Das Landgericht Düsseldorf hat entschieden: Bei Tinctura Opii normata Maros handelt es sich um ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel. Das Urteil ist nicht rechtskräftig – Maros hat Berufung eingelegt. Was bedeutet das für die Apotheken? Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) klärt auf und rät von einer Abgabe von Opiumtinktur als Rezepturarzneimittel ab.
Fertigarzneimittel oder Rezepturarzneimittel? Der Streit um Opiumtinktur als Ausgangsstoff geht in die nächste Runde. In den Apotheken stellt sich die Frage: Darf Tinctura Opii normata Maros weiterhin abgegeben werden, wenn der Ausgangsstoff auf Identität geprüft, umgefüllt und gekennzeichnet wird? „Tatsächlich ist die Rechtslage im Fall von Opiumtinktur unklar und strittig, weil höchstrichterlich bislang noch nicht entschieden“ teilt der AVWL den Apotheken mit. Allerdings könne aus verschiedenen unterinstanzlichen Verfahren abgeleitet werden, dass eine weitere unveränderte Abgabe von Opiumtinktur als Rezepturarzneimittel durch eine Apotheke mit der Gefahr verbunden sei, als arzneimittelrechtlich unzulässig bewertet zu werden. Aber die Gefahr lasse sich abschwächen.
Auf Grundlage der bekannten Fakten und Argumente und unter dem Aspekt des „Vorsichtigkeitsprinzips“ gibt der AVWL eine prognostische Einschätzung:
„Demnach sind wir auch in Ansehung der alles andere als wünschenswerten Folgen für die Apotheken, insbesondere aber auch für die Patient:innen der Auffassung, dass nach – derzeitigem – Sach- und Erkenntnisstand nicht empfohlen werden kann, weiterhin Opiumtinktur als Rezepturarzneimittel abzugeben und abzurechnen.“ Apotheken sollen sich mit dem/der verschreibenden Ärzt:in in Verbindung setzen.
AuĂźerdem beantwortet der AVWL verschiedene Fragen:
- Besteht Kontrahierungszwang, wenn ein Rezept über Opiumtinktur vorgelegt wird? „Das ist u.E. auf Grundlage der vorstehenden Rechtsauffassung nicht der Fall“, so der AVWL, vielmehr handele es sich um eine unklare Verordnung und Arztrücksprache sei nötig, um den/die Verschreibende über die Bedenken in Form eines Verstoßes gegen § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (Zulassungspflicht) zu informieren.
- Welche Risiken drohen im Falle einer Abgabe? Im Falle einer Abgabe könne von einem Verstoß gegen die Zulassungspflicht nach § 21 AMG ausgegangen werden. Die Apotheke könne wettbewerbsrechtlich in Anspruch genommen werden (wie in Hamburg geschehen).
- Das Retaxationsrisiko scheint eher gering – der Preisunterschied zwischen Rezepturarzneimittel und Fertigarzneimittel beläuft sich auf den Faktor 5. Wenn die Kasse retaxiert, dann wohl eher mit der Begründung, dass der Apotheke keine entsprechend ausgestellte Verordnung vorgelegen und das abgegebene Arzneimittel nicht der ärztlichen Verordnung entsprochen hat, so der AVWL.
- Darf Tinctura Opii normata gegen das Fertigarzneimittel ausgetauscht werden? Dropizol ist seit 2018 als Fertigarzneimittel auf dem Markt. Gegeneinander austauschen kann die Apotheke die Präparate aber nicht. Liegt der Apotheke ein Rezept über die „unveränderte Abgabe von Opiumtinktur“ vor, darf kein Wechsel auf das Fertigarzneimittel vorgenommen werden, stellt der AVWL klar. „Der Arzt muss hierzu ein neues, explizites Rezept ausstellen. Sollte er Bedenken der Wirtschaftlichkeit äußern oder sich gar weigern, kann er sich an die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) wenden. […] Andernfalls bleibt der Patient ggf. unversorgt.“ CAVE: Eine Abänderung des Rezeptes durch die Apotheke ist nicht möglich!
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