Biotin ist als Schönheitsvitamin für Haut, Haare und Nägel bekannt. Aber Vorsicht: Vitamin H kann Labortests verfälschen und zu falsch positiven oder auch falsch negativen Testergebnissen führen.
Biotin oder auch Vitamin H oder Vitamin B7 ist ein wasserlösliches, schwefelhaltiges Vitamin, das zur B-Gruppe gehört. Biotin ist Coenzym und unter anderem am Energie-, Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel (Glukosebildung) beteiligt. Außerdem spielt die Verbindung beim Auf- und Abbau bestimmter Fettsäuren und einiger Aminosäuren (Leucin, Isoleucin, Valin, Methionin und Threonin) eine Rolle.
Wie viel Biotin braucht der Mensch? Der Referenzwert für Biotin für Jugendliche und Erwachsene liegt laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei 40 µg täglich. Während Schwangere keinen erhöhten Bedarf haben, werden Stillenden 45 µg Biotin pro Tag empfohlen. „Ein ernährungsbedingter Biotinmangel ist selten“, so die Expert:innen der DGE. Gute Biotinlieferanten sind Leber und Niere, Nüsse und Sonnenblumenkerne sowie (gekochte) Eier, Sojabohnen, Haferflocken und Pilze, aber auch Milch und Milchprodukte.
Fun fact: Biotin wird auch von den Darmbakterien gebildet, aber nur in sehr geringen Mengen.
Allerdings können hoher Alkoholkonsum, Rauchen sowie die Einnahme von Antikonvulsiva den Biotinspiegel beeinflussen, und zwar in beide Richtungen: die Biotinaufnahme erhöhen oder den Biotinabbau befeuern. Ein Biotinmangel zeigt sich unter anderem in Wachstumsverzögerung, Hautveränderungen, Haarausfall oder auch neurologischen Störungen.
Biotin und Haut, Haar, Fingernägel: Mythos oder Wirklichkeit
Kann Vitamin H zu schöneren Haaren und festeren Fingernägeln verhelfen? Die DGE liefert die Antwort. So ist Biotin ein zentrales Coenzym im Stoffwechsel und „hat damit vielfältige Wirkungen unter anderem auch auf die Neubildung von Haarwurzeln und Nagelbett. Daher ist eine ausreichende Versorgung mit Biotin über die Ernährung auch für Fingernägel und Haare wichtig.“ Allerdings weisen die Expert:innen darauf hin, dass eine über den Schätzwert hinausgehende Einnahme von Vitamin H als Nahrungsergänzungsmittel die Struktur und Beschaffenheit von Fingernägeln und Haaren nicht verbessern könne.
Werden Nahrungsergänzungsmittel mit dem Schönheitsvitamin eingenommen und steht eine Laboruntersuchung an, sollte der/die Ärzt:in über die Substitution informiert werden. Denn Biotin kann die Laborwerte verfälschen. Betroffen sind vor allem Untersuchungen der Schilddrüsenhormone, Sexualhormone und Herz-Kreislauf-Marker wie Troponin, der bei Herzinfarkten entscheidend ist. Ursache ist eine Wechselwirkung zwischen Biotin und Streptavidin. Das synthetisierte Protein kommt bei biotechnologischen Verfahren zum Einsatz. Streptavidin besitzt eine hohe Bindungsaffinität zu Vitamin H. So kann jede der vier Streptavidin-Untereinheiten ein Biotin-Molekül fest an sich binden. In Abhängigkeit von der Untersuchungsmethode sind falsch erniedrigte oder falsch erhöhte Untersuchungsergebnisse möglich. So können beispielsweise Ergebnisse von Schilddrüsenuntersuchungen, die scheinbar auf Morbus Basedow hinweisen, bei asymptomatischen Patient:innen, die Biotin einnehmen, auftreten. Möglich sind aber auch falsch negative Troponintestergebnisse bei Patient:innen mit Herzinfarkt, die das B-Vitamin substituieren.
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