Sicherheit vs. Nutzen: Besser kein Paracetamol für Ältere?
Weil nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) bei langfristiger Anwendung mit Nebenwirkungen wie gastrointestinalen Beschwerden oder Herzinsuffizienz verbunden sein können, gehört Paracetamol bei älteren Patient:innen oftmals zu den Mitteln der Wahl. Doch das nicht-opioide Analgetikum sollte besser mit Vorsicht genutzt werden, zeigt eine Studie.
Paracetamol besitzt analgetische und antipyretische Eigenschaften. Der genaue Wirkmechanismus von Paracetamol ist noch nicht eindeutig geklärt. Das Acetamid wird in der Leber metabolisiert und kommt vor allem zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und/oder Fieber zum Einsatz. Damit nicht genug: „Aufgrund seiner vermeintlichen Sicherheit wird Paracetamol in vielen Behandlungsleitlinien seit langem als medikamentöse Erstlinienbehandlung bei Arthrose empfohlen, insbesondere bei älteren Menschen, bei denen ein höheres Risiko für medikamentenbedingte Komplikationen besteht“, heißt es von Forschenden der Universität Nottingham.
Doch dabei handelt es sich offenbar um einen Trugschluss. Denn: Ähnlich wie NSAR kann auch Paracetamol Cyclooxygenase(COX)-abhängige Nebenwirkungen verursachen. Demnach kam es bei älteren Patient:innen, die mit Paracetamol behandelt wurden, häufig zu gastrointestinalen, kardiovaskulären und renalen Nebenwirkungen, wie die Wissenschaftler:innen nun herausgefunden haben.
Paracetamol bei Älteren: Risiko für Herzversagen, Bluthochdruck und Co.
Die Forschenden haben Patientendaten aus einem 20-Jahres-Zeitraum zwischen 1998 und 2018 analysiert. In die Untersuchung einbezogen wurden die Daten von mehr als 180.000 Personen, die wiederholt Paracetamol einnahmen (≥ 2 Rezepte innerhalb von sechs Monaten), sowie von mehr als 402.000 Menschen, bei denen keine Exposition mit dem Wirkstoff vorlag. Das Durchschnittsalter betrug 75 Jahre.
„Die Ergebnisse zeigten, dass die langfristige Einnahme von Paracetamol mit einem erhöhten Risiko für Magengeschwüre, Herzversagen, Bluthochdruck und chronische Nierenerkrankungen verbunden war“, heißt es in einer Mitteilung. Genau wurde beim Vergleich der beiden Teilnehmergruppen beispielsweise deutlich, dass unter der Behandlung ein um mehr als ein Drittel (36 Prozent) erhöhtes Risiko für gastrointestinale Blutungen beobachtet wurde. Zudem entwickelten Personen in der Wirkstoff-Gruppe 19 Prozent häufiger eine chronische Nierenerkrankung.
Dabei galt: Je höher die verordnete Dosis, desto größer fiel das Risiko aus.
Nutzen-Risiko-Analyse durchführen
Doch damit nicht genug. Denn in einer weiteren Unteranalyse wurde überprüft, wie sich die Paracetamol-Einnahme speziell bei Arthrose-Patient:innen auswirkt, die aufgrund ihrer chronischen Schmerzen meist dauerhaft mit dem Wirkstoff behandelt werden. Auch bei ihnen ließen sich die Ergebnisse bestätigen und ein erhöhtes Risiko für entsprechende Nebenwirkungen feststellen.
Daher sollte eine Behandlung mit Paracetamol bei Älteren mit chronischen Erkrankungen wie Arthrose stets gründlich abgewogen werden und mit Vorsicht erfolgen. Denn der Nutzen ist oftmals fraglich. So heißt es beispielsweise in den entsprechenden Leitlinien: „Paracetamol zeigt bei Patienten mit Gon- und Koxarthrose keine klinisch signifikante schmerzlindernde Wirkung.“ Demnach wird auch keine routinemäßige Therapie mit dem Wirkstoff empfohlen.
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