„Pharmazeutische Dienstleistungen werden sich nicht durchsetzen“
Die Einigung auf die pharmazeutischen Dienstleistungen sei ein „Meilenstein für die pharmazeutische Arbeit“ in der Apotheke, so Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening im Sommer. Die Praxis zeigt ein anderes Bild. „Das Konzept der pharmazeutischen Dienstleistungen wird sich nicht durchsetzen“, sagt der Großteil der Apotheker:innen und PTA, wie eine aktuelle aposcope-Befragung zeigt.
Das 2020 in Kraft getretene Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) bildet die rechtliche Grundlage der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL). Insgesamt fünf pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) werden vergütet. Das sind:
- erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation
- pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten
- pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie
- standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck und
- standardisierte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung und Üben der Inhalationstechnik.
Doch nicht jede Apotheke bietet die einzelnen Services an. Nicht einmal die Hälfte der von aposcope befragten Kolleg:innen setzt auf die Standardisierte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung mit Üben der Inhalationstechnik (47 Prozent). Je knapp 45 Prozent der Befragten bieten die erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation und/oder die standardisierte Risikoerfassung hohen Blutdrucks an. Pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie gehört nur bei knapp 8 Prozent und pharmazeutische Betreuung nach Organtransplantation bei 6 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen zum Angebot.
Pharmazeutische Dienstleistungen: 38 Prozent machen nicht mit
38 Prozent der Befragten bieten gar keine pDL an. Die Gründe sind verschieden – wobei Personalmangel (33 Prozent) und Zeitmangel (25 Prozent) die Top-Nennungen sind. Und dann ist da noch die Vergütung. „Aufwand und monetärer Nutzen der pharmazeutischen Dienstleistungen stehen in keinem Verhältnis“, sagen 76 Prozent. Kein Wunder also, dass sich aus Sicht der befragen Kolleg:innen die pDL nicht durchsetzen werden. „Das Konzept der pharmazeutischen Dienstleistungen wird sich nicht durchsetzen“, sagen 65 Prozent der Befragten.
Wohin mit dem nicht genutzten Honorar?
150 Millionen Euro stehen für die pDL zur Verfügung. Die Gesamtsumme soll quartalsweise aufgeteilt werden. Laut Nacht- und Notdienstfonds berechnet sich der Ausschüttungsbetrag pro Quartal aus der Anzahl der abgegebenen Rx-Medikamente multipliziert mit 20 Cent. Weil aber nicht alle Kolleg:innen mitmachen, wird die Summe nicht ausgeschöpft. Was also tun mit dem Geld, das für die pDL zur Verfügung steht? Die Kolleg:innen haben eine Idee. Sechs von zehn Befragten finden, dass das Geld, das nicht für pDL ausgegeben wird, gerecht auf alle Apotheken verteilt werden sollte.
Dass pDL Rohrkrepierer sind und nicht alle Kolleg:innen diese anbieten, könnte den Apotheken früher oder später auf die Füße fallen. Stichwort Honorarerhöhungen. „Honorarsteigerungen können nicht zur Argumentation gebracht werden, wenn zu wenige Apotheken pharmazeutische Dienstleistungen anbieten“, sagt mehr als die Hälfte (53 Prozent) der befragten Apotheker:innen und PTA.
Zur Methodik: An der aposcope-Befragung nahmen im Zeitraum vom 1. bis 5. Dezember 2022 insgesamt 303 Apotheker:innen und PTA teil.
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