Eine Harn- und/oder Stuhlinkontinenz kann jede/n treffen. Allein in Deutschland gibt es laut der Deutschen Kontinenz Gesellschaft über neun Millionen betroffene Personen. Die Dunkelziffer ist vermutlich weitaus höher, weil einige Patient:innen ihre Erkrankung als „Tabuthema“ sehen und nicht darüber sprechen möchten. Auch in der Apotheke spielt Inkontinenz als Beratungsthema eine Rolle.
Als Inkontinenz wird der unwillkürliche Abgang von Urin oder Stuhl bezeichnet, den die Betroffenen nicht verhindern können. Allerdings ist nicht jede Inkontinenz gleich – es gibt verschiedene Formen, die auch unterschiedliche Behandlungsansätze erfordern. Bei der Harninkontinenz gibt es unter anderem die Belastungs-, Drang- und Überlaufinkontinenz.
Die Stuhlinkontinenz unterscheidet sich nach der Ursache, die ihr zugrunde liegt. So können muskuläre Störungen, Schädigungen des Beckenbodens, Durchfallerkrankungen, neurologische Störungen oder Probleme der Darmbewegung ursächlich für eine Stuhlinkontinenz sein.
Die Behandlungsmöglichkeiten richten sich nach der Form der Inkontinenz
Die Belastungsinkontinenz zeichnet sich durch das Verlieren geringer Urinmengen beim Niesen, Husten, Lachen oder Heben aus. Dabei bestand zuvor kein Harndrang und die Blase ist nicht übermäßig gefüllt. Am weitesten verbreitet ist diese Form der Inkontinenz bei Frauen, die durch Schwangerschaft und Geburt eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur haben oder sich in den Wechseljahren befinden. Die Belastungsinkontinenz ist bei Männern zwar seltener, kann aber auch nach einer Operation an der Prostata auftreten. Eine Besserung wird häufig bereits durch ein gezieltes und konsequentes Beckenbodentraining erreicht. Auch der Einsatz von Pessaren oder die operative Wiederherstellung der Funktionen des Beckenbodens und der Harnröhre sind möglich.
Bei der Dranginkontinenz wird ein plötzlicher starker Harndrang bemerkt, der das Zurückhalten des Urins unmöglich macht. Mögliche Ursachen für den schwallartigen Abgang des Harns können ein instabiler Blasenmuskel, eine Blasenentzündung oder Tumore sein. Eine Diagnose durch einen Arzt/eine Ärztin ist hier unumgänglich, um schwere Erkrankungen auszuschließen. Nach Abklärung kann die Dranginkontinenz medikamentös behandelt werden. Dafür steht die Wirkstoffgruppe der Muskarinrezeptor-Antagonisten zur Verfügung, zu denen unter anderem Solifenacin, Oxybutynin oder Darifenacin gehören. Sollte allerdings eine Blasenentzündung ursächlich für die Inkontinenz sein, wird diese spezifisch behandelt.
Als Überlaufinkontinenz wird das unkontrollierte Überlaufen der Blase bezeichnet. Dabei können eine blockierte Harnröhre, eine schwache Blasenmuskulatur, Nervenschädigungen, Harnsteine oder Tumore als mögliche Auslöser genannt werden. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, da in den meisten Fällen eine benigne Prostatahyperplasie, also eine gutartige Prostatavergrößerung, zugrunde liegt. Die Behandlung kann erst festgelegt werden, wenn der genaue Grund für den ungewollten Harnverlust gefunden ist.
Falls Betroffene unter einer Stuhlinkontinenz leiden, ist es ratsam, die genaue Ursache durch einen Arzt/eine Ärztin feststellen zu lassen. Im Anschluss daran kann eine Therapie durchgeführt werden, die entweder gezieltes Training, eine operative Behandlung oder die Einstellung auf Arzneimittel beinhaltet.
Sensible Beratung in der Apotheke für Behandlungserfolg entscheidend
Häufig schämen sich von Inkontinenz betroffene Patient:innen für ihre Erkrankung. Je nach Möglichkeit sollte die Inkontinenzberatung daher entweder an einem separaten und ruhigen Kassenplatz oder im Beratungsraum durchgeführt werden. Eine diskrete und fachlich fundierte Kommunikation ist hier ebenso wichtig, wie das eigene professionelle Verhalten. Auf keinen Fall sollten Patient:innen das Gefühl haben, dass sie nicht ernst genommen werden oder ihre Situation als lächerlich wahrgenommen wird..
Das Abklären der genauen Umstände der Inkontinenz ist für die Betroffenen zwar unangenehm, trägt aber maßgeblich zur zielführenden Beratung bei. Der bestmögliche Weg ist das Stellen von offenen Fragen, die den Patient:innen ermöglichen, ihre Symptome zu schildern. Zeitdruck oder Hektik sind hier fehl am Platz. Das Ziel der Beratung sollte sein, dass die Patient:innen sich in ärztliche Behandlung begeben, um den Grund der Inkontinenz festzustellen. Signalisiere deinem/deiner Gegenüber, dass er/sie mit dem eventuell ausgestellten Rezept wieder zu dir in die Apotheke kommen kann. Dies schafft nicht nur ein positives Ende der Beratung, sondern stärkt auch die Kundenbindung.
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