Fluorchinolone und die Herzklappe: Dass Fluorchinolone Sehnenschäden in Form von Entzündungen oder Rissen verursachen können, ist bereits seit Langem bekannt. Weil die Stoffgruppe schwerwiegende und dauerhafte Nebenwirkungen verursachen kann, wurde die Anwendung beschränkt. Jetzt informiert ein Rote-Hand-Brief über das Risiko von Herzklappenregurgitation und -insuffizienz.
Die Nebenwirkungen der Fluorchinolone beziehen sich hauptsächlich auf die Sehnen, Muskeln oder Knochen sowie das Nervensystem. Der Einsatz wurde eingeschränkt. So sind Ciprofloxacin und Co. nicht mehr Mittel der Wahl bei Infektionen, die auch ohne Behandlung besser werden oder nicht schwerwiegend sind, zur Verhinderung von Reisedurchfall oder wiederkehrenden Infektionen der unteren Harnwege oder einer unkomplizierten Zystitis. Patienten sollten Fluorchinolone bereits bei den ersten Anzeichen einer Nebenwirkung wie beispielsweise einer entzündeten oder gerissenen Sehne, Muskelschmerzen oder -schwäche sowie Gelenkschmerzen oder -schwellungen absetzen. Gleiches gilt für Nebenwirkungen, die das Nervensystem betreffen wie Müdigkeit, Depression, Verwirrung, Selbstmordgedanken, Schlafstörungen, Seh-und Hörprobleme, veränderter Geschmack und Geruch.
Fluorchinolone: Nebenwirkungen auf die Herzklappe möglich
In einem Rote-Hand-Brief wird über ein erhöhtes Risiko für eine Herzklappenregurgitation/-insuffizienz unter systemisch und inhalativ angewendeten Fluorchinolonen informiert.
Die Ergebnisse einer kürzlich veröffentlichten epidemiologischen Studie berichten über ein etwa zweifach erhöhtes Risiko für Mitral- und Aortenklappenregurgitation/-insuffizienz bei Patienten, die Fluorchinolone einnahmen, im Vergleich zu Patienten, die mit anderen Antibiotika wie Amoxicillin oder Azithromycin behandelt wurden. Mehrere medizinisch bestätigte Fälle einer Regurgitation/Insuffizienz einer der Herzklappen bei Patienten, die mit Fluorchinolonen behandelt wurden, stehen möglicherweise in einem kausalen Zusammenhang zur Arzneimitteleinnahme. „Diese Daten deuten darauf hin, dass Fluorchinolone eine Herzklappenregurgitation/-insuffizienz verursachen können“, so der Rote-Hand-Brief.
Außerdem berichte eine Laborstudie darüber, dass es unter Ciprofloxacin zu einem Kollagenabbau in Myofibroblastzellen der Aorta kam. Dieser Befund gebe Aufschluss darüber, wie ein Fluorchinolon-assoziierter Abbau von Bindegewebe mit einer Herzklappenregurgitation/-insuffizienz in Zusammenhang stehen könnte. Ein Kollagenabbau wurde auch für Fluorchinolon-assoziierte Erkrankungen der Sehnen und der Aorta postuliert.
Das Risiko für eine Herzklappenregurgitation/-insuffizienz ist unter anderem bei angeborenem oder bestehendem Herzklappenfehler, Bindegewebserkrankungen, Turner-Syndrom, Morbus Behçet, Hypertonie, rheumatoider Arthritis und infektiöser Endokarditis erhöht.
„Bei Patienten mit einem Risiko für eine Herzklappenregurgitation/-insuffizienz sollten systemisch und inhalativ angewendete Fluorchinolone nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung unter Berücksichtigung anderer Therapieoptionen angewendet werden.“ Kommt es zu akuter Atemnot, neu auftretendem Herzklopfen oder Ödemen im Bauchraum oder in den unteren Extremitäten, sollte unverzüglich ein Arzt gerufen werden.
Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin, Ofloxacin und Delafloxacin sind die in Deutschland zugelassenen Fluorchinolone.
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