Der Hype um den GLP1- und GIP-Rezeptor-Agonist Tirzepatid (Mounjaro, Eli Lilly) ist groß. Der Wirkstoff kommt neben der Diabetesbehandlung auch zum Gewichtsmanagement zum Einsatz. Doch wie Forschende nun herausgefunden haben, ist Tirzepatid auch gegen Schlafapnoe wirksam. Kommt damit eine Indikationserweiterung?
Anders als Semaglutid und Co. wirkt Tirzepatid nicht nur selektiv als GLP-1-Rezeptoragonist, sondern fungiert zugleich auch als Analogon des glukoseabhängigen insulinotropen Peptids (GIP). Somit werden GLP1- und GIP-Rezeptoren gleichzeitig aktiviert und die Senkung des Blutzuckerspiegels sowie des Appetits fallen noch effektiver aus.
Bisher ist der Wirkstoff zugelassen zur Behandlung von Typ-2-Diabetes als Zusatz zu Diät und körperlicher Aktivität, wenn Metformin nicht vertragen wird, sowie zum Gewichtsmanagement als Ergänzung zu einer kalorienreduzierten Diät und erhöhter körperlicher Aktivität zur Gewichtskontrolle, einschließlich Gewichtsabnahme und Gewichtserhaltung, bei Erwachsenen mit einem anfänglichen Body-Mass-Index (BMI) von ≥ 30 kg/m2 (Fettleibigkeit) oder ≥ 27 kg/m2 bis < 30 kg/m2 (Übergewicht) bei Vorliegen mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung.
Doch nun könnte eine weitere Indikation folgen. Denn wie Studiendaten zeigen, kann Tirzepatid auch gegen Schlafapnoe wirksam sein. Hersteller Lilly hat bereits eine Zulassungserweiterung beantragt.
Seltener Schlafapnoe unter Tirzepatid
In zwei randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studien konnte Tirzepatid bei Patient:innen, die unter Adipositas und Schlafapnoe litten, den Schlaf verbessern, wie ein internationales Forscherteams herausgefunden hat. Die Ergebnisse wurden kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlicht.
Eine obstruktive Schlafapnoe bezeichnet eine gestörte Atmung während des Schlafens. Konkret kommt es zu kurzen Atemstillständen im Schlaf. Grund dafür sind verengte Atemwege, die die Atmung massiv beeinträchtigen. Eine Adipositas-Erkrankung gilt als Risikofaktor für die Entwicklung einer Schlafapnoe. Die Folgen sind Tagesmüdigkeit sowie ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Schlaganfall und kognitive Störungen.
Untersucht wurden knapp 500 Patient:innen, die mindestens einen BMI von 30 hatten und von Schlafapnoe betroffen waren. Sie erhielten über ein Jahr wöchentlich eine Injektion mit 10 mg oder 15 mg Tirzepatid oder einem Placebo. Während sich das Gewicht in der ersten Studie bei der Tirzepatid-Gruppe um rund 18 Prozent reduzierte – im Vergleich zu rund 2 Prozent unter Placebo –, war der Effekt auf das Auftreten von Schlafapnoe sogar noch größer. So verringerte sich die Zahl der Atemaussetzer um rund 48 Prozent unter dem Wirkstoff. In der zweiten Studie kam es sogar um 56 Prozent seltener zu Schlafapnoe-Vorfällen, wenn Tirzepatid eingenommen wurde. Im Schnitt konnte die Schlafapnoe somit um mehr als 50 Prozent reduziert werden.
„Diese Studie stellt einen bedeutenden Meilenstein in der Behandlung von obstruktiver Schlafapnoe dar und bietet eine vielversprechende neue Therapieoption, die sowohl Atemwegs- als auch Stoffwechselkomplikationen berücksichtigt“, lautet das Fazit der Forschenden. Denn eine medikamentöse Behandlung der Schlafapnoe fehle bisher und Tirzepatid biete eine zugänglichere Alternative für Personen, die bestehende Therapien nicht vertragen oder nicht einhalten können. Nun brauche es weitere, klinische Studien, um die langfristigen Auswirkungen von Tirzepatid zu untersuchen.
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