Auch wenn unbedeutende Formfehler schon lange kein Retaxgrund mehr sind und die Möglichkeit der Nullretax durch das Lieferengpassgesetz eingeschränkt wurden, gibt es für die Kassen weiterhin zahlreiche Gründe für eine Teil- oder Vollabsetzung. Doch nicht immer ist diese berechtigt. Dann können Apotheken Retax-Einspruch einlegen. Wir frischen dein Wissen dazu auf.
Generell gilt: Flattert eine Retaxation in die Apotheke, sollte diese nicht einfach akzeptiert, sondern genau geprüft werden. Denn neben einer schriftlichen Beanstandung muss oft auch eine Begründung und die Zusendung der entsprechenden Rezepte – in Kopie oder als Original – zur Prüfung erfolgen. Bestehen Unsicherheiten in puncto Rechtmäßigkeit der Teil- oder Vollabsetzung, kann Hilfe beim zuständigen Landesapothekerverband (LAV) gesucht werden. Denn die Verbände beschäftigen in ihren Clearingstellen eigens Mitarbeitende – darunter auch PTA –, die sich um Retax-Angelegenheiten und Co. kümmern..
Auch eine Rückfrage bei der Kasse selbst ist möglich, um weitere Hintergründe zur Retaxation zu erfahren. Hältst du die Absetzung trotz Rücksprache weiterhin für unberechtigt, kann Retax-Einspruch eingelegt werden. Was dabei gilt, erfährst du von uns.
Retax-Einspruch: schriftlich, begründet, fristgerecht
Der Retax-Einspruch sollte schriftlich und ebenfalls mit Begründung erfolgen. Das bedeutet, die Apotheke widerspricht der Entscheidung der Kasse und legt dar, nach welchen Regelungen die Abgabe erfolgt ist und warum deshalb eine Retax unberechtigt ist. Fehlt die Begründung, schmälert dies die Aussicht auf Erfolg. Einige Apothekerverbände stellen Musterformulare für den Einspruch bereit.
Übrigens: Grund für einen Widerspruch kann auch die verspätete Zustellung der Retaxation sein. Denn dafür hat die Kasse in der Regel ein Jahr Zeit.
Möchte sich die Apotheke nicht selbst mit der Kasse auseinandersetzen, kann auch der Verband den Retax-Einspruch übernehmen. Dazu sollte ein kurzes Anschreiben mit der Darlegung des Falles inklusive Rezept und Retaxation der Kasse mit der Bitte um Widerspruch an den LAV gesendet werden.
Neben der Schriftform und einer möglichst aussagekräftigen Begründung ist für den Retax-Einspruch auch die Wahrung der Frist entscheidend. Denn es gelten in der Regel drei Monate nach Erhalt der Retax. Anschließend hat die Kasse wiederum Zeit, darauf zu reagieren. Bei den Ersatzkassen sind es drei Monate, bei den Primärkassen kommt es auf den jeweiligen Regionalvertrag an, möglich sind beispielsweise vier Monate. Das Ergebnis muss der Apotheke beziehungsweise dem LAV schriftlich mitgeteilt werden. Hält die Apotheke die Frist für den Retax-Einspruch nicht ein oder überschreitet die Kasse die Frist gegen den Einspruch der Apotheke, gelten die Taxdifferenzen beziehungsweise der Einspruch als anerkannt.
Wird der Einspruch abgelehnt, aber hält die Apotheke die Entscheidung weiterhin für falsch, kann erneut widersprochen werden. Als letzte Option bleibt eine Klage vor dem zuständigen Sozialgericht.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Wechselwirkungen: Licht und Schatten bei Apotheken-Beratung
Weil zwischen verschiedenen Medikamenten sowie zwischen Arznei-, Nahrungsergänzungs- und Lebensmitteln Wechselwirkungen möglich sind, ist die richtige Beratung das A und …
Fehlerpotenzial: Ersatzverordnung ist nicht Zuzahlungsstatus ändern
Ersatzverordnungen sollen künftig von Apotheken nicht mehr als solche gekennzeichnet werden können. Der DAV hat den Softwareanbietern empfohlen, die Funktion …
Kondom schlägt Pille: Wenig Vertrauen in hormonelle Kontrazeptiva
Pille, Kondom, Spirale, Portiokappe oder Zyklus-App: In Sachen Verhütung stehen verschiedene Methoden zur Wahl. Dabei zeigt sich: Das Kondom hat …