500 Millionen Euro wird der Umsatz im Segment Schmerzmittel in diesem Jahr betragen. Dies geht aus Zahlen von Statista hervor. OTC-Analgetika zählen zu den Topsellern. Wir frischen euer Wissen zu Kopfschmerzmitteln auf.
Mehr als 200 Kopfschmerzarten
Es gibt zwei große Kopfschmerzgruppen – primäre und sekundäre Kopfschmerzen.
Zu den primären Kopfschmerzen gehören Migräne, Spannungs- und Clusterkopfschmerz. Diesen Beschwerden liegt keine andere Erkrankung zu Grunde, sie plagen etwa 90 Prozent der Betroffenen. Liegt dem Kopfschmerz eine andere Erkrankung zugrunde, sind die Beschwerden ein Begleitsymptom und man spricht von sekundären Kopfschmerzen. Beispiele sind Schäden der Halswirbelsäule oder der Zähne sowie Gehirntumore oder Entzündungen im Gehirn.
Ein Spannungskopfschmerz ist beispielsweise von beidseitigen als drückend beschriebenen Schmerzen gekennzeichnet. Pulsierende einseitige Schmerzen, die sich bei körperlicher Betätigung verschlechtern und von einer Aura begleitet werden, lassen auf eine Migräneattacke schließen. Clusterkopfschmerzen sind von einem einseitigen, lebensvernichtenden Schmerz im Augenbereich gekennzeichnet. Die Attacken können zwischen 15 und 180 Minuten andauern und mehrmals täglich auftreten. Oft hängt ein Augenlid herab, die Nase läuft oder ist verstopft, das Auge tränt.
Mittel gegen Kopfschmerzen: Die Qual der Wahl
Der Weg zum passenden Schmerzmittel ist von vielen Fragen gepflastert. Für wen ist das Arzneimittel und seit wann besteht der Schmerz? Ist dieser akut, chronisch oder handelt es sich um einen Dauerkopfschmerz? Wie lange dauern die Beschwerden üblicherweise an? Wie oft und in welchen Abständen treten Symptome auf? Wie äußert sich der Schmerz? Kunden sollen den Schmerz genau beschreiben: An welcher Stelle tritt er auf, einseitig oder beidseitig? Ist dieser stechend, pulsierend oder drückend? Wann tritt eine Verbesserung oder Verschlechterung auf? Welche Begleitsymptome treten auf? Möglich sind Übelkeit, Lichtempfindlichkeit, Fieber, Nackensteifheit, Schwindel oder Lähmungen? Welche anderen Arzneimittel werden eingenommen und welche Erkrankungen liegen vor?
Achtung Nebenwirkung!
Kopfschmerzen können eine unerwünschte Arzneimittelwirkung von beispielsweise Calciumantagonisten, Nitraten, Alpha-2-Agonisten, Antidepressiva, ACE-Hemmer, AT-II-Antagonisten, Antiepileptika, Parkinsonmittel, Psychostimulanzien, Sexualhormonen, Virustatika, Zytostatika oder Immunsuppressiva sein.
Auch Schmerzmittel selbst können Ursache für Kopfschmerzen sein. Ein Dauergebrauch von Schmerzmitteln kann in einem Arzneimittel-induzierten Kopfschmerz enden. Dies kann der Fall sein, wenn Betroffene mehr als zehn Tage pro Monat über einen Zeitraum von drei Monaten Schmerztabletten einnehmen.
Kopfschmerzen: Dann sollte man zum Arzt
Patienten mit Clusterkopfschmerzen, Nackensteifheit, anhaltender Übelkeit oder Erbrechen sowie einem Dauerkopfschmerz sollten an den Arzt verwiesen werden. Wer häufig unter Kopfschmerzen leidet, sollte den Beschwerden und dessen Ursache auf den Grund gehen. Empfohlen wird das Führen eines Kopfschmerztagebuchs, indem Symptome, Begleiterscheinungen, Intensität, Dauer und Medikation notiert und dem Arzt vorlegt werden können. Auf jeden Fall zum Arzt sollten Kunden, die im Alter von mehr als 40 Jahren zum ersten Mal unter Kopfschmerzen leiden, Lähmungserscheinungen, Fieber oder Schwindel begleitend auftreten oder es zu einem Gedächtnis- oder Orientierungsverlust kommt. Die Grenze der Selbstmedikation ist ebenfalls erreicht, wenn der Verdacht auf eine echte Grippe oder einen arzneimittelinduzierten Kopfschmerz besteht. Auch Dialysepatienten sollten besser einen Mediziner aufsuchen.
Wirkstoffe gegen Kopfschmerzen
Wer hin und wieder unter Kopfschmerzen leidet, kann zu verschiedenen Präparaten greifen. Zur Wahl stehen in der Selbstmedikation beispielsweise Mono- oder Kombinationspräparate. Verwendete Wirkstoffe können Paracetamol, Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Phenazon oder Triptane sein.
Paracetamol
- Indikation: leichte bis mäßige Schmerzen und Fieber
- Wirkmechanismus: Starke Hemmung der cerebralen, schwache Hemmung der peripheren Prostaglandinsynthese, Beeinflussung des hypothalamischen Temperaturregulationszentrums
- Dosierung: Erwachsene nehmen als maximale Einzeldosis 1000 mg ein, am Tag sollte die Einnahme 4000 mg nicht überschreiten. Bei Kindern wird nach Gewicht dosiert. Die Einzeldosis sollte bei 10 bis 15 mg/kg Körpergewicht liegen, am Tag sollten 60 mg/kg Körpergewicht nicht überschritten werden.
Vorsicht! Bei Patienten mit Leber- und Nierenfunktionsstörungen
- Kombinationspräparate: Im Rahmen der Selbstmedikation ist auch die Kombination mit Acetylsalicylsäure (ASS) und Coffein erhältlich.
Acetylsalicylsäure (ASS) / Aspirin
- Indikation: leichte bis mäßig starke Schmerzen
- Wirkmechanismus: nicht-selektive Hemmung der Cyclooxygenasen COX-1 und COX-2
- Dosierung: Für Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren beträgt die Einzeldosis 250 bis 500 mg, im Abstand von vier bis acht Stunden. Maximal dreimal täglich kann eine Gabe erfolgen. Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene nehmen 500 bis 1000 mg als Einzeldosis, im Abstand von vier bis acht Stunden und maximal dreimal täglich.
Vorsicht! ASS hat außerdem eine hemmende Wirkung auf die Blutgerinnung, deshalb ist besondere Vorsicht bei Patienten geboten, die Antikoagulantien wie Phenprocoumon einnehmen. Hier liegt eine Kontraindikation vor. Patienten sollten auf Paracetamol ausweichen und dabei die zulässige Tageshöchstdosis von 2000 mg nicht überschreiten.
Ibuprofen
- Indikation: leichte bis mäßig starke Schmerzen
- Wirkmechanismus: nicht-selektive Hemmung der Cyclooxygenasen COX-1 und COX-2
- Dosierung: Ibuprofen wird in Abhängigkeit von Körpergewicht beziehungsweise Alter dosiert, in der Regel mit 7 bis 10 mg/kg als Einzeldosis, bis maximal 20 bis 30 mg/kg als Tagesgesamtdosis. Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren und Erwachsene nehmen als Einzeldosis 200 bis 400 mg, die Tageshöchstdosis liegt bei 1200 mg Ibuprofen
- Kombination: Ibuprofen ist in Kombination mit Coffein erhältlich
Vorsicht! ASS 100: Nehmen Patienten ASS zur Blutverdünnung ein und wollen in der Selbstmedikation ein Ibuprofen-Präparat anwenden, muss ein zeitlicher Einnahmeabstand eingehalten werden. Das niedrigdosierte ASS sollte eine halbe Stunde vor oder acht Stunden nach der Ibuprofengabe eingenommen werden. Der Grund: Beide NSAR hemmen die Cyclooxygenase-1 (COX-1). Wird Ibuprofen zeitlich vor ASS eingenommen, besetzt es die Rezeptoren, an die auch der blutverdünnende Wirkstoff andocken würde. In der Folge bleibt die Hemmung der Thrombozytenaggregation aus oder kann vermindert sein.
Anders sieht bei der Kombination von niedrig dosiertem ASS zur Blutgerinnungshemmung und ASS in der höheren Dosierung gegen Schmerzen aus. Hier ist eine Kombination möglich, denn „das niedrig dosierte ASS hemmt die Thrombozytenaggregation bereits zu fast 100 Prozent, sodass eine zusätzliche Einnahme des Wirkstoffs zur Behandlung von Schmerzen keine Gefahr einer zu starken Gerinnungshemmung birgt“, so Bayer.
Achtung, Asthma und Blutdrucksenker!
Verlangen Kunden nach Ibuprofen oder ASS, ist bei Asthmatikern und Patienten, die mit Blutdruck senkenden Präparaten behandelt werden, ebenfalls Vorsicht geboten. Denn Ibuprofen kann die Wirkung des Blutdrucksenkers herabsetzen. Kann alternativ auf kein anderes Schmerzmittel ausgewichen werden, muss in Rücksprache mit dem Arzt bei längerem Gebrauch das Blutdruckmittel in seiner Dosierung angepasst werden.
Phenazon
- Indikation: leichte bis mäßig starke Schmerzen, akute Behandlung von Kopfschmerzen bei Migräneanfällen mit und ohne Aura
- Wirkmechanismus: Hemmung der Prostaglandinsynthese (PGE1 und PGE2), Cyclooxygenase und Thrombozytenaggregation
- Dosierung: Erwachsene und Jugendliche über 15 Jahre nehmen 500 bis 1000 mg als Einzeldosis, die Tageshöchstdosis liegt bei 4000 mg. Kinder und Jugendliche vom siebten bis 15. Lebensjahr nehmen 250 mg als Einzeldosis und maximal 1250 mg pro Tag.
Naratriptan
- Indikation: akute Behandlung der Kopfschmerzphasen von Migräneanfällen mit und ohne Aura
- Wirkmechanismus: wahrscheinlich Verminderung der arteriellen Durchblutung in den Karotis-Gefäßen, Hemmung der Aktivität des Trigeminus-Nervs
- Dosierung: Erwachsene im Alter von 18 bis 65 Jahren nehmen 2,5 mg Naratriptan als Einzeldosis ein. Spricht der Patient auf die erste Gabe an, die Symptome kehren jedoch zurück, kann eine zweite Filmtablette eingenommen werden, vorausgesetzt es sind mindestens vier Stunden seit der Einnahme der ersten Filmtablette vergangen. Pro Tag können maximal 5 mg Naratriptan verabreicht werden
Almotriptan
- Indikation: akute Behandlung der Kopfschmerzphasen von Migräneanfällen mit und ohne Aura
- Wirkmechanismus: Vasokonstriktion bestimmter Hirngefäße, Interaktion mit dem trigeminovaskulären System
- Dosierung: Erwachsene im Alter von 18 bis 65 Jahren nehmen 12,5 mg Almotriptan als Einzeldosis ein. Spricht der Patient auf die erste Gabe an, die Symptome kehren jedoch zurück, kann eine zweite Filmtablette eingenommen werden, vorausgesetzt es sind mindestens vier Stunden seit der Einnahme der ersten Filmtablette vergangen. Pro Tag können maximal 25 mg Almotriptan verabreicht werden
Merke: Triptane sind nicht für Personen, die älter als 65 Jahre sind, geeignet. Patienten mit Bluthochdruck, Durchblutungsstörungen oder koronarer Herzkrankheit dürfen die Medikamente, wenn überhaupt, nur in Rücksprache mit dem Arzt anwenden. Triptane sollten nur abgegeben werden, wenn der Patient vom Arzt eine Migräne diagnostiziert bekommen hat. Bei einem „normalen Kopfschmerz“ ist die Stoffgruppe wirkungslos.
Alternative Mittel gegen Kopfschmerzen
Kopfschmerzgeplagte sollten auf eine ausreichende Trinkmenge achten, empfohlen sind 1,5 Liter pro Tag. Als alternatives homöopathisches Präparat kommt Gelsemium in Frage. Auch Minzöl, das auf die Schläfen aufgetragen wird, kann Linderung verschaffen.
Merke: Kunden sollte im Rahmen der Selbstmedikation Schmerzmittel nur maximal an drei aufeinander folgenden Tagen und nicht häufiger als zehn Tage pro Monat einnehmen.
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