Die Liste der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlichten Lieferengpassmeldungen umfasst aktuell rund 470 Positionen. Kein Wunder, dass auch viele Patienten:innen Lieferengpässe zu spüren bekommen – oftmals zulasten der Gesundheit. Denn statt Alternativen zu nutzen, verzichten Betroffene mitunter lieber auf Medikamente.
Lieferengpässe halten nicht nur die Apotheken in Atem, sondern beschäftigen auch die Patient:innen. Das zeigen Umfrageergebnisse, die im Auftrag des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) erhoben wurden. Mehr als vier von zehn Personen haben demnach bei der Versorgung mit Medikamenten schon einmal Erfahrungen mit Lieferengpässen gemacht, 54 Prozent bisher (noch) nicht. Dabei sind Männer deutlich seltener mit Lieferengpässen konfrontiert (34 Prozent) als Frauen (46 Prozent).
In den Apotheken wird oftmals nach Alternativen gesucht, um die Versorgung von Patient:innen nicht zu gefährden. Doch ein Ausweichen auf andere Präparate kommt nicht für jede/n infrage. Während sich zwei Drittel der von Lieferengpässen Betroffenen für eine Alternative entscheidet, verzichtet knapp jede/r Vierte lieber ganz auf die jeweiligen Medikamente. 11 Prozent der Patient:innen lösen die Situation anders. Ist der Engpass überstanden, kauft mehr als jede/r Dritte das entsprechende Arzneimittel im Anschluss auf Vorrat.
Lieferengpässe gefährden Patientengesundheit
Und welchen Einfluss haben Lieferengpässe auf die Patientengesundheit? Auch dies wollte der BPI in Erfahrung bringen. Dabei zeigt sich: Bei mehr als einem Drittel (36 Prozent) hat sich die eigene oder die Gesundheit der Person, für die das Medikament benötigt wurde, aufgrund der Lieferengpässe verschlechtert – davon bei 22 Prozent etwas und bei 14 Prozent deutlich.
Vor allem Jüngere berichten von einer Verschlechterung der Gesundheit. In der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen beträgt der Anteil fast drei Viertel, wohingegen bei einem Großteil der Älteren keine Verschlechterung zu beobachten ist. Kein Wunder, nutzen letztere bei Lieferengpässen meist ein Alternativpräparat, während sich knapp jede/r zweite Jüngere eher für einen Verzicht auf Medikamente entscheidet.
Politik soll handeln
Um Lieferengpässen künftig besser vorzubeugen, wünscht sich die Mehrheit der Befragten mehr Unabhängigkeit von globalen Lieferketten in der Medikamentenversorgung, einen stärkeren Schutz des Pharmastandortes Deutschland durch die Bundesregierung und mehr Anreize für die Ansiedlung von heimischen Produktionsstätten. Preise spielen dabei für die Patient:innen offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Denn auch wenn knapp drei Viertel der Befragten der Meinung sind, die Kosten für Medikamente der Grundversorgung seien zu hoch, stimmen nur rund vier von zehn Personen der Aussage „Ein günstiger Preis von Medikamenten ist mir wichtiger als deren Herkunft“ zu.
„Lieferengpässe bedeuten nicht nur eine Gefahr für die Gesundheitsversorgung, sondern auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland, für Fortschritt, Wohlstand und Arbeitsplätze. Es ist höchste Zeit, dass die Politik handelt und gemeinsam mit der Pharmaindustrie nachhaltige Lösungen entwickelt“, fordert Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des BPI.
Vom 3. bis 6. Mai befragte das Markt- und Sozialforschungsinstitut INSA-Perpetua Demoscopia im Auftrag des BPI bundesweit mehr als 1.000 Personen ab 18 Jahren online.
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