Hauptberuf PTA, Nebenjob „Igel-Mama“: PTA Iris aus Brühl hat einen ganz besonderen Zweitjob. Sie kümmert sich zu Hause um die Pflege kranker Igel. „Bei uns wohnen eigentlich immer zwei bis vier Igel, die ich neben der Arbeit gesund pflege.“
Das Problem: Die Tiere finden kaum noch Nahrung. Sie ernähren sich eigentlich von Insekten. Können sie davon nicht genügend auftreiben, greifen sie auf Schnecken zurück. Und genau die machen die Tiere krank. Wer unterwegs einen Igel entdeckt, der torkelt, verletzt ist oder zuckt, sollte schnell handeln. „Generell sollte man aber schon stutzig werden, wenn man tagsüber einen Igel sieht, denn die Tiere sind nachtaktiv.“ Möchten Finder:innen den Tieren helfen, sollten sie diese in einer Box oder einem Jutebeutel mit nach Hause nehmen und sich direkt um kompetente Hilfe bemühen.
Viele Tierärzt:innen können Iris zufolge jedoch nur bedingt helfen, da die Wildtiere nicht zu ihrem Fachgebiet gehören. Sie selbst ist jedoch Teil der Facebook-Gruppe „Igel – Notfälle – Beratung und alles Drumherum“, die Hilfestellung zu jeder Tages- und Nachtzeit bietet inklusive Vermittlung von Pflege und Päppelstellen, an die sich Finder:innen wenden können.
Anders als häufig angenommen, sollten Igel keinesfalls mit Milch angelockt werden. „Igel sind hochgradig laktoseintolerant.“ Stattdessen rät sie dazu, die Tiere mit einer Portion schlabberigem Rührei und Wasser zu versorgen.
Wichtig: Zuvor sollte man sich unbedingt vergewissern, ob die Tiere auch stark genug dafür sind. Ein kurzes Fühlen an Bauch und Pfoten gibt Auskunft darüber, ob der Igel warm ist. In diesem Fall ist Futter eine gute Idee. Ist das Tier jedoch ausgekühlt, bedeutet das, dass der Stoffwechsel heruntergefahren wurde. Dann braucht der Igel zuvor Wärme, beispielsweise durch eine improvisierte Wärmflasche in Form einer Flasche mit warmem Wasser.
Kommt ein kranker Igel zu Iris, untersucht sie das Tier zunächst auf Verletzungen und Co. Haben beispielsweise Fliegen auf einem verletzten Tier Eier gelegt, müssen diese schnellstmöglich entfernt werden – zum Beispiel mit einer Mascara-Bürste, Pinzette oder ähnlichem. Außerdem wird eine Kotprobe genommen und zur Analyse an ein Labor geschickt. Dann geht es ans Füttern. Welpen werden mit einem Mix aus Fencheltee, Lactostop und Katzen- oder Hundeaufzuchtmilch versorgt. Kräftigere Tiere bekommen Katzenfutter.
Je nach dem Zustand der Igel erstreckt sich die Pflege über vier bis sechs Wochen. Die PTA steckt pro Tag etwa eine halbe Stunde in das Päppeln. „Intensivatient:innen“ wohnen auch schonmal mehrere Monate bei Iris und brauchen deutlich mehr Pflege. Für die Notfallmedikation kommt Iris selbst auf und hat sich inzwischen ein ordentliches Repertoire zugelegt. Pro Igel fallen Kosten von rund 50 Euro für Futter und Co an.
Die PTA kümmert sich gemeinsam mit ihren beiden Kindern und ihrem Mann um die Igel. Die Familie teilt ihr Haus gerne mit den stacheligen Tierchen, denn diese mögen es am besten warm und ruhig – 20 Grad sind ein Muss. „Das ist manchmal schon sehr geruchsintensiv, denn Igel sind nun einmal Fleischfresser, da kann man sich vorstellen, was dabei für Gerüche entstehen.“ Jedes Tier bekommt seine eigene hohe Plastikbox, die gut gereinigt werden kann und die Igel am Ausbüchsen hindert. „Meine Tochter sagt immer, wir betreiben Naturschutz vor der Haustür.“
Ganz wichtig: Sind die kleinen Tierchen wieder „beinig“, sollten sie in die freie Wildbahn entlassen werden, am besten direkt an der Fundstelle. „Igel sind Wildtiere, die nicht als Haustiere gehalten werde sollten“, mahnt die PTA. Dabei sollte man jedoch nichts überstürzen, sondern die Tiere langsam daran gewöhnen. Jungtiere müssen zudem erst einmal kontrolliert überwintert werden, bevor sie wieder ins Freie können.
Iris wünscht sich vor allem eins: Mehr Aufmerksamkeit für die bedrohten Tiere und im besten Fall noch ein paar helfende Hände, die sie und die anderen Igel-Retter:innen unterstützen. „Jede Hilfe zählt“.
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