Die Entwicklung geeigneter Impfstoffe gilt als der Hoffnungsträger im Kampf gegen das Coronavirus. Doch bisher fehlt es auch an einem wirksamen Mittel zur Behandlung bereits infizierter Personen. Dies könnte sich womöglich bald ändern. Forscher*innen prüfen derzeit, wie erfolgsversprechend das Grippemittel Molnupiravir bei einer SARS-CoV-2-Infektion ist.
Remdesivir, Bamlanivimab, Hydroxychloroquin und Chloroquin – auf der Suche nach einer geeigneten Therapie von Covid-19-Patienten wurden bereits verschiedene Arzneimittel in Betracht gezogen. Während Studien zu Hydroxychloroquin und Chloroquin schon nach kurzer Zeit wegen eines zu hohen Risikos ausgesetzt wurden, galt Remdesivir als großer Hoffnungsträger, vor allem bei der Behandlung hospitalisierter Patient*innen. Inzwischen empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Einsatz des früheren Ebola-Medikaments jedoch nicht mehr. „Wir schlagen vor, bei der Behandlung von Patienten, die mit Covid-19 ins Krankenhaus eingeliefert werden, unabhängig von der Schwere der Erkrankung (schwache oder bedingte Empfehlung) kein Remedesivir zusätzlich zur üblichen Behandlung zu verabreichen“, so die WHO in ihrer Erklärung.
Unter Hochdruck wird daher aktuell nach einer Alternative geforscht. Diese könnte womöglich ein Grippemittel darstellen. Amerikanische Forscher*innen der Georgia State University haben untersucht, inwiefern Molnupiravir zur Therapie einer SARS-CoV-2-Infektion geeignet ist. Ihre Ergebnisse erläutern die Wissenschaftler*innen im Fachmagazin „Nature Microbiology“. Diese sind gleich in zweierlei Hinsicht erfreulich: So scheint das Grippemittel nicht nur wirksam gegen die Coronaviren im Körper zu sein, sondern hemmt offenbar auch die Übertragung – zumindest bei Frettchen.
Molnupiravir gegen SARS-CoV-2: Grippemittel als Durchbruch?
Molnupiravir (MK-4482/EIDD-2801) wurde ursprünglich als Mittel gegen Grippe entwickelt. Der Wirkstoff soll bei Erkrankten die Vermehrung von Grippeviren hindern, indem es Mutationen in die Virus-RNA einbaut und sie so abtötet. Wie Tierversuche zeigten, konnte dadurch nicht nur die bestehende Infektion gestoppt werden, sondern auch eine Übertragung an andere Tiere. Und dieser Effekt könnte sich nun auch beim Coronavirus sowie bei Menschen zeigen. Nach einer erfolgreichen Phase-1-Studie läuft derzeit eine unter anderem vom Pharmakonzern Merck durchgeführte klinische Phase II/III-Studie mit Covid-19-Patienten, die bestätigen soll, dass Molnupiravir die SARS-CoV-2-Infektion abschwächen kann. Die amerikanischen Forscher*innen prüfen wiederum den Aspekt der eingeschränkten Virusübertragung durch das Medikament.
Dafür wurden Frettchen mit SARS-CoV-2 infiziert. Ein Teil der infizierten Tiere bekam ab zwölf Stunden nach der Infektion zweimal täglich eine orale Dosis Molnupiravir. Um die Übertragung nachzuvollziehen, wurden die erkrankten Tiere anschließend mit gesunden Artgenossen in einen Käfig gelassen, von denen ein Teil ebenfalls das Medikament bekam. Es zeigte sich: „Die Therapie mit MK-4482/EIDD-2801 führte nach zwölf Stunden zu einer signifikanten Reduktion der Viruslast. 24 Stunden nach Beginn der antiviralen Behandlung waren keine infektiösen Partikel mehr in den Abstrichen nachweisbar“, berichten die Wissenschaftler*innen. Außerdem blieben die gesunden, mit Molnupiravir behandelten Tiere ansteckungsfrei, wohingegen alle unbehandelten Tiere eine Infektion aufwiesen.
Ob diese Beobachtung auch bei Menschen zutrifft, sei zwar noch zu prüfen. Sofern dies zutreffe, könne der Wirkstoff allerdings in verschiedener Hinsicht einen Durchbruch darstellen: „Er könnte schwere Verläufe von Covid-19 verhindern und eine Genesung beschleunigen, lokale Ausbrüche schnell stoppen und noch dazu die soziale und emotionale Belastung durch Quarantäne und Isolation verringern“, erklären die Forscher*innen.
Willst du immer auf dem Laufenden sein und keine Nachricht mehr verpassen? Dann melde dich für unseren wöchentlichen Newsletter hier an ?.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Wegen Kristallen: Rückruf bei Metamizol
Im Sommer hatte Zentiva Pharma über Kristallisationen am Flaschenhals bei Metamizol Zentiva und Novaminsulfon Lichtenstein zu je 500 mg/ml Tropfen …
Fumaderm: Produktion wird eingestellt
Biogen stellt die Produktion und den Vertrieb von Fumaderm initial und Fumaderm ein. Patient:innen müssen auf Alternativen umgestellt werden. Restbestände von …
Herzinfarkt wegen Pseudoephedrin
Pseudoephedrin ist fester Bestandteil verschiedener Erkältungskombis und kommt auch bei allergischer Rhinitis zum Einsatz. Der Wirkstoff macht nicht nur die …