Nicht immer können Apotheken das rabattierte Arzneimittel abgeben. Ursachen können zum einen Lieferengpässe sein. Aber auch während der Corona-Pandemie kann unter Umständen eine Versorgung oberhalb des Festbetrages erfolgen. In jedem Fall müssen die entstandenen Mehrkosten gezahlt werden – aber von wem?
Mitunter kann es sein, dass die Apotheke mit keinem Arzneimittel, das unterhalb des Festbetrages liegt, versorgen kann. Gerade während der Corona-Pandemie kann es im Zuge der erleichterten Abgaberegeln zu einer höherpreisigen Versorgung kommen – auch wenn der Rabattvertrag der Kasse stets Vorrang hat.
Die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung regelt die Ausnahmen während der Corona-Pandemie, die den Apotheken mehr Beinfreiheit geben und unnötige Patientenkontakte vermeiden können.
- Ist das auf der Grundlage der Verordnung abzugebende Arzneimittel in der Apotheke nicht vorrätig, darf ein vorrätiges wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben werden.
- Ist kein wirkstoffgleiches Arzneimittel in der Apotheke vorrätig und ist das abzugebende Arzneimittel nicht lieferbar, darf ein lieferbares wirkstoffgleiches Arzneimittel abgegeben werden.
- Ist weder das auf der Grundlage der Verordnung abzugebende noch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorrätig oder lieferbar, darf in Rücksprache mit dem Arzt mit einem pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Arzneimittel (aut-simile) versorgt werden; dies ist zu dokumentieren.
Wird von der Abgaberangfolge laut Rahmenvertrag abgewichen, kann es zu einer Festbetragsüberschreitung kommen.
Festbetrag
Der Festbetrag ist die vom GKV-Spitzenverband festgelegte Preisobergrenze und somit der maximale Betrag, den die Kassen für ein Arzneimittel zahlen. Festbeträge werden gebildet, wenn mehrere Arzneimittel als vergleichbar eingestuft werden und die Kassen eine niedrige Erstattungsobergrenze festlegen wollen, dann ist von sogenannten Festbetragsgruppen die Rede. Etwa 80 Prozent der ärztlichen Verordnungen betreffen Arzneimittel aus Festbetragsgruppen, die 40 Prozent der Umsätze im GKV-Markt ausmachen. Geht das Preisniveau innerhalb der Festbetragsgruppe nach unten, senkt auch der GKV-Spitzenverband den Festbetrag.
Liegt der Verkaufspreis eines Arzneimittels über dem Festbetrag, zahlen Patienten in der Regel die Differenz aus eigener Tasche. Alternativ können sie mit einem anderen, als therapeutisch gleichwertig eingestuftem Arzneimittel versorgt werden, für das keine Aufzahlung fällig wird.
Wer zahlt die Mehrkosten?
Festbetragsüberschreitung wegen Corona-Ausnahmeregeln
Weicht die Apotheke entsprechend der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung von der im Rahmenvertrag festgelegten Abgaberangfolge ab und versorgt den Patienten mit einem vorrätigen wirkstoffgleichen Arzneimittel, dessen Preis über dem Festbetrag liegt, muss der Patient tiefer in die Tasche greifen und die anfallenden Mehrkosten selbst zahlen.
Während der Corona-Pandemie hatten einige Kassen zeitlich befristet eventuell anfallende Mehrkosten übernommen. Apotheken sollten im Ausnahmefall den vollen Arzneimittelpreis aufdrucken und es nicht versäumen, die Sonder-PZN und den zugehörigen Faktor (5 oder 6) auf dem Rezept zu dokumentieren.
Kein Arzneimittel unter Festbetrag lieferbar
Ist kein aufzahlungsfreies Arzneimittel lieferbar und können nur Arzneimittel bestellt werden, die den Festbetrag übersteigen, lohnt ein Blick in das Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz. Nach § 129 Absatz 4c Sozialgesetzbuch (SGB) V müssen die Vertragspartner (Kasse und Unternehmen) eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln sicherstellen. Ist ein rabattiertes Arzneimittel bei Rezeptvorlage nicht verfügbar, ist die Apotheke unmittelbar zur Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 berechtigt. Ist kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend die Mehrkosten und nicht der Patient.
Ersatzverordnung
Liegt der Apotheke eine Ersatzverordnung vor, die aufgrund eines Arzneimittelrückrufes ausgestellt wurde, fallen für den Patienten weder Zuzahlung noch Mehrkosten an. Abgerechnet wird über die Sonder-PZN 06461067.
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