Gericht: Keine Kostenübernahme von Mounjaro bei Adipositas
Ein Mann, der unter Adipositas permagna (Body-Maß-Index > 40) und den damit verbundenen Folgeerkrankungen leidet, hat bei der Krankenkasse die Kostenübernahme von Mounjaro (Tirzepatid, Eli Lilly) beantragt. Doch die lehnte ab und der Fall landete letzendlich vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg.
Der Versicherte hatte bereits mit Wegovy (Semaglutid) 30 kg abgenommen. Weil die Behandlung unterbrochen wurde, nahm er wieder 13 kg zu. Um erneut das Körpergewicht zu reduzieren, beantragte der Versicherte eine Kostenübernahme über Mounjaro. Denn die Behandlung sei medizinisch notwendig und Adipositas eine chronische Krankheit. Die mit der Behandlung verbundene Gewichtsreduktion minimiere die mit der Erkrankung verbundenen Gesundheitsrisiken, so die Begründung des Versicherten. Zudem bestehe ohne die medikamentöse Therapie die Gefahr, dass in Zukunft eine bariatrische Operation wie beispielsweise eine Magenverkleinerung notwendig werden könnte.
Der Antrag auf Kostenübernahme war nötig, da Mounjaro zur Gewichtsreduktion als Lifestyle-Arzneimittel eingestuft ist. Dabei handelt es sich nach § 34 Absatz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V um Arzneimittel, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Dazu gehören auch Arzneimittel, die zur Abmagerung oder Appetitzügelung oder zur Regulierung des Körpergewichts dienen. Doch im genannten Fall werde das Arzneimittel zur Behandlung „einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung“ eingesetzt, wird der Antrag auf Kostenübernahme begründet.
Ein Ausschluss der Behandlung stelle einen grundrechtswidrigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Versicherten dar, heißt es. Außerdem liege ein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz vor, wenn andere chronische Erkrankungen, nicht aber Adipositas behandelt würden. Auch gegen das Prinzip „ambulant vor stationär“ werde verstoßen, wenn eine medikamentöse Therapie ausgeschlossen werde, aber eine Operation verfügbar sei.
Die Kasse lehnte den Antrag ab. Die Begründung: Der Gesetzgeber hat die Kostenübernahme von Lifestyle-Medikamenten ausgeschlossen. Der Versicherte legte Widerspruch ein und berief sich darauf, dass die Einstufung als Lifestyle-Medikament nicht korrekt sei, da Adipositas eine anerkannte chronische Erkrankung sei und Studien die Wirksamkeit belegt hätten.
Außerdem hatte der Versicherte beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt unter Wiederholung der bisherigen Begründung. Die Sache sei eilbedürftig, weil er nach Unterbrechung seiner Therapie schnell zugenommen habe. Die Gesundheitsversorgung dürfe nicht von der individuellen Zahlungskraft eines Bürgers abhängen.
Der Eilantrag wurde abgelehnt. Mounjaro sei nur zur Behandlung von Diabetes Typ 2 erstattungsfähig, aber nicht zur Gewichtsreduktion. Dass es sich bei Adipositas um eine behandlungsbedürftige Krankheit handele, ändere nichts.
Der Versicherte legte Beschwerde ein, doch ohne Erfolg. Denn das LSG Baden-Württemberg lehnte diese ab und bestätigt die Entscheidung des SG. Auch wenn der Mann darauf hinwies, dass Adipositas eine lebensbedrohliche Erkrankung sei und nicht nachvollziehbar, dass Tirzepatid bei Diabetes Typ 2 von den Kassen übernommen, ihm aber verwehrt werde, weil er nur die Vorstufe eines Prädiabetes habe.
Das LSG begründete die Entscheidung damit, dass die gesetzliche Regelung eindeutig ist. Appetitzügler oder Arzneimittel zur Regulierung des Körpergewichts sind von der Versorgung ausgeschlossen. „Mounjaro beeinflusst die Appetitregulation“, heißt es in der Produktinformation. Somit falle das Arzneimittel aus der Erstattung. Zudem verletze der gesetzliche Leistungsausschluss weder das Recht auf körperliche Unversehrtheit noch das Grundrecht.
Zweifelhaft ist aus Sicht des LSG auch der Anordnungsgrund, mithin die Eilbedürftigkeit. Der Antragsteller ist gelernter Diplom-Rechtspfleger, als Arbeitnehmer gesetzlich pflichtversichert, verfügt somit über Arbeitseinkommen. „Es ist nicht ersichtlich und auch nicht substantiiert vorgetragen worden, dass er die Kosten für das begehrte Medikament bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht selbst tragen kann.“
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