Dürfen an einem Feiertag oder bei Krankheit Minusstunden anfallen? Diese Frage stellt sich bei Apothekenmitarbeiter:innen mit Jahresarbeitszeitkonto immer wieder. Dass ein Feiertag nicht zur Minusstunden-Falle werden darf, regelt das Entgeltfortzahlungsgesetz.
Wurde ein Jahresarbeitszeitkonto nach § 4 Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) vereinbart, ermöglicht dieses sowohl Apothekenangestellten als auch Chef:innen mehr Flexibilität. Konkret bedeutet das, dass Mitarbeiter:innen nicht in jeder Woche die vereinbarte Stundenzahl ableisten müssen. Das Gehalt schmälert die flexible Arbeitszeit aber nicht. Denn Arbeitgebende müssen den Lohn jeden Monat in vollem Umfang zahlen – auch wenn sich aufgrund der Flexibiltät Minusstunden angesammelt haben. Frei nach dem Motto „am Ende sind die Enten fett“ sollte das Jahresarbeitszeitkonto am Ende des Jahres bei ± Null stehen.
Ein Beispiel: Bei einer 40-Stundenwoche kann eine flexible wöchentliche Stundenzahl von 29 bis 48 Stunden vereinbart werden. Die tägliche durchschnittliche Stundenzahl beträgt bei einer Sechstagewoche 6,7. Für Teilzeitkräfte sieht der Bundesrahmentarifvertrag einen Arbeitsumfang zwischen 75 und 130 Prozent vor. Wer wann arbeitet, bestimmen Apothekenleiter:innen, denn ihnen obliegt das Direktionsrecht.
Jetzt aber zum Problem. Apothekenangestellte haben eine Sechstagewoche. Arbeitet ein/e Kolleg:in in Vollzeit fünf Tage à acht Stunden und ist am Samstag an der Reihe, fällt in der Regel der freie Tag auf einen Wochentag. Ist dieser ein Feiertag, dürfen laut Entgeltfortzahlungsgestez weder Vor- noch Nachteile entstehen. Sprich: Im Stundenkonto dürfen weder Plus- noch Minusstunden verbucht werden. In der Praxis sieht es allerdings häufig anders aus und der Feiertag kann zur Minusstunden-Falle werden. Apothekenmitarbeiter:innen mit Jahresarbeitszeitkonto bekommen die durchschnittliche Stundenzahl gutgeschrieben. Somit entstehen Vollzeitkräften Minusstunden, wenn der Feiertag ein Arbeitstag wäre und Plusstunden, wenn sie an dem Tag ohnehin frei hätten. Ist das erlaubt? Nein, sagt die Adexa.
„Für Feiertage wird die Zeit gutgeschrieben, die normalerweise an diesem Tag gearbeitet worden wäre. Damit hier für beide Seiten Klarheit besteht, darf ein Jahresarbeitszeitkonto nach dem Tarifvertrag (§ 4 BRTV bzw. § 4 RTV Nordrhein) nur schriftlich vereinbart werden“, heißt es von der Adexa-Rechtsberatung. „Wenn ein Jahresarbeitszeitkonto geführt wird, ist die Musterwoche ausschlaggebend für die Stunden an Feiertagen.“
Weiter heißt es: „Eine Pauschalierung der Wochenarbeitszeit auf durchschnittliche Tagesarbeitszeiten ist bei der Berechnung von Feiertagen sowie Krankheits- und Urlaubstagen unzulässig. Nach § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) haben Beschäftigte für genau die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, einen Anspruch gegen ihren Arbeitgeber. Sie erhalten dann genau das Arbeitsentgelt, das sie ohne den Arbeitsausfall verdient hätten. Bezogen auf die Arbeitszeit bedeutet dies, dass bei einem Feiertag die Arbeitszeit in den Arbeitsplan einzutragen ist, die wegen des Feiertags ausfällt.“ Was aber, wenn Angestellte keinen festen Arbeitsplan haben? Dann gibt es laut Adexa eine Notlösung – für Krankheits- oder Feier- beziehungsweise Urlaubstage wird ein durchschnittlicher Stundensatz je Arbeitstag gebildet. Plus- oder Minusstunden dürfe es trotzdem nicht geben.
„Grundsätzlich gilt: Der/die Arbeitnehmer:in soll durch den Feiertag weder geschädigt noch bereichert werden“, stellt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) klar.
Das bestätigt das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) in § 2 Absatz 1. Denn dort heißt es: „Für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte.“
Gleiches gilt übrigens auch im Krankheitsfall, denn das EntgFG ist das „Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall“.
Somit können Apothekenangestellte an einem Feiertag oder bei Krankheit die Stundenzahl in das Jahresarbeitszeitkonto eintragen, die an diesem Tag auch gearbeitet worden wäre. Wer ohnehin einen freien Tag hätte, trägt dementsprechend auch nichts ein.
Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und kann diese auch nicht ersetzen. Wir sind als Redaktion journalistisch tätig.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
BisoASS: ASS und Bisoprolol als Single Pill
Mit BisoASS bringt Apontis Pharma Acetylsalicylsäure und Bisoprolol als Single Pill auf den Markt. Die Fixkombi kommt in zwei verschiedenen …
Ab 2025: KadeFlora Milchsäurebakterien als Vaginalkapseln
Falsche Hygiene, Stress, Infektionen, Hormonschwankungen oder Arzneimittel: Verschiedene Faktoren können dazu beitragen, die Vaginalflora aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ist …
E-T-Rezept ab Januar?
Arzneimittel mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid dürfen nur auf einem speziellen Formular – dem T-Rezept – verordnet werden. …