Wo gehobelt wird, fallen Späne und wo Menschen arbeiten, passieren Fehler – auch in der Apotheke. So kann es passieren, dass die falsche Stärke, die falsche Packungsgröße oder gar der falsche Wirkstoff abgegeben wurden. Wurde ein Abgabefehler entdeckt, gilt es Ruhe zu bewahren und auf Kunden- und Ursachenforschung zu gehen. Denn eines ist klar, aus Fehlern kann man nur lernen.
Fehlerprotokoll im QMS
Wenn die Nerven blank liegen, ist es wichtig einen festen Fahrplan für Ausnahmesituationen wie eine Falschabgabe zu haben. Helfen kann ein im QMS der Apotheke festgehaltenes Fehlerprotokoll. Dies ist keinesfalls als Anklage zu sehen, sondern als Chance, den Hergang des Fehlers zu rekonstruieren und diesem künftig vorbeugen zu können.
Inhaber oder Vorgesetzter sollten unverzüglich informiert werden, schließlich können sie haftbar gemacht werden. Daher sollte auch die Haftpflichtversicherung unverzüglich über den Vorfall in Kenntnis gesetzt werden.
Bestandskontrolle
Wird ein Abgabefehler vermutet, sollte eine Bestandskontrolle durchgeführt werden. So kann sichergestellt werden, ob tatsächlich die falsche Packung die Apotheke verlassen hat. Meist fallen Falschabgaben bei der Rezeptkontrolle oder im Tagesverlauf auf, wenn ein Kollege die Packung verzweifelt sucht, obwohl sie im Bestand der Apotheke ist.
Kontaktaufnahme, aber wie?
Hat sich der Fehler bestätigt, sollte der Vorgang dem entsprechenden Kunden zugeordnet und dieser informiert werden. Helfen kann hier die Kundendatei oder die Sichtung der Videoaufnahmen, wenn die Abgabe nicht im Rahmen der Rezeptbelieferung erfolgte.
Ziel ist es, die Einnahme des falschen Arzneimittels zu verhindern, dazu sollten alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, ohne dabei in Panik zu geraten. Liegt der Falschabgabe eine Verordnung zugrunde oder gibt es eine Kundenkarte, liegen die Daten zur Kontaktaufnahme vor. Der Betroffene kann dann auf dem schnellsten Weg – per Telefon – informiert werden. In sehr dringenden Fällen sollte sich ein Apothekenmitarbeiter direkt auf den Weg zum Kunden machen. So kann das Arzneimittel schnell ausgetauscht werden. Ist niemand erreichbar, sollte ein schriftliche Nachricht hinterlassen werden.
Sind keine Daten bekannt, kann sich eine Kontaktaufnahme aufgrund der gültigen Datenschutzgrundverordnung schwierig gestalten. Möglicherweise kann der behandelnde Arzt unterstützend helfen oder das Internet und die sozialen Medien durchforstet werden. Denn außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen.
Problemfall Privatrezept
Müssen Arzneimittel nicht bestellt und vom Kunden abgeholt oder vom Boten geliefert werden, nehmen Privatpatienten das Rezept direkt wieder mit nach Hause. Daher sollten die Verordnungen kopiert werden, denn nur so kann auch die tägliche Rezeptkontrolle sichergestellt werden. Es sei denn, die EDV der Apotheke verfügt über einen Rezeptscanner.
Fehler eingestehen oder entschuldigen?
Entschuldigen ja, Fehler eingestehen nein. Denn ein Schuldeingeständnis kann den Versicherungsschutz gefährden.
Was sind die möglichen Folgen?
Der Geschädigte kann vor einem Zivilgericht Schadenersatz geltend machen. Parallel können Betroffene eine Strafanzeige stellen, dann kommt zusätzlich ein Strafverfahren in Betracht. Außerdem drohen berufsrechtliche Konsequenzen.
Wer haftet?
Im einem Zivilverfahren steht der Inhaber für sein Team gerade. Denn einerseits ist er der Vertragspartner des Patienten und andererseits ist er verantwortlich für die Auswahl, Anleitung, Schulung, Überwachung und Ausstattung seiner Mitarbeiter, sodass ein sogenannter Organisationsmangel stets ihm anzulasten ist. Strafrechtliche Ermittlungen richten sich hingegen gegen denjenigen, dem der mutmaßliche Fehler zur Last gelegt wird. Auch angestellte Approbierte oder PTA müssen in einem solchen Fall mit einem Strafbefehl rechnen.
Welche Strafe droht?
Schadenersatz kann – je nach dem Umfang der Beeinträchtigung – schnell in die Millionenhöhe gehen. Neben materiellen können auch immaterielle Ansprüche geltend gemacht werden. Im Strafverfahren gilt für Fälle von Körperverletzung neben der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.
Rechtliche Grundlagen sind für Apotheken das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Strafgesetzbuch, vorausgesetzt ein Patient kommt durch eine Verletzung der Sorgfaltspflicht zu Schaden
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