Die Infektionszahlen legen immer wieder einen neuen Negativrekord hin und so scheint es immer wahrscheinlicher, dass sich das Virus auch unter den Teamkolleg*innen ausbreiten kann. In den Apotheken sollen Plexiglas, Mundschutz, Abstand und Hygieneregeln sowie das Arbeiten in festen Teams die Infektionsgefahr reduzieren und dazu beitragen, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Was in puncto Arbeitsrecht bei Arbeitszeit, Gefährdungsbeurteilung, Beschäftigungsverbot wegen Corona und Risikogruppen gilt, hat die Apothekengewerkschaft Adexa zusammengefasst.
Für jeden Arbeitsplatz und jedes Teammitglied müsse laut Adexa eine individuelle Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Diese soll die aktuellen Risiken und Vorschriften berücksichtigen. Hier sind die Inhaber*innen oder auch die Filialleitungen in der Pflicht.
Beschäftigungsverbot wegen Corona? Schwanger im HV
Schwangeren und Stillenden kommt ein besonderer Schutz zu, zählen sie doch zu den Risikogruppen in der Apotheke. Weil SARS-CoV-2 gemäß Biostoffverordnung als Biostoff der Risikogruppe 3 eingestuft wird, stellt sich die Frage nach dem Beschäftigungsverbot in Zeiten von Corona einmal mehr. Gemäß § 11 Absatz 2 und § 12 Absatz 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) dürfen Arbeitgeber*innen Schwangere und Stillende weder Tätigkeiten ausüben lassen noch Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie mit Biostoffen der Risikogruppe 2, 3 oder 4 in Kontakt kommen oder kommen können, die für die Frau oder das Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellen.
Apothekenleiter*innen müssen also eine Entscheidung über ein Beschäftigungsverbot wegen Corona für Schwangere und Stillende in ihrer Apotheke treffen. Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, dass eine Beschäftigung der Schwangeren in der Apotheke oder im Homeoffice nicht möglich ist, sollte sich der Apothekeninhaber vor Ausspruch des Beschäftigungsverbotes an die Krankenkasse der werdenden Mutter wenden.
In der Apotheke gibt es aber noch weitere Kolleg*innen, die zur Risikogruppe zählen. Hat die Apothekenleitung davon Kenntnis, muss dies für diese Mitarbeiter*innen in der Gefährdungsbeurteilung beachtet werden. Ziel sollte es sein, die Zahl der Kontakte für die Teamkolleg*innen auf ein Minimum herunterzufahren.
Tipp: „Wer aufgrund von Grunderkrankungen zu einer besonderen Risikogruppe gehört, sollte zusätzlich auch mit seiner Ärztin oder seinem Arzt klären, inwieweit die Arbeit in der Apotheke derzeit weitergeführt werden sollte“, so die Adexa. Außerdem sollten ältere Teammitglieder, deren Risiko für schwere Verläufe erhöht ist, das Gespräch mit der Apothekenleitung suchen, um Möglichkeiten einer Arbeit an einem risikoarmen Arbeitsplatz auszuloten (zum Beispiel Rezeptur oder Labor statt HV), so die Apothekengewerkschaft weiter. „Erst wenn dieses Gespräch zu keinem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis führt, wäre auch hier der Hausarzt der richtige Ansprechpartner.“
Aber Vorsicht: Ein Fortbleiben von der Arbeit ohne ärztliches Attest, weil man das persönliche Risiko als zu hoch einschätzt, sei ein Abmahnungsgrund!
Feste Teams und Schichten
Das Arbeiten in getrennten Teams kann im Worst-Case-Szenario – wenn ein*e Kolleg*in positiv auf SARS-CoV-2 getestet wird – den Betrieb retten. Denn unter Umständen muss nur das eine Team in Quarantäne und das andere Team kann den Apothekenbetrieb aufrechterhalten. Das Zünglein an der Waage ist allerdings die zuständige Behörde.
Minusstunden
Was aber gilt dann für die Arbeitszeiten? Denn wer nur noch halbtags oder an festen Tagen arbeitet, kommt mitunter nicht auf die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit. „Im Rahmen eines tariflichen Jahresarbeitszeitkontos dürfen auch niedrigere Stundenzahlen angeordnet werden (§ 4 BRTV/RTV NR)“, schreibt die Adexa. Bei einer 40-Stunden-Woche sind das mindestens 29 Wochenstunden und höchstens 48 Stunden. Wer in Teilzeit arbeitet, kann zwischen 75 und 130 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit leisten. Fallen Minusstunden an, müssten diese bis zum 31. Dezember 2020 ausgeglichen werden. Gelinge dies nicht, müsse der Ausgleich im ersten Quartal 2021 erfolgen.
„Sind feste Arbeitszeiten ohne ein Arbeitszeitkonto vereinbart, sind keine Minusstunden möglich. Die Apothekenleitung muss die Stunden anbieten und bezahlen. Allerdings darf das Abbummeln von Überstunden angeordnet werden“, so die Adexa.
Positiver Fall im Team: Beschäftigungsverbot bei Corona?
Gebe es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen einen positiven Fall im Team, müsse die Apothekenleitung mit dem Gesundheitsamt umgehend das weitere Vorgehen für die anderen Teammitglieder klären. „Jeder, der mit der positiv getesteten Kollegin im Infektionszeitraum eng zusammengearbeitet hat, sollte sich – zumindest bis zu anders lautenden Anweisungen des Gesundheitsamtes – in häusliche Quarantäne begeben.“ Allen anderen Kolleg*innen rät die Adexa als kurzfristige Maßnahme zu einem Antigen-Schnelltest.
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