PTA-Bachelor: „Ein zukunftsfähiges Berufsbild schaffen.“
Im Januar 2023 tritt die PTA-Reform in Kraft. Carmen Steves, Vorsitzende des BVpta, ist allerdings der Überzeugung, dass die vereinbarten Neuerungen nicht ausreichen und blickt deshalb mit Sorge in die Zukunft: „Die PTA-Ausbildung benötigt größere strukturelle Veränderungen.“
Um die Veränderungen bei der PTA-Ausbildung und beim Berufsbild wurde im Zuge der Reform schwer gerungen. Eine echte Verbesserung in puncto Perspektiven gibt es ihrer Meinung nach für PTA auch in Zukunft nicht, denn viele Herausforderungen wurden nicht bearbeitet und längst überholte Hierarchien bleiben bestehen. So wird eine Kompetenzerweiterung „kategorisch abgelehnt“, offen bleibt eine Lösung für die Personalprobleme. Die Verzweiflung unter Inhaber:innen und Teams ist schon jetzt groß, Perspektiven werden bisher jedoch nicht aufgezeigt.
„Durch zahlreiche Gespräche mit PTA Lehrer:innen und Schulleiter:innen habe ich das wahre Ausmaß der Katastrophe erkannt“, so Steves. „Ich hätte vor meiner Amtszeit nie gedacht, wie weit fortgeschritten die negativen Entwicklungen in den Schulen sind.“ Konkret geht es nicht nur um den fehlenden Nachwuchs, sondern auch die Qualität der Bewerber:innen. Viele Schüler:innen sind quasi nicht ausbildungsfähig, schaffen die Schule nicht. Hinzu kommen Sprachprobleme. Aus dieser Ausgangslage kommen nur wenige, gut qualifizierte PTA in die Apotheke. So mancher Ausbildungsgang endet mit gerade mal sechs Absolvent:innen. Defizitäre Schulen werden ihre ohnehin jetzt schon schwierige Finanzierung schnell verlieren. Das „Aus“ der PTA-Schulen in ihrer jetzigen Form droht.
„Betroffen von der katastrophalen personellen Lage sind gut strukturierte Apothekenbetriebe mit gesunden Umsätzen – es trifft moderne Apotheker:innen, die sich einsetzen, die moderne Existenzen führen und eine hochmoderne Arbeitskultur leben. Die haben qualifizierte Mitarbeiter:innen verdient und können ohne Personal nicht bestehen und sich entwickeln“, beschreibt Steves die aktuelle Lage.
„Das ist bitter. Gespräche und Handlungsmöglichkeiten müssen mit dem Gesetzgeber diskutiert werden, wenn die Standesvertretung nicht handelt und sich jeglicher neuen Entwicklung und moderner Erkenntnisse aus der Arbeitspsychologie verweigert. Nachdem die Gründe für die desaströse Personalsituation inzwischen hinlänglich bekannt sind, gibt es für mich nur einen Grund für dieses Nicht-Handeln, die Angst vor einem Macht- oder Kontrollverlust. Das ist das genaue Gegenteil einer modernen Arbeitswelt, wie sie sich jüngere Menschen wünschen.
Eine schon vielfach diskutierte und von Apothekern befürwortete Lösung wäre die Schaffung eines grundständigen Fachhochschul (FH)-Studiums. Dieses wäre auch im Hinblick auf die demnächst aus dem Berufsleben ausscheidenden Pharmazieingenieure eine sinnvolle Ergänzung. Ein zusätzliches Teilzeitformat kann ambitionierten PTA offenstehen und die Weiterqualifizierung neben dem Beruf ermöglichen. In einem guten Konzept ließen sich die PTA Schulen an das Studium anbinden. Ein duales Studium mit Ausbildung kann somit absolviert werden oder wahlweise nur die Ausbildung. Es entstehen somit zeitgemäße berufliche Wege in den Arbeitsort „Apotheke“.
Wahlmodule können für Spezialisierungen wie Herstellung oder pharmazeutische Beratung qualifizieren. Die Apotheke gewinnt an Qualifizierungen, auf die in der Zukunft nicht verzichtet werden kann. Weiterhin muss der PTA-Beruf an sich aber auch verändert werden. Mehr Praxisphasen schon während der Ausbildung und eine Umbenennung in „Pharmazeutische Technologen“ wäre ein Weg. Die Assistenzberufe wurden geschaffen, um insbesondere die Frauen zu versorgen. Eine Karriere war nicht vorgesehen. Das Konzept passt nicht mehr zum heutigen Status der Frau und auch nicht mehr zu den Herausforderungen in der Apotheke und im Privatleben.“
„Kürzlich wurde ich gefragt, ob die Maßnahmen nicht alle schon zu spät seien und viel zu lange dauern bis sie wirken. Die Frage ist mehr als berechtigt“, so Steves weiter. „Es ist sicher nicht die Zeit, um Eitelkeiten zu pflegen, sondern um tragfähige Lösungen zum Laufen zu bringen. Was jahrelang verpasst wurde, kann nicht in wenigen Monaten aufgeholt werden. Ich sehe die Reformfähigkeit, insbesondere wenn ich mit Inhabern und leitenden Apothekern spreche. Sie braucht aber Entscheidungen und Miteinander, eine Vision und klare Ziele.“
„Mit der Schaffung eines neuen Berufsbildes, welches hier entstehen würde, gehen ein anderer Lohn und andere Kompetenzen einher – hierzu gehört das Leiten einer Filiale und das zeitweise vertreten von Apothekenleiter:innen“, so Steves. „Es geht nicht um Spitzenlöhne. Es müssen aber Löhne sein, die nicht in die Altersarmut führen und mit denen Menschen auch allein leben können. Ein mittlerer guter Lohn, der sich durch Weiterqualifizierung sichtbar erhöhen kann. Den brauchen wir für Apotheker:innen auch. Wir müssen nicht nur eine Berufsgruppe stärken, sondern alle Apothekenmitarbeiter:innen.“
Dass die Apotheke bei höheren Löhnen mehr Geld benötigt, ist Steves klar. Aber: „Die Politik ist offen für Veränderungen, die stichhaltig und zielführend sind und kooperativ im Erarbeiten und Umsetzen von Lösungen. Hier liegt nicht das Problem. Die Eingaben müssen aber inhaltlich und kommunikativ stimmen, sonst gelingt die gewünschte Veränderung nicht.“
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