Lieferengpässe sind an der Tagesordnung und sind nicht nur in puncto Parientenversorgung eine Herausforderung, sondern auch bei der Rezeptabrechnung. Denn ein Lieferengpass kann eine Retaxfalle sein. Stichwort: Sonder-PZN und Faktor.
Ist ein Arzneimittel nicht lieferbar, muss eine Alternative gefunden und unter Umständen ein Hinweis auf dem Rezept dokumentiert werden. Dabei gibt es verschiedene Stolperfallen, die zu einer Retaxation führen können.
Nichtverfügbarkeit: Laut Definition gilt ein Arzneimittel als nicht lieferbar, wenn es in angemessener Zeit nicht beschafft werden kann.
SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung
Seit April 2020 haben die Apotheken auf Grundlage der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung mehr Spielraum, wenn ein verordnetes Arzneimittel nicht vorrätig oder nicht lieferbar ist. Nach § 1 Absatz 3 der SARS-CoV-2-AMVersVO dürfen Apotheken, wenn das Rabattarzneimittel oder die preisgünstigen Präparate in der Apotheke nicht vorrätig sind, von der Abgaberangfolge abweichen und ein wirkstoffgleiches, vorrätiges Arzneimittel liefern. Auch von der Stärke, Packungsgröße und Packungsanzahl sowie der Wirkstärke darf unter Einhaltung bestimmter Vorgaben abgewichen werden. Macht die Apotheke von der Lockerung Gebrauch, muss sie dies auf dem Rezept kenntlich machen. Dazu ist das Sonderkennzeichen 02567024 plus Faktor 5 oder 6 („Dringender Fall/Akutversorgung“) aufzudrucken.
Werden Teilmengen entnommen, um Patient:innen zu versorgen, kommen zwei Sonder-PZN infrage. Für die Erstabgabe werden die Sonder-PZN 06461127 und der Preis der ganzen Packung aufgedruckt. Bei der weiteren Angabe kommt die Sonder-PZN 06461133 zum Einsatz und es kann ein Preis von 5,80 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer abgerechnet werden. Sind Kund:innen nicht von der Zuzahlung befreit, muss diese in beiden Fällen gezahlt werden.
Retaxfalle Lieferengpass: Die passende Sonder-PZN
Unabhängig von den Vorgaben der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung sind im Falle eines Lieferengpasses die Vorgaben im Rahmenvertrag zu beachten.
Verfügbarkeitsabfrage nicht vergessen
Ist ein Arzneimittel nicht lieferbar, müssen Apotheken dies dokumentieren und auf Verlangen vorweisen können. Konkret geht es um den Nachweis der Nichtverfügbarkeit. Um diese zu belegen, muss die Apotheke laut Rahmenvertrag zwei Defektbelege aus zwei Verfügbarkeitsanfragen vorweisen. Diese müssen entweder von zwei Großhändlern kommen oder bei Apotheken, die nur einen Großhändler haben, durch zwei Verfügbarkeitsanfragen in einem angemessenen Zeitabstand dokumentiert werden. Eine Verfügbarkeitsanfrage beim Hersteller genügt bei Präparaten, die ausschließlich im Direktvertrieb erhältlich sind, sowie bei nicht verfügbaren Rabattarzneimitteln. Bei den Ersatzkassen genügt grundsätzlich ein Defektbeleg. Grundlage ist § 5 AVV: „Die Nichtverfügbarkeit eines Arzneimittels ist durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei einem Großhandel durch die Apotheke nachzuweisen.“
Nichtverfügbarkeitsbelege sind je Rabattarzneimittel und ebenso für jedes Arzneimittel entsprechend der Abgaberangfolge, das ebenfalls nicht lieferbar ist, zu dokumentieren.
Die Sonder-PZN und der passende Faktor
Ist ein Arzneimittel nicht lieferbar, kommt die Sonder-PZN 02567024 zum Einsatz. Nicht zu vergessen ist der passende Faktor.
Faktor 2: Rabattarzneimittel nicht lieferbar
- Abgabe eines preisgünstigsten Parallelarzneimittels oder Imports
- Abgabe eines der vier preisgünstigsten aut-idem-konformen Arzneimitteln
- Abgabe eines Referenz- oder preisgünstigen Importarzneimittels
Faktor 4: Rabattarzneimittel und die vier preisgünstigsten Arzneimittel oder
Rabattarzneimittel und preisgünstige Importe sind nicht lieferbar
- Abgabe eines günstigsten Parallelarzneimittels oder Imports – in beiden Fällen, darf das abgegebene Präparat nicht teurer sein als das verordnete oder preisgünstigste Parallelarzneimittel
- Abgabe des nächstpreisgünstigsten, verfügbaren Arzneimittels
- Abgabe eines Referenz- oder Importarzneimittel – in beiden Fällen, darf das abgegebene Präparat nicht teurer sein als das verordnete
Faktor 3: die vier preisgünstigsten Arzneimittel oder die preisgünstigen Importe sind nicht lieferbar
Faktor 5: dringender Fall/Akutversorgung
- Rabattarzneimittel ist nicht in der Apotheke vorrätig und die Belieferung muss aufgrund eines dringenden Falls sofort erfolgen und kann nicht aufgeschoben werden
Faktor 6: dringender Fall/Akutversorgung
- Rabattarzneimittel und die vier preisgünstigsten Arzneimittel sind nicht in der Apotheke vorrätig und die Belieferung muss aufgrund eines dringenden Falls sofort erfolgen und kann nicht aufgeschoben werden oder
- das Rabattarzneimittel und die preisgünstigen Importe sind nicht in der Apotheke vorrätig und die Belieferung muss aufgrund eines dringenden Falls sofort erfolgen und kann nicht aufgeschoben werden
Retaxschutz
§ 6 Rahmenvertrag regelt den Zahlungs- und Lieferanspruch. Diesen verliert die Apotheke nicht, wenn es sich um einen unbedeutenden, insbesondere formalen Fehler handelt, der die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangiert. Eine Retax ist unter anderem ausgeschlossen, wenn im Falle der Nichtverfügbarkeit, Akutversorgung/Notdienst oder pharmazeutischen Bedenken entweder nur das zugehörige Sonderkennzeichen oder nur ein entsprechender Vermerk auf dem Rezept dokumentiert wurde; fehlt beides, muss ein objektiver Nachweis im Beanstandungsverfahren erbracht werden.
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