Glucocorticoide werden bei akuten und chronischen EntzĂĽndungen eingesetzt. Studienergebnisse zeigen jedoch, dass die Arzneistoffe im Therapieverlauf an Wirksamkeit verlieren.
Glucocorticoide fanden in der Medizin erstmals 1948 zur Behandlung von Rheuma Anwendung. Die Arzneistoffe sind von körpereigenen Hormonen wie Hydrocortison abgeleitet und besitzen entzündungshemmende, immunsuppressive und antiallergische Eigenschaften. Glucocorticoide werden unter anderem zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen, Allergien, Autoimmun- und Atemwegserkrankungen sowie im Rahmen einer Substitutionstherapie eingesetzt.
Forschende der Universität und des Universitätsklinikums Jena sowie der Harvard Medical School haben untersucht, aus welchen Gründen die Wirkung von Glucocorticoiden bei Langzeitanwendung nachlässt. Außerdem wollte das Team das optimale Behandlungsfenster ermitteln.
„Diese Medikamente haben in der Regel einen sehr schnellen entzündungshemmenden Effekt“, so die Forschenden. Doch die therapeutische Wirkung ist oftmals zeitlich begrenzt und auch schwerwiegende Nebenwirkungen sind möglich. „Es kommt beim Einsatz dieser Präparate folglich darauf an, ihre Anwendung zeitlich zu begrenzen und zu optimieren“, sagt Professor Dr. Oliver Werz, Professor für Pharmazeutische Chemie von der Uni Jena.
Glucocorticoide nur am Anfang stark wirksam?
Das Team hat aufgeklärt, wie Cortisonpräparate in den menschlichen Immunzellen entzündungsauflösend wirken. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „PNAS“ veröffentlicht.
Zu Beginn einer Entzündungsreaktion treten vermehrt entzündungsfördernde Immunzellen auf, darunter Prostaglandin- und Leukotrien-produzierende M1-Makrophagen. Klingen die Entzündungsbeschwerden in der nächsten Phase ab, treten vermehrt Resolvin-produzierende M2-Makrophagen auf. Anhand von Zellkulturen konnten die Forschenden zeigen, dass Cortison in den Immunzellen die Aktivität bestimmter Enzymgene reguliert, die das Entzündungsgeschehen direkt beeinflussen. Die Wirkstoffe sorgen zwar in M1-Makrophagen für die Bildung von entzündungsauflösenden Resolvinen, sorgen aber auch dafür, dass die Bildung in M2-Makrophagen abgeschwächt werde. Bei der Regulation spielt die 15-Lipoxygenase in ihren beiden Formen 15-Lipoxygenase-1 und der 15-Lipoxygenase-2 eine entscheidende Rolle.
SchlĂĽssenenzym 15-Lipoxygenase
„Wir fanden heraus, dass Cortison die 15-Lipoxygenase-2 in entzündungsfördernden M1-Makrophagen der frühen Entzündungsphase hochreguliert. Dieses Enzym katalysiert die Bildung von Resolvinen, wodurch Entzündungsprozesse gestoppt und aufgelöst werden, was für die positiven Effekte des Kortisons mitverantwortlich ist.“ Außerdem konnte gezeigt werden, dass Cortison die 15-Lipoxygenase-1 in den M2-Makrophagen abschaltet und so die Bildung von Resolvinen ausbleibt.
„Das erklärt, warum die Anwendung von Cortison in der späteren Phase entzündlicher Erkrankungen nicht mehr zu einer Linderung der Symptome führt, ja sogar kontraproduktiv sein kann und Regenerationsprozesse hemmt“, so Werz.
Nachdem die Mechanismen im Labor entschlüsselt wurden, wurden die Untersuchungen in die Klinik übertragen und an Patient:innen, die aufgrund von chronischen Entzündungserkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa und schweren akuten Entzündungen durch COVID-19 mit einem Cortison behandelt wurden, analysiert. Das Ergebnis: „Wie in den Versuchen an den Zellkulturen konnten wir in den mit Kortison therapierten Patientengruppen eine deutliche Hochregulierung der 15-Lipoxygenase-2 nachweisen“, sagt Dr. Benjamin Giszas, Arzt für Innere Medizin.
Das Fazit: „Die Studienergebnisse implizieren, dass sich die Therapie entzündlicher Erkrankungen durch einen zeitlich limitierten Einsatz von Cortison und durch neue 15-Lipoxygenase-basierte Therapieprinzipien verbessern ließe und so auch das Auftreten typischer Kortison-bedingter Nebenwirkungen reduziert werden könnte.“
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