Gurgellösung statt PCR-Test: Die Polymerase-Kettenreaktion gilt derzeit als zuverlässige Testmethode zum Nachweis einer Covid-19-Infektion. Pharmazeuten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) ist es nun gelungen, mittels Massenspektrometrie kleinste Mengen SARS-CoV-2 in einer Gurgellösung der Betroffenen nachzuweisen. Ihre ersten Ergebnisse haben die Forscher im Fachmagazin „Journal of Proteome Research“ veröffentlicht.
Ein PCR-Test gilt als spezifische Testmethode. Nachgewiesen wird das Erbgut des Virus und somit der Erreger selbst. Eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann außerdem per Antikörpertest nachgewiesen werden. Hierbei werden Antikörper erkannt, die der Körper im Laufe einer Infektion gebildet hat. Der Nachteil: die Tests sind oft unspezifisch. Pharmazeuten haben nun eine neue Nachweismöglichkeit für das neuartige Coronavirus entwickelt. Für ihre Untersuchung wurden Lösungen verwendet, mit denen an Covid-19 Erkrankte gegurgelt hatten. „Die neue Methode könnte künftig als Ergänzung für bisher übliche Tests dienen“, teilt die MLU mit. Um als Standard-Diagnostik-Werkzeug zur Verfügung zu stehen, werde die Methode nun weiterentwickelt.
Gurgellösung zum SARS-CoV-2-Nachweis
Die Idee, einen als Ergänzung zur PCR geeigneten, neuen, auf der Massenspektrometrie basierten Test zu entwickeln, hatte Professorin Dr. Andrea Sinz, Massenspektrometrie-Expertin am Institut für Pharmazie der MLU. Mittels Massenspektrometrie können Molekülen anhand ihrer Masse und Ladung genau identifiziert werden. Sinz entwickelte mit ihrem Team eine Methode, um nach Bestandteilen von SARS-CoV-2 Viren zu suchen. „Wir messen direkt die Peptide, die von dem Virus stammen, und nicht das genetische Material“, erklärt Sinz. Mit der neuen Methode können Virusbestandteile in hoch verdünnten Proben identifiziert werden. Die Forscher nutzten für ihre Versuche Gurgellösungen von drei Covid-19-Patienten.
„Obwohl wir nur wenig Gurgellösung erhalten haben, konnten wir Bestandteile der Virusproteine finden“, sagt Dr. Christian Ihling, der die Tests durchführte. „Das war ziemlich überraschend, ich habe selbst nicht damit gerechnet, dass das wirklich funktioniert“, ergänzt Sinz.
Testergebnis in 15 Minuten
Weil mittels der an der MLU entwickelten Massenspektrometrie Proteine nachgewiesen werden, die nur beim neuen Coronavirus vorkommen, ist der Test hochspezifisch. Das Testverfahren könne vor allem zu Beginn der Infektion zum Einsatz kommen, wenn viele Viren im Mund- und Rachenraum zu finden sind.
Derzeit benötige es etwa 15 Minuten, um den Test durchzuführen. Allerdings arbeiten die Pharmazeuten mithilfe von künstlich hergestellten Virusbestanteilen daran, die Analysezeit weiter zu verkürzen. Sinz ist außerdem auf der Suche nach weiteren Kooperationen, auch mit der Industrie. „Mit einer Firma aus Hessen wollen wir noch eine andere massenspektrometrische Methode einsetzen, bei der die Messungen innerhalb von Sekunden durchführbar wären“, sagt die Pharmazeutin. Diese Methode wäre dann vergleichbar mit dem sogenannten „Biotyping“, das schon in Kliniken zur Diagnostik von Bakterien- oder Pilzinfektionen etabliert ist. Ob sich dieser Ansatz auch für den Nachweis von SARS-CoV-2 eignet, müsse allerdings noch gezeigt werden.
Die Pharmazeutin hofft, dass die neue Diagnosemethode mit Massenspektrometern in einigen Monaten für den Einsatz bereit ist: „Ich habe engen Austausch mit Kollegen aus aller Welt, bei denen die Pandemie teils wesentlich schlimmer verläuft als hier.“ Sinz ist Gründungsmitglied der „Covid-19 Mass Spectrometry Coalition“, einem Forschungsverbund, der mithilfe von Massenspektrometrie die Krankheit besser verstehen möchte.
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