Diphterie tritt hierzulande nur noch selten auf – nicht zuletzt, weil Impfstoffe zum Schutz vor der Infektionskrankheit zur Verfügung stehen. Dass die Krankheit jedoch nach wie vor nicht ausgerottet ist und einen schweren Verlauf haben kann, zeigen zwei aktuelle Fälle aus Berlin. Wir frischen dein Wissen zu Anzeichen, Infektion und Behandlung auf.
37 Fälle von Diphterie wurden beim Robert-Koch-Institut (RKI) in diesem Jahr bisher gemeldet – im gesamten letzten Jahr waren es 104, wie aus dem Epidemiologischen Bulletin (41/2024) hervorgeht. Um schwere Krankheitsverläufe bis hin zu Todesfällen zu verhindern, empfiehlt die Ständige Impfkommission die Immunisierung gegen Diphterie bereits seit 50 Jahren als Standardimpfung für Säuglinge und Kinder. Die Grundimmunisierung soll dabei im Alter von zwei, vier sowie zwischen elf und 14 Monaten erfolgen, und zwar mit einem Kombinationsimpfstoff, der auch gegen Tetanus, Pertussis, Haemophilus influenza Typ b, Poliomyelitis und Hepatitis B schützt. Im Alter zwischen fünf und sechs Jahren sowie zwischen neun und 17 Jahren soll jeweils eine Auffrischimpfung erfolgen.
Erwachsenen wird zudem alle zehn Jahre zu einer Auffrischimpfung geraten. Vor allem bei Letzteren ist der Impfschutz jedoch oftmals lückenhaft beziehungsweise nur bei rund jedem/jeder Zweiten aktuell. Ohne Impfung kann die Krankheit zu schweren Verläufen führen.
So kommt es zur Infektion
Auslöser sind die Bakterien Corynebacterium diphtheriae, Corynebacterium ulcerans und Corynebacterium pseudotuberculosis. Diese grampositiven Stäbchenbakterien bilden das sogenannte Diphtherie-Toxin, das die Krankheitssymptome auslöst. Genau führt das Toxin zu einem Absterben der infizierten Zellen.
Je nach Erreger kann die Übertragung auf unterschiedlichen Wegen erfolgen. Während Corynebacterium diphtheriae ausschließlich bei Menschen vorkommt und oftmals bei Auslandsaufenthalten oder durch Kontakt mit Personen aus Endemiegebieten per Tröpfcheninfektion erworben wird, kommen Corynebacterium ulcerans und Corynebacterium pseudotuberculosis meist bei Haus- und Nutzieren vor und können durch Tier-zu-Mensch-Kontakt sowie den Verzehr von unpasteurisierten Milchprodukten übertragen werden.
Die Inkubationszeit liegt in der Regel bei zwei bis fünf Tagen. Aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr, die meist für zwei bis vier Wochen besteht, gilt die Erkrankung als meldepflichtig.
Diphterie: Das sind die Anzeichen
Kommt es zu einer Infektion, gehören bei respiratorischer Diphtherie neben Halsschmerzen, Fieber und Schluckbeschwerden innerhalb von zwei bis drei Tagen auch weiß-gräuliche, fest anhaftende und sich ausbreitende Beläge in Rachenraum und Hals zu den ersten Anzeichen. Später entwickeln sich Heiserkeit und geschwollene Halslymphknoten. Breiten sich die Diphtherie-Toxin über das Blut aus, kann die Erkrankung zudem toxisch werden und neben den lokalen Beschwerden zu schweren systemischen Symptomen wie Herzmuskel- oder Nervenentzündungen führen. Bei Kindern kann sich zudem eine Kehlkopfdiphtherie entwickeln, die unter Umständen zum Erstickungstod führt.
Diphterie kann jedoch auch auf der Haut auftreten und sich in Form von schmierig-belegten Hautstellen oder Wunden zeigen. Außerdem sind Infektionen der Nase mit blutigem Nasenausfluss und in seltenen Fällen der Genitalien oder der Bindehaut möglich.
Betroffene Patient:innen sollten sich isolieren und entsprechende Maßnahmen zum Schutz vor Tröpfcheninfektionen treffen – Stichwort Maske.
Behandlung mit Antitoxin und Antibiotika
Behandelt wird eine respiratorische Diphtherie mit Antitoxin und Antibiotika. Die Therapie sollte dabei bereits beim begründeten Verdacht auf eine Erkrankung begonnen werden, da Diphterie-Toxine nicht mehr neutralisiert werden können, wenn sie bereits in die Zellen eingedrungen sind.
Übrigens: Bei Diphterie-Antitoxin handelt es sich um Immunglobuline von Pferden, die über die Notfalldepots für Arzneimittel erhältlich sind und nur unter ärztlicher Überwachung im Krankenhaus verabreicht werden sollten.
Als Antibiotika kommen Penicillin und Erythromycin zum Einsatz, bei Unverträglichkeiten auch andere Makrolide wie Azithromycin oder Clarithromycin. Die Behandlung erfolgt über 14 Tage. Enge Kontaktpersonen von Erkrankten sollen zudem eine antibiotische postexpositionelle Prophylaxe erhalten.
Eine überstandene Infektion bietet keinen Immunschutz vor erneuten Erkrankungen, weshalb nach der Genesung eine Grundimmunisierung oder Auffrischimpfung verabreicht werden sollte.
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