Als stark wirksames Analgetikum ist Morphin in der Schmerztherapie inzwischen kaum wegzudenken. Die Entdeckung des Wirkstoffs liegt 220 Jahre zurück und ist ein Meilenstein in der Geschichte der Pharmazie.
Das 18. und 19. Jahrhundert standen ganz im Zeichen der Arzneimittelforschung. Von großem Interesse war vor allem die chemische Zusammensetzung der wirksamen Bestandteile der Arzneipflanzen. Im Jahr 1804 isolierte der Apothekergehilfe Friedrich Wilhelm Sertürner aus Opium den Stoff „Morphium“, heute bekannt als Morphin, bei dem es sich um das Hauptalkaloid des Opiums handelt. Sertürner benannte den entdeckten Stoff nach Morpheus, dem griechischen Gott der Träume.
Forschung und Selbstversuch
Opium galt schon seit der Antike als beliebtes Schlaf- und Schmerzmittel. Gewonnen wurde es durch das Anritzen unreifer Samenkapseln des Schlafmohns. Dabei trat Milchsaft aus, der sich beim Trocknen schwarz verfärbte und als Rohopium bezeichnet wurde. Problematisch war jedoch, dass sich der Opiumgehalt von Pflanze zu Pflanze unterschied und so keine genaue Dosierung möglich war.
Sertürner kochte das Rohopium zunächst aus, neutralisierte es mit Ammoniak und erhielt so einen grauen Rückstand und ein Filtrat. Im Filtrat konnte er eine Säure nachweisen, die er Mohnsäure nannte. Aus dem vorher erhaltenen grauen Niederschlag wusch er das Ammoniak aus und probierte ihn. Im Versuchsprotokoll notierte Sertürner, dass der Rückstand unangenehm schmeckte und ihm Unbehagen verursachte. Eine Lösung des Niederschlags in Essigsäure war möglich, allerdings löste er sich nicht in Wasser. So entstand die Vermutung, dass es sich um einen alkalischen Stoff handeln muss. Nach der Zugabe von Ammoniak fiel das Salz wieder in die unlösliche Basenform aus. Nach weiteren Versuchen war er sich sicher, der gefundene Stoff war der Wirkstoff des Opiums – das Morphium.
Bei mehreren Versuchen an Hunden, von denen einer die Prozedur nicht überlebte, war nach der Gabe von Morphium eine starke Müdigkeit festzustellen. Die Hunde konnten sich kaum auf den Beinen halten und erbrachen mitunter. Zehn Jahre lang fand die Forschungsarbeit keine Beachtung, bis Sertürner schließlich gemeinsam mit drei Freunden einen Selbstversuch startete: Er verabreichte seinen Freunden und sich selbst im Abstand von jeweils dreißig Minuten dreimal etwa ein halbes Gran (etwa 32,4 Milligramm pro Dosis) – dies entspricht dem Dreifachen der heutigen Maximaldosis. Die Wirkung war so stark, dass die Gruppe beinahe an den Folgen starb. Im letzten Moment konnte ein Mittel zum Erbrechen das Leben der vier retten.
Die Entdeckung des Morphins als Wegweiser für die Zukunft
Bei Morphin handelte es sich tatsächlich um den ersten pflanzlichen Wirkstoff, der in seiner reinen Form vorlag. Dadurch ergab sich erstmalig die Möglichkeit, eine exakte Dosierung vorzunehmen, was aus heutiger Sicht die Grundvoraussetzung für die experimentelle Pharmakologie war. Zudem handelt es sich bei Morphin um den ersten Vertreter der Arzneistoffklasse der Alkaloide, die bis dahin gänzlich unbekannt war. Bis heute ist der Wirkstoff Morphin eines der wichtigsten Analgetika. Durch die hohe Wirksamkeit ist er vor allem zum Einsatz bei sehr starken Schmerzen geeignet.
Einen Ceiling-Effekt (Sättigungseffekt) hat Morphin im Gegensatz zu anderen Analgetika nicht. Bei einer Morphinvergiftung kann Naloxon als kompetitiver Antagonist eingesetzt werden, der Morphin von den Opiatrezeptoren verdrängt und somit die Wirkung temporär aufhebt. Beachtet werden muss hierbei allerdings die kurze Halbwertzeit von Naloxon, die mitunter dazu führen kann, dass die Vergiftungssymptome erneut auftreten.
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