Neue Sicherheitshinweise: Kein Topiramat für Schwangere – auch nicht bei Epilepsie
Vor rund einem Jahr hat der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) mit einer Sicherheitssignalbewertung für Topiramat bei der Anwendung von Schwangeren begonnen. Konkret ging es um die Frage möglicher neurologischer Entwicklungsstörungen beim Kind. Nun gibt es neue Sicherheitshinweise: Künftig ist Topiramat für Schwangere generell tabu – auch bei Epilepsie.
Topiramat während der Schwangerschaft kann das Risiko von schwerwiegenden Geburtsfehlern – Fehlbildungen – erhöhen. Daher sollen entsprechende Arzneimittel mit dem Wirkstoff derzeit nicht zur Vorbeugung von Migräne oder zur Kontrolle des Körpergewichts während der Schwangerschaft eingesetzt werden. Frauen im gebärfähigen Alter, die damit behandelt werden, sollten zudem eine zuverlässige Verhütungsmethode nutzen. So weit, so bekannt.
Nun hat der PRAC neue Sicherheitshinweise zu Topiramat veröffentlicht, und zwar auch für die Indikation Epilepsie. Das Arzneimittel soll bei Schwangeren keine Anwendung mehr finden. Denn auch das Risiko neurologischer Entwicklungsprobleme könne sich dadurch erhöhen. Ausnahmen gelten nur, wenn es keine andere geeignete Behandlungsoption gibt, um die Anfälle ausreichend zu kontrollieren. In diesem Fall sollte die Notwendigkeit einer Topiramat-Behandlung jedoch mindestens 1-mal jährlich neu bewertet werden.
Topiramat gehört zu den Antiepileptika. Der genaue Wirkmechanismus des Sulfamat-substituierten Monosaccharids ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird zur Behandlung von Epilepsie und zur Prävention von Migräne eingesetzt. In einigen EU-Staaten wird das Arzneimittel auch in Kombination mit Phentermin zur Gewichtsreduktion eingesetzt.
Kein Topiramat für Schwangere: Neuer Warnhinweis auf Verpackungen
Doch damit nicht genug. „Der PRAC empfiehlt außerdem zusätzliche Maßnahmen in Form eines Schwangerschaftspräventionsprogramms, um eine Exposition von Kindern gegenüber Topiramat im Mutterleib zu vermeiden“, heißt es in einer Mitteilung. Dies schließt Folgendes ein:
- Patientinnen im gebärfähigen Alter müssen vom Fachpersonal ausreichend über die Risiken informiert und auf die Notwendigkeit einer zuverlässigen Verhütung hingewiesen werden.
- Die Produktinformationen für Topiramat-haltige Arzneimittel werden aktualisiert und ein Warnhinweis auf der Außenverpackung angebracht, um die Risiken und die zu ergreifenden Maßnahmen noch stärker hervorzuheben.
- Sowohl dem medizinischen Fachpersonal als auch Patient:innen werden Aufklärungsmaterialien über die Risiken der Anwendung von Topiramat während der Schwangerschaft zur Verfügung gestellt und der Patientin wird mit jeder Arzneimittelpackung eine Patientenkarte ausgehändigt.
- Bereits laufende Behandlungen sollten neu bewertet werden, um zu bestätigen, dass die neuen Maßnahmen ergriffen wurden.
Die neuen Empfehlungen der EMA zu Topiramat basieren auf Daten aus mehreren Beobachtungsstudien, die ergaben, dass Kinder von Müttern mit Epilepsie, die im Mutterleib Topiramat ausgesetzt waren, ein zwei- bis dreifach höheres Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen haben können. Außerdem konnte das bereits bekannte Risiko für Geburtsfehler und ein verringertes Wachstum des ungeborenen Kindes unter der Behandlung bestätigt werden.
Übrigens: Auch das Antiepileptikum Valproat sollte bei Schwangeren nicht eingesetzt werden. Hinzukommt, dass eine Exposition bei Vätern ebenfalls das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen beim Kind erhöhen kann, wie Studiendaten zeigen.
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