Problem Erstöffnungsschutz: Seit dem 9. Februar 2019 ist Securpharm scharfgestellt. Ein Erstöffnungsschutz und ein individueller Data-Matrix-Code sollen die Patienten vor gefälschten verschreibungspflichtigen Arzneimitteln schützen. Allerdings erschwert das Siegel, das Securpharm vorschreibt, den Apotheken die Fertigarzneimittelprüfung, denn ist der Originalitätsverschluss aufgebrochen, ist eine Retoure beinahe unmöglich.
Pro Arbeitstag sollen Apotheken mindestens ein Fertigarzneimittel oder apothekenpflichtiges Medizinprodukt im Rahmen der Fertigarzneimittelprüfung genauer unter die Lupe nehmen. Die Prüfung kann täglich an je einem zufällig gewählten Präparat oder auch einmal in der Woche an sechs Präparaten durchgeführt werden. Bei der Wahl der Fertigarzneimittel und Medizinprodukte sollten alle in der Apotheke vorrätig gehaltenen Präparate sowie jene aus dem Wareneingang berücksichtigt werden – Rx und OTC. Weil Rx-Packungen einen Erstöffnungsschutz tragen, wurden in einigen Apotheken seit Securpharm bevorzugt OTC-Packungen in der Fertigarzneimittelprüfung untersucht, eine Lösung ist das allerdings nicht. Schließlich sollen alle in der Apotheke gelagerten Produkte in die Prüfung einbezogen werden.
Prüfparameter für Fertigarzneimittel
- Prüfung der Kennzeichnung (§ 10 AMG) wie beispielsweise Name und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers, Bezeichnung/Stärke/Darreichungsform, Zulassungsnummer, Chargenbezeichnung beziehungsweise Herstellungsdatum, Verfallsdatum mit dem Hinweis „verwendbar bis” (Monat und Jahr,) Hinweis „Verschreibungspflichtig” oder „Apothekenpflichtig” sowie Analgetika-Warnhinweis gemäß § 2 Abs. 1 AnalgetikaWarnHV.
- Prüfung der Packungsbeilage (§ 11 AMG) wie beispielsweise Bezeichnung Stoff- und Indikationsgruppe oder Wirkungsweise, Anwendungsgebiete, Gegenanzeigen, Wechselwirkungen, Warnhinweise, Dosierung und Art der Anwendung sowie die vollständige qualitative Zusammensetzung; quantitative Zusammensetzung nach Wirkstoffen.
- Prüfung der Primär- und Sekundärpackmittel (§ 12 ApBetrO) wie unter anderem Dichtigkeit der Verschlüsse, Unversehrtheit des Originalitätsverschlusses, Unversehrtheit der Blisterfolie bei Tabletten, Deklaration, Übereinstimmung der Chargenbezeichnung auf Primär- und Sekundärpackmittel sowie das Vorhandensein der Packungsbeilage.
Apotheken sind berechtigt, Packungen von Fertigarzneimitteln, die einen Erstöffnungsschutz tragen, zu Prüfzwecken zu öffnen. Allerdings muss die Packung im Anschluss bei positiver Prüfung entsprechend gekennzeichnet werden. Ein Bruch des Originalitätsverschlusses, der zu Prüfzwecken innerhalb der Apotheke erfolgt, muss dokumentiert werden. Die Packung ist zu kennzeichnen, muss wiederversiegelt werden und ist weiterhin verkehrsfähig. Wichtig ist es, den Patienten bei der Abgabe der Packung auf die Prüfung hinzuweisen und über den Sachverhalt aufzuklären. Allerdings gestaltete sich das mitunter schon vor Securpharm schwierig, wenn versiegelte Packungen zu Prüfzwecken oder zum Auseinzeln geöffnet wurden.
Fertigarzneimittelprüfung trotz Securpharm: Klebeetikett und Patienteninfo
Laut Empfehlungen der Bundesapothekerkammer (BAK) kann das Klebeetikett, das auf der Packung aufzubringen ist und diese wiederversiegelt, folgenden Wortlaut tragen:
„Diese Packung wurde von Ihrem Apotheker zum Zweck einer routinemäßigen Kontrolle der Arzneimittelqualität geöffnet. Es wurden keine Mängel festgestellt.“
Zudem können die Prüfnummer, das Prüfdatum und die Unterschrift des Apothekers auf dem Aufkleber einen Platz finden. Außerdem kann den Patienten eine Informationsbeilage mitgegeben werden.
„Sie haben ein Arzneimittel ausgehändigt bekommen, das in meiner Apotheke geöffnet wurde. Der Apotheker ist als letzte Kontrollinstanz verpflichtet, Fertigarzneimittel vor der Abgabe an den Patienten stichprobenweise auf einwandfreie Beschaffenheit zu überprüfen. Diese Maßnahme erhöht die Arzneimittelsicherheit und schützt den Patienten vor möglichen Risiken. Die Wirksamkeit des Arzneimittels wird durch das Öffnen der Packung nicht beeinträchtigt. Das von Ihnen erworbene Arzneimittel hat keine Mängel aufgewiesen. (Stempel der Apotheke)“
Weiterverkauf wiederversiegelter Packungen
„Grundsätzlich kann die so wiederversiegelte Packung auch an andere Marktteilnehmer weiterverkauft werden“, schreibt die ABDA in den FAQ zu Securpharm. „Es ist aber davon auszugehen, dass es hier nur eine sehr geringe Bereitschaft zum Kauf entsprechender Ware geben wird.“ Und genauso spiegelt es sich in der Praxis wider. Großhändler und Hersteller nehmen in der Regel keine wiederversiegelten Packungen zurück. Ist der Erstöffnungsschutz aufgebrochen, ist eine Retoure meist nicht mehr möglich. Apotheken sollten also bei der Fertigarzneimittelprüfung den möglichen finanziellen Schaden im Blick haben.
Öffnung wegen Chargenüberprüfung
Dazu schreibt die ABDA: „Die Durchführung von Chargenüberprüfungen, bei denen eine verifizierungspflichtige Packung geöffnet werden muss, wird wegen des zuvor geschilderten Risikos für die weitere Verwendbarkeit der Packung und des damit einhergehenden finanziellen Risikos für die Apotheken nicht mehr empfohlen. Die entsprechenden Arzneimittel sollen durch die pharmazeutische Industrie stattdessen zurückgerufen werden.“
Denn fest steht, bei einem Bruch des Originalitätsverschlusses außerhalb des Kontrollbereichs der Apotheke verliert die Packung ihre Abgabefähigkeit. Daher wird dringend empfohlen, beim Wareneingang die Unversehrtheit der Packung, neben dem Scan des individuellen Data-Matrix-Codes, zu überprüfen.
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