Seit zwei Wochen liegt der Referentenentwurf zur Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform (ApoRG) vor. Bei den Apotheken fallen die Pläne aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) in weiten Teilen durch. Die Kolleg:innen geben dem Entwurf in einer aposcope-Befragung die Schulnote 5.
Der Apothekenmarkt wird mit dem ApoRG auf den Kopf gestellt. Apotheken ohne Approbierte, eine Umverteilung beim Honorar, Filialen, die drei Stunden Fahrtzeit auseinander liegen, und eine freie Kürzung der Öffnungszeiten sind nur einige Kernthemen des Entwurfs. Dass die Vorhaben die Apotheken stärken und die Arzneimittelversorgung in der Fläche sichern, glauben die befragten Apothekenmitarbeiter:innen nicht.
Das sind die geplanten Maßnahmen – und die Schulnoten der Teams
- Ermöglichung flexibler Öffnungszeiten, um diese an Personalressourcen und Bedürfnisse der Versorgung vor Ort anzupassen: Schulnote 2,7
- Fachkräfte aus dem Ausland sollen bereits während des Anerkennungsverfahrens wie Auszubildende für pharmazeutische Tätigkeiten eingesetzt werden können: Schulnote 3,4
- Möglichkeit zur Aufbewahrung von Betäubungsmitteln in Kommissionierautomaten: Schulnote 3,6
- Aufteilung der Leitung von Filial- und Zweigapotheken unter zwei Apotheker:innen möglich: Schulnote 3,6
- Möglichkeit der Apothekenneugründung für approbierte Apotheker:innen, die ihre Prüfung außerhalb Deutschlands bestanden haben (bislang nur Übernahme bestehender Apotheken): Schulnote 3,7
- Mehr Impfungen durch geschulte Apotheker:innen: Künftig auch alle Totimpfstoffe sowie Schutzimpfungen gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis: Schulnote 3,8
- Einführung der Telepharmazie: Schulnote 3,9
- Beschäftigungsmöglichkeiten weiterer Berufsgruppen mit geeigneter Ausbildung für bestimmte unterstützende Tätigkeiten in der Apotheke: Schulnote 3,9
- Möglichkeit, die Leitung der Filial- und Zweigapotheken eines Filialverbundes als Apothekeninhaber:in selbst zu übernehmen: Schulnote 4
- Neuregelung der PoC-Tests: Testungen auf Adenovirus, Influenzaviren, Norovirus, Respiratorische Synzytial Viren und Rotavirus durch Apotheker:innen und PTA; Testung auf HIV, Hepatitis-C-Virus, Sars-CoV-2 und Treponema pallidum durch Nicht-pharmazeutisches Personal: Schulnote 4
- Übertragung der Möglichkeit zur Vereinbarung von Anpassungen des Fixums, das heißt ab 2027 sollen der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband direkt über die Vergütung verhandeln: Schulnote 4,2
- Möglichkeit der Öffnung von öffentlichen Apotheken bei Anwesenheit von erfahrenen PTA, sofern eine telepharmazeutische Anbindung an Apotheker:innen im Filialverbund sichergestellt ist und die Apothekenleitung mindestens acht Stunden pro Woche persönlich anwesend ist: Schulnote 4,2
- Erhöhung der Notdienstpauschale auf rund 550 Euro und Erhöhung des Notdienstzuschlags pro Packung von 21 Cent auf 28 Cent. Dafür: Kürzung des Zuschlags für pharmazeutische Dienstleistungen von 20 auf 13 Cent: Schulnote 4,3
- Gründung von Zweigapotheken möglich in Orten mit eingeschränkter Arzneimittelversorgung: Bis zu zwei Zweigapotheken pro Apothekeninhaber:in, keine Genehmigung nötig – Anzeige reicht, zehn Jahre Gültigkeit, keine Rezeptur/kein Notdienst: Schulnote 4,4
- Gründung von Filialapotheken in bis zu drei Fahrtstunden Entfernung von der Hauptapotheke: Schulnote 4,6
- Stufenweise Absenkung des prozentualen Anteils der Apothekenvergütung von 3 Prozent auf 2 Prozent und gleichzeitige Erhöhung des Fixums auf 8,66 Euro 2025 und auf 9 Euro im Jahr 2026: Schulnote 5,1
Das Fazit: Welche Schulnote geben Sie den geplanten Maßnahmen insgesamt? Schulnote 4,8
Möglichkeiten nutzen?
Doch werden die Apotheken die neuen Möglichkeiten auch umsetzen? Die Hälfte der befragten Apothekeninhaber:innen zieht für die eigene Apotheke flexiblere Öffnungszeiten in Betracht. Auch die Lagerung von Betäubungsmitteln im Kommissionierer statt im Tresor können sich knapp vier von zehn Chef:innen vorstellen. Nur 16 Prozent halten eine Öffnung der Apotheke ohne Approbierte für realistisch und 23 Prozent geben der Ausweitung der Impfungen eine Chance.
Die aposcope-Befragung zeigt auch, dass die PTA selbst zum Großteil gar nicht allein arbeiten möchten. Sieben von zehn PTA wollen nicht ohne Approbierte die Apotheke öffnen und wenn doch, müsste das Gehalt steigen (98 Prozent).
Ziele werden nicht erreicht
Was also bringt das ApoRG? Werden die Ziele erreicht – die Versorgung in der Fläche gesichert, dem Fachkräftemangel entgegengewirkt, Schließungen verhindert? Mitnichten, wie die Ergebnisse der Befragung zeigen:
- Wird die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln gesichert? Nein, sagen 77 Prozent
- Wird das Apothekensterben aufgehalten? Nein, sagen 87 Prozent
- Wird es wieder mehr Landapotheken geben? Nein, sagen 80 Prozent
- Wird die Versorgung der Patient:innen verbessert? Nein, sagen 82 Prozent
- Wird es zu einer Entlastung und mehr Zufriedenheit bei den Apothekenteams führen? Nein, sagen 85 Prozent
- Wird die Kostensituation der Apotheken verbessert? Nein, sagen 87 Prozent
- Wird der Fachkräftemangel in Apotheken reduziert? Nein, sagen 83 Prozent
- Stärkt die Apotheke vor Ort – Ablehnung bei 83 Prozent
- Wird es auf lange Sicht das Ende der Apotheke bedeuten? Zustimmung bei 70 Prozent
- Die Arzneimittelversorgung wird sich verschlechtern – Zustimmung bei 77 Prozent
Wer soll das Gesetz stoppen?
Schon jetzt spalten die Pläne aus dem BMG die Teams – Hierarchien werden spürbar größer. Die Zustimmung liegt bei 58 Prozent.
Geht es nach den Befragten, muss das Gesetz verhindert werden. Doch ob die Chance besteht, lassen die Befragten offen. Es herrscht keine Einigkeit – 39 Prozent denken, dass dem Entwurf für das Apothekenreformgesetz von Karl Lauterbach zugestimmt wird – 39 Prozent halten dagegen und 22 Prozent enthalten sich.
Doch wer könnte das Gesetz verhindern? Die Hälfte der Befragten setzt auf die Länder beziehungsweise den Bundesrat, 38 Prozent auf den Bundestag, 36 Prozent auf die Gerichte und 27 Prozent auf den Bundeskanzler.
Zur Methodik: An der aposcope-Befragung zur Apothekenreform nahmen vom 24. bis 25. Juni insgesamt 367 Apotheker:innen, PKA und PTA teil.
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