Seit Ende März empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung mit Vaxzevria für Personen ab 60 Jahren. Doch auch Jüngere können auf eigenes Risiko und nach sorgfältiger Aufklärung durch den/die Ärzt:in eine AstraZeneca-Impfung wahrnehmen. Aber was gilt in Sachen Haftung, wenn im Anschluss Impfschäden auftreten?
Der Wirbel um den Corona-Impfstoff von AstraZeneca hält weiter an. Weil viele bereits ausgelieferte Dosen infolge des Auftretens von seltenen Sinusvenenthrombosen im Zusammenhang mit dem Impfstoff aktuell unverimpft bleiben, haben zahlreiche Bundesländer die Impfpriorisierung für die Vakzine aufgehoben, sodass sich jede/r Impfwillige ab 18 Jahren immunisieren lassen kann, unabhängig von Vorerkrankungen oder dem Alter. Die Immunisierung mit der Vakzine wird laut STIKO-Empfehlung zwar nur noch für Menschen über 60 Jahren empfohlen, ist jedoch auch für Jüngere nach ärztlichem Ermessen, individueller Risikoakzeptanz und mit sorgfältiger Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen möglich. Bei vielen Impfwilligen kommt jedoch die Frage auf, was im Falle von Impfschäden zu tun ist und was für die Haftung nach einer AstraZeneca-Impfung auf eigenes Risiko gilt. Wir liefern die Antwort.
AstraZeneca-Impfung auf eigenes Risiko: Haftung durch Bundesländer?
So viel vorweg: Sowohl Patient:innen als auch Impfende sind bei möglichen Impfschäden nach einer AstraZeneca-Impfung auf eigenes Risiko rechtlich abgesichert. Darüber informiert die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) in einem aktuellen Merkblatt (Stand 21. April). Vielmehr ist das jeweilige Bundesland in der Pflicht. „Der Impfschaden muss durch den Patienten gegenüber dem Land geltend gemacht werden“, so die KVNO.
Letzteres müsse laut Infektionsschutzgesetz (§ 60 Absatz 1) unter anderem für Versorgungsmaßnahmen nach dem Bundesversorgungsgesetz – beispielsweise Behandlungskosten – aufkommen. Das gilt, wenn die entsprechende Landesgesundheitsbehörde der Empfehlung der STIKO gefolgt ist und somit die Impfung auch für Jüngere unter gewissen Voraussetzungen öffentlich empfohlen hat, heißt es von der KVNO und vom Bundesgesundheitsministerium.
Da die AstraZeneca-Impfung für Personen unter 60 Jahren jedoch von der STIKO nicht offiziell empfohlen wird, gibt es laut KVNO aktuell für Betroffene keine Haftung durch den Staat. Dies könnte sich jedoch bald ändern. „Das Bundesministerium für Gesundheit beabsichtigt, zeitnah eine gesetzliche Regelung einzubringen, die sicherstellt, dass für alle Coronavirus-Schutzimpfungen (Verordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2SGB V) ein Anspruch nach § 60 Absatz 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz besteht. Diese Regelung soll rückwirkend ab dem 27. Dezember 2020 in Kraft treten und auf Grundlage der jeweils geltenden Coronavirus-Impfverordnung geimpften Personen die Geltendmachung eines etwaigen Entschädigungsanspruchs ermöglichen.“
Übrigens: Nebenwirkungen sind nicht gleich Impfschäden. Letztere gehen deutlich weiter als kurzfristige Impfreaktionen wie Fieber oder Unwohlsein. Laut § 2 Absatz 11 Infektionsschutzgesetz meint ein Impfschaden „die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde.“
Müssen Hersteller bei Impfschäden haften?
Treten Impfschäden nach einer AstraZeneca-Impfung auf, könnte auch eine Haftung durch den Hersteller infrage kommen. Dazu schreibt der Deutsche Hausärzteverband: „Nach der Gefährdungshaftung des § 84 AMG haftet der pharmazeutische Unternehmer bei Gesundheitsbeeinträchtigungen des Geimpften, wenn sein Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, oder der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.“
Somit müsste beispielsweise geprüft werden, ob sich die Ursache für den Impfschaden bereits in der Fachinformation finden lässt oder nicht. Unter anderem das Risiko für Sinusvenenthrombosen wurde jedoch aufgrund der EMA-Empfehlung bereits dort aufgenommen, sodass eine Haftung in diesem Fall entfallen dürfte. Gleiches gilt in Bezug auf die Haftungsmöglichkeit, dass der jeweilige Arzneimittelhersteller „Warnungen vor Gesundheitsschäden unterlässt, die aufgrund eines nicht dringenden, aber ernstzunehmenden Verdachts eintreten können.“
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Kinderkrankentage: Verringert Teilzeit den Anspruch?
Sowohl in diesem als auch im kommen Jahr können berufstätige Eltern jeweils bis zu 15 Kinderkrankentage beanspruchen. Ihr Gehalt bekommen …
Diamorphin: Zugang zu „Heroin“ auf Rezept soll erleichtert werden
Diamorphin kommt in der Substitutionstherapie zum Einsatz. Seit 2009 gibt es das „Heroin“ auf Rezept. Seitdem ist die Zahl der …
Adexa-Positionspapier: Aufstiegschancen für PTA
Am 16. Dezember stellt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Vertrauensfrage und ebnet damit den Weg für Neuwahlen. An die neue …