Während sich manche Apothekenangestellte in der Apotheke über etwas mehr Lockerheit freuen und am liebsten nicht nur die Kolleg:innen, sondern auch den/die Chef:in mit „Du“ anreden würden, ist dies für andere ein No-Go. Aber was gilt, wenn Chef:innen auf das Duzen bestehen? Ist das überhaupt erlaubt?
„Du“ oder „Sie“ – das ist die Frage, und zwar sowohl beim Umgang mit Kund:innen als auch mit den Kolleg:innen oder der Apothekenleitung. Denn beide Anredeformen haben ihre Vorzüge. Während das Siezen eher für Respekt und Distanz steht, schafft das Duzen Nähe und hilft dabei, Hierarchien aufzuweichen. Kein Wunder, dass so manche/r Vorgesetzte:r darauf besteht, geduzt zu werden und auch seine Mitarbeitenden mit „Du“ anzusprechen. Doch was ist, wenn das Angestellten gar nicht recht ist? Dürfen Chef:innen auf das Duzen bestehen oder können sich Arbeitnehmende weigern?
Generell gilt: Einen vertraglichen Anspruch auf das Siezen oder Duzen gibt es in der Regel nicht. Das bedeutet, sofern im Arbeitsvertrag oder der Betriebsvereinbarung nichts in puncto Umgangsformen am Arbeitsplatz vereinbart und festgehalten ist, können Arbeitnehmende nicht darauf pochen, von Vorgesetzten mit „Du“ oder „Sie“ angesprochen zu werden. Im Gegenteil: „Die Weisung, wie im Betrieb miteinander gesprochen wird, unterfällt dem sogenannten Direktionsrecht des Arbeitgebers“, heißt es vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Damit darf der/die Chef:in festlegen, wann, wie, wo und was gearbeitet wird und wie sich Angestellte währenddessen zu verhalten haben.
Chef:innen dürfen auf das Duzen pochen – aber nicht uneingeschränkt
Doch das Weisungsrecht kann „nicht schrankenlos ausgeübt werden“, so der DGB weiter. Immerhin haben Chef:innen auch eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeiter:innen und deren Wohlergehen. „Die Grenze ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters. Als Erwachsener kann grundsätzlich jeder für sich entscheiden, wem er das vertrauliche ‚Du‘ anbietet.“ Es müssen also die Interessen von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden gegeneinander abgewogen werden – Weisungs- versus Persönlichkeitsrecht.
Achtung: Wird das Duzen als „Instrument“ genutzt, um eine/n Mitarbeietr:in gezielt herabzuwürdigen, ist dies ein Verstoß gegen Artikel 2 des Grundgesetzes, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Werden sich Angestellte und Chef:innen beim Duzen nicht einig, muss im Zweifel ein Gericht entscheiden. Wie ein früheres Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm gezeigt hat, ist ein Anspruch auf die Rückkehr zum Siezen nur schwer durchzusetzen. Vor allem, wenn das Duzen zu den normalen Gepflogenheiten im Betrieb gehört und sich bereits durchgesetzt hat.
Tipp: Gibt es in der Apotheke einen Betriebsrat, entscheidet dieser mit, wenn Chef:innen das Duzen verpflichtend einführen wollen.
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