Indapamid und Torasemid: Elektrolytentgleisung und Nierenversagen
Leiden Patient:innen unter Bluthochdruck, kommen verschiedene Wirkstoffgruppen zur Behandlung ins Spiel, darunter ACE-Hemmer, Betablocker, Diuretika und Co. – mitunter auch in Kombination. Doch bei der gleichzeitigen Anwendung ist Vorsicht geboten. Stichwort Wechselwirkungen. Das gilt beispielsweise für Indapamid und Torasemid.
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) informiert über einen Fall, bei dem die Kombi aus Indapamid und Torasemid zu einer Elektrolytentgleisung und Nierenversagen geführt hat. „Eine sequenzielle Nephronblockade aus Schleifendiuretikum und Thiazid ist mit einem erhöhten Risiko für Hypovolämie, Hypotonie und Elektrolytentgleisungen verbunden“, warnen die Expert:innen. Patient:innen sollten entsprechend aufgeklärt und engmaschig überwacht werden.
Der Fall
Was war passiert? Ein älterer Patient (84 Jahre) wurde ins Krankenhaus eingewiesen, nachdem er aus zunächst unbekannter Ursache im Bad gestürzt war. Aufgrund einer vorliegenden Hypertonie wurde der Mann mit einer Kombinationstherapie aus Indapamid (1x täglich 1,25 mg), Bisoprolol (1x täglich 5 mg), Perindopril (1x täglich 5 mg) und Amlodipin (1x täglich 5 mg) behandelt. Neu hinzu kam seit Kurzem die Einnahme von Torasemid (1x täglich 20 mg).
Und genau darin lag offenbar das Problem. Denn wie im Krankenhaus festgestellt wurde, litt der Patient unter einer akuten Elektrolytentgleisung aus Hyponatriämie (129 mmol/l), Hypokaliämie (2,98 mmol/l) und einem Kreatininanstieg (147 μmol/l) sowie unter stark hypotonen Blutdruckwerten. Seit einigen Tagen klagte er zudem über Durchfall und aß und trank nicht ausreichend. Nachdem alle Wirkstoffe bis auf Bisoprolol abgesetzt wurden, normalisierten sich seine Elektrolytwerte unter zusätzlicher Gabe von Kalium und Flüssigkeit wieder.
Die Wirkstoffe im Check:
- Indapamid ist ein Thiazid-ähnliches Diuretikum mit harntreibender Wirkung, die sich am distalen Tubulus des Nephrons der Niere entfaltet. Der Wirkstoff blockiert den Natriumchlorid-Cotransporter, wodurch die Natriumrückresorption gehemmt wird. Indapamid kann entweder allein oder in Kombination mit Perindopril zur Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt werden.
- Perindopril zählt zu den ACE-Hemmern und blockiert folglich das Angiotensin converting enzyme, das Angiotensin I zu Angiotensin II umwandelt. In der Folge kommt es zu einer antihypertensiven Wirkung.
- Amlodipin ist ein Calciumkanalblocker und verhindert so den Calciumeinstrom in die Herzmuskelzellen und die glatten Gefäßmuskelzellen. Der Wirkstoff hat blutdrucksenkende und gefäßerweiternde Effekte.
- Bisoprolol gehört zu den Betablockern und hemmt die Bindung von Adrenalin und Noradrenalin an ihre Rezeptoren durch das Besetzen von Beta-1-Adrenorezeptoren. Der Wirkstoff besitzt am Herzen negativ inotrope und chronotrope Eigenschaften – er führt zu einer Verminderung des Herzzeitvolumens und zu einer Blutdrucksenkung.
- Torasemid ist ein Schleifendiuretikum (Saluretikum) und kann zur Behandlung und Prävention kardialer Ödeme, die Ursache einer Herzinsuffizienz sind, eingesetzt werden. Wassereinlagerungen werden ausgeschwemmt. Der Arzneistoff hemmt die renale Natrium- und Chloridrückresorption im aufsteigenden Ast der Henleschen Schleife. Die Ausscheidung von Wasser, Natrium, Kalium, Chlorid und Bicarbonat werden gefördert.
Indapamid: Zusatz von Torasemid erhöht Risiko für Elektrolytentgleisung
Wie die Expert:innen der AkdÄ informieren, erscheint ein kausaler Zusammenhang zwischen der sequenziellen Nephronblockade mittels Torasemid und den beschriebenen unerwünschten Ereignissen wahrscheinlich. Demnach war der Patient durch seine generell geringe Flüssigkeitszufuhr bereits unter der Gabe von Indapamid „besonders gefährdet für eine Hypovolämie, hypotone Dysregulation und Elektrolytentgleisung“, so die Expert:innen. So werde beispielsweise in der Fachinformation zu Indapamid-haltigen Arzneimitteln explizit auf das Risiko eines plötzlichen Blutdruckabfalls bei einer Hyponatriämie hingewiesen und empfohlen, „systematisch nach klinischen Anzeichen eines gestörten Wasser– und Elektrolyt-Haushalts zu suchen, die bei Episoden von interkurrentem Durchfall oder Erbrechen auftreten können.“
Durch den Zusatz von Torasemid wurde das Indapamid-bedingte Risiko weiter verstärkt. „Zudem führt Torasemid zur Wirkungsverstärkung antihypertensiver Arzneimittel, insbesondere von ACE-Hemmern. Bei einer multifaktoriellen Genese ist die zusätzliche Gabe von Torasemid als unmittelbarer Auslöser der gemeldeten Symptomatik anzunehmen.“
Unter der Behandlung sollten der Volumen- und Elektrolythaushalt sowie das Gewicht engmaschig kontrolliert werden. Zudem sollten Patient:innen und deren Angehörige über die Risiken informiert und darauf hingewiesen werden, Arztrücksprache zu halten, wenn es zu einer verminderten Trinkmenge und/oder erhöhtem Flüssigkeitsverlust durch Erbrechen oder Durchfall kommt, um die Therapie bei Bedarf anpassen zu können.
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