist ein Arzneimittel in Deutschland nicht verfügbar, besteht die Möglichkeit des Einzelimports. Allerdings müssen dafür bestimmte Vorgaben erfüllt und auch eingehalten werden. Denn nicht alle Präparate kommen für einen Import infrage.
Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Apotheken ein Arzneimittel aus dem Ausland importieren. Geregelt ist dies in § 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz (AMG). Möglich ist demnach ein Import von Arzneimitteln, die zur Anwendung am Menschen bestimmt sind, wenn:
- eine Bestellung einer Einzelperson in geringer Menge vorliegt (ein Import auf Vorrat ist nicht zulässig),
- das Arzneimittel in dem Staat rechtmäßig in den Verkehr gebracht wurde und
- in Deutschland für das Indikationsgebiet kein vergleichbares Arzneimittel in Bezug auf Wirkstoff und Wirkstärke zur Verfügung steht.
Außerdem kann das Bundesgesundheitsministerium (BMG) im Falle eines Lieferengpasses die zuständige Behörde dazu ermächtigen, den Ausfall über Importe abzufedern – auch wenn es hierzulande ein zugelassenes Arzneimittel gibt. Dies ist möglich, wenn ein Versorgungsmangel ausgerufen wurde. Zuletzt war dies bei Grippeimpfstoffen 2018/19 der Fall.
Achtung: Gibt eine Apotheke einen Einzelimport ab, greift die Gefährdungshaftung des Herstellers nicht und die Apotheke kann stattdessen haftbar gemacht werden. Das bedeutet in der Praxis, dass die Apotheke Qualität und Identität des Arzneimittels garantieren muss. Außerdem müssen Arzt und Patient vom Apotheker über die ihm bekannten Risiken informiert werden.
Einzelimport auf Kundenwunsch
Für einen Einzelimport ist nicht zwingend ein Rezept nötig, sofern es sich um ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel handelt, das aus der EU oder einem EWR-Land importiert wird. Das bedeutet: Ist das Medikament in Deutschland nicht verschreibungspflichtig, wird kein Rezept benötigt – auch dann nicht, wenn das Arzneimittel im Ausland unter die Verschreibungspflicht fällt. Werden alle Vorgaben von § 73 Absatz 3 erfüllt, darf das Arzneimittel eingeführt und zulasten des Patienten abgegeben werden. Der Vorgang ist zu dokumentieren.
Ist das Präparat verschreibungspflichtig und soll aus einem nicht-EU oder EWR-Land importiert werden, geht nichts ohne eine gültige ärztliche Verschreibung.
Einzelimport aufgrund einer ärztlichen Verschreibung
Möglich ist dieser bei Vorlage eines Privatrezeptes oder zulasten der Kasse. Liegt ein Kassenrezept vor und sind die Vorgaben von § 73 Absatz 3 erfüllt, entscheidet die Kasse über das weitere Vorgehen.
Ersatzkassen
Wird der Einzelimport zulasten einer Ersatzkasse abgerechnet, ist eine Genehmigung zur Kostenübernahme einzuholen, im Idealfall vor der Einfuhr des Arzneimittels. Hat der Patient noch keine Genehmigung eingeholt, kann die Apotheke den Part übernehmen.
Primärkassen
Wird zulasten einer Primärkasse abgerechnet, sind die einzelnen Regionalverträge zu prüfen und zu beachten. Das Einholen einer Genehmigung ist zusätzlich empfehlenswert, um Retaxationen vorzubeugen.
Die Genehmigung ist eine Einzelfallentscheidung und kann einige Zeit dauern. Meist müssen drei Angebote verschiedener Importeure vorgelegt werden.
Die Kostenübernahme sollte zum Zeitpunkt der Abgabe des Arzneimittels an den Patienten vorliegen. Im schlimmsten Fall bleibt die Apotheke auf den Kosten sitzen, wenn die Kasse keine Zusage erteilt. Daher empfiehlt es sich, das Kassenrezept bis zum Zeitpunkt der erteilten Kostenübernahme als Privatrezept zu behandeln. Unter Umständen muss der Patient in Vorleistung gehen. Ist die Erstattung geklärt, wird zulasten des Kostenträgers abgerechnet und der Patient leistet die gesetzliche Zuzahlung.
Wann ist ein Einzelimport ausgeschlossen?
Arzneimittel, für die eine Dopingsperre verhängt oder deren Zulassung widerrufen oder das Ruhen der Zulassung angeordnet wurde, dürfen nicht importiert werden. Außerdem müssen die Vorgaben der Verordnung über transmissible spongiforme Enzephalopathien (TSE) zutreffend oder erfüllt sein.
„Wer Betäubungsmittel einführen will, hat für jede Einfuhrsendung unter Verwendung eines amtlichen Formblatts eine Einfuhrgenehmigung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu beantragen,“ so § 1 der BtM-Außenhandelsverordnung.
Abrechnung
Bei der Abrechnung können zwei Sonder-PZN Anwendung finden. Zum einen die 09999117 im Falle eines Einzelimports eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels. Zum anderen die 09999206 bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Außerdem ist der Vorgang in jedem Fall zu dokumentieren. Festzuhalten sind die Bezeichnung des eingeführten Arzneimittels, Name sowie Anschrift des Herstellers sowie des Lieferanten, Chargenbezeichnung, Menge und Darreichungsform des Arzneimittels, Name und Anschrift des Patienten sowie des verschreibenden Arztes, Datum der Bestellung und Abgabe sowie das Namenszeichen des abgebenden oder beaufsichtigenden Apothekers.
Der Preis des Einzelimports wird gemäß der Arzneimittelpreisverordnung berechnet. Dabei gilt für die Berechnung des Apotheken-Netto-Verkaufspreises die Formel: Apotheken-Einkaufspreis (AEK) + 3 Prozent + 8,35 Euro + 0,21 Euro. Am Ende ergibt dies plus 19 Prozent Mehrwertsteuer den Apothekenverkaufspreis.
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