Dass Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft mit Valproat behandelt werden, ein erhöhtes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen haben, ist bekannt. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat jetzt Daten zum möglichen Risiko von Entwicklungsstörungen bei Kindern, deren Väter bei Zeugung mit Valproat behandelt wurden, ausgewertet.
Valproat darf bei Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter nur angewendet werden, wenn andere Therapieoptionen nicht vertragen werden oder nicht wirksam waren. Frauen im gebärfähigen Alter, die mit Valproat behandelt werden, sollen das empfohlene Schwangerschaftsverhütungsprogramm einhalten. Denn: Kinder, die im Mutterleib Valproat ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Entwicklungsstörungen (30 bis 40 Prozent) sowie angeborene Missbildungen (10 Prozent).
Valproinsäure ist seit 1967 auf dem Markt. Der Arzneistoff – und das Salz Valproat – aus der Grupppe der Antiepileptika wird zur Behandlung von generalisierten Anfällen sowie fokalen und sekundär generalisierten Anfällen und zur Kombinationsbehandlung bei anderen Anfallsformen, wenn diese auf die übliche antiepileptische Behandlung nicht ansprechen, eingesetzt. Der krampflösende Wirkstoff zeigt keine strukturelle Ähnlichkeit mit anderen antikonvulsiven Wirkstoffen. Die Wirkung kann auf eine Blockade spannungsabhängiger Natriumkanäle sowie Calciumkanäle zurückgeführt werden. Außerdem wird durch die Einnahme von Valproinsäure die Konzentration der Gamma-Aminobuttersäure (GABA) erhöht, denn der Arzneistoff hemmt die GABA-Transaminase, die den Neurotransmitter abbaut. Valproat wird sowohl bei alleiniger Gabe als auch in Kombination mit anderen Arzneimitteln mit einem dosisabhängigen Risiko für Anomalien bei Neugeborenen assoziiert. Das eingeführte Schwangerschaftsverhütungsprogramm soll das Risiko von Missbildungen und Entwicklungsstörungen bei Neugeborenen, die im Mutterleib Valproat ausgesetzt sind, minimieren.
Die Beobachtungsstudie: neurologische Entwicklungsstörungen bei väterlicher Valproat-Exposition
Ob für die Kinder auch ein mögliches Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen besteht, wenn die Väter bei Zeugung mit Valproat behandelt wurden, zeigt die Auswertung einer retrospektiven Beobachtungsstudie durch den PRAC. Die Studie war verpflichtend für die pharmazeutischen Unternehmen.
Die Beobachtungstudie verglich das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern von Männern, die Valproat einnahmen, mit dem Risiko von Kindern von Männern, die mit Lamotrigin oder Levetiracetam behandelt wurden.
Das Ergebnis
Erste Ergebnisse könnten auf ein erhöhtes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern hinweisen, deren Väter in den drei Monaten vor der Empfängnis mit Valproat behandelt wurden.
Es gibt jedoch Einschränkungen, auf die der PRAC hinweist. Darunter Fragen zur Definition der neurologischen Entwicklungsstörungen sowie zur Epilepsieform der Männer, da der Wirkstoff bei einigen Epilepsieformen, die mit neurologischen Entwicklungsstörungen einhergehen, möglicherweise häufiger verschrieben werde. Zudem wurden Fehler in der norwegischen Datenbank gemeldet.
Der PRAC werde die erforderlichen Daten prüfen, sobald sie verfügbar sind und eine EU-weite Empfehlung aussprechen.
Fest steht: Die Behandlung mit Valproat sollte nicht in Eigenregie abgebrochen werden, denn ein Absetzen kann Epilepsieanfälle auslösen.
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