Lieferengpässe kosten die Apotheken sieben Stunden pro Woche
Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind nicht nur hierzulande zu spüren, sondern ein globales Problem. Dass sich die Situation verschlechtert hat, zeigen die Ergebnisse der jährlichen Umfrage der Pharmaceutical Group of the European Union (PGEU). Im Durchschnitt müssen die Apothekenteams sieben Stunde pro Woche für Lieferengpässe aufwenden.
An der Umfrage zum Thema Lieferengpässe nehmen EU-Staaten und Nicht-EU-Staaten teil – im vergangenen Jahr insgesamt 29 Standesorganisationen. Das Ergebnis: Die Lage hat sich 2022 verschlechtert. Engpässe gibt es in allen Ländern und allen Arzneimittelklassen – darunter Herz-Kreislauf-Medikamente, Antiinfektiva zur systemischen Anwendung, antineoplastische und immunmodulierende Mittel, systemische Hormonpräparate, Dermatika sowie Impfstoffe. Die Mehrheit der Länder verzeichnete zum Zeitpunkt der Umfrage mehr als 600 Lieferengpässe.
Lage hat sich verschlechtert
Im Vergleich zu den vorangegangenen zwölf Monaten im Jahr 2022 hat sich die Situation in 22 der 29 befragten Ländern verschlechtert (75,86 Prozent) und blieb in sieben Ländern (24,14 Prozent) gleich. Spanien berichtet von Engpässen bei Arzneimitteln, die nicht substituierbar sind, Inhalatoren für COPD oder Medikamente gegen Verdauungs- und Stoffwechselstörungen. Darüber hinaus kam es zu unerwarteten Lieferunterbrechungen bei Amoxicillin-Suspensionen zum Einnehmen für Kinder, die sich in den letzten Wochen zu offiziellen Lieferproblemen entwickeln.
Hinzukommt, dass 66 Prozent der Länder in den vergangenen zwölf Monaten auch Engpässe bei Medizinprodukten melden.
Aufgrund der gestiegenen Zahl an Atemwegsinfekten in den letzten Wochen verzeichnen die Länder Lieferengpässe bei einigen Antibiotika. Die hohe Nachfrage hat beispielswiese zu Lieferausfällen bei Amoxicillin geführt – vor allem bei Kinderarzneimitteln.
Lieferengpässe: Sieben Stunden pro Woche
Dass Lieferengpässe in den Apotheken für Mehrarbeit sorgen, ist längst keine Phrase mehr. Die Umfrage unter den Kolleg:innen zeigt: Im Durchschnitt wendet eine öffentliche Apotheke in Deutschland knapp sieben Stunden pro Woche für Lieferengpässe auf. Zeit, die für andere Aufgaben fehlt.
2021 waren es pro Woche im Durchschnitt noch 6,3 Stunden, die in der Apotheke für Lieferengpässe aufgebracht werden mussten.
„Öffentliche Apotheker unternehmen zusätzliche Anstrengungen, um die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten und die negativen Auswirkungen von Engpässen auf die Gesundheit der Patienten zu minimieren, aber die Situation wird immer komplizierter“, sagt PGEU-Präsident Koen Straetmans.
Ursachen sind komplex
Die Ursachen für Lieferengpässe sind vielfältig – dazu gehören beispielsweise die zunehmende Globalisierung bei der Arzneimittelherstellung, Preisstrategien und auch die aktuelle Rohstoffkrise. So fehlen unter anderem auch Verpackungsmaterialien wie Aluminium für Blister oder Papier für Kartons.
Politik in der Pflicht
Daher nimmt die PGEU die Politik in die Pflicht und fordert die Entscheidungsträger auf EU- und nationaler Ebene auf, „mutige und ehrgeizige Maßnahmen zu ergreifen, um das Problem wirksam anzugehen.“ So müsse den Apotheken mehr Flexibilität eingeräumt werden, um alternative Lösungen zu finden, wenn ein Arzneimittel knapp ist, damit die Patientenversorgung besser verwaltet werden und Apotheker:innen und PTA ihre Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen voll ausschöpfen können.
Außerdem müsse die Berichterstattung, Überwachung und Kommunikation über Lieferengpässe verbessert werden. Zudem fordert die PGEU die Entwicklung fairer Umverteilungsmechanismen für auf dem europäischen Markt verfügbare Arzneimittel an die Patient:innen, die sie am dringendsten benötigen, unabhängig davon, in welchem EU-Land sie leben.
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