Covid-19-Patienten werden bislang symptomatisch behandelt, eine spezifische Therapie gibt es derzeit noch nicht. Die Suche läuft jedoch auf Hochtouren. Zu den potentiellen Kandidaten gehören beispielsweise Favipiravir und Chloroquin.
Favipiravir
Favipiravir wurde von Fujifilm Toyama Chemical entwickelt und ist in China unter dem Namen Avigan auf dem Markt. Der Wirkstoff soll zur Behandlung einer Influenza – ausgelöst durch neue Influenza-Stämme – eingesetzt werden, wenn andere Medikamente nicht wirksam waren.
Favipiravir gehört zur Gruppe der RNA-Polymerase-Hemmer. Das Virustatikum zeigt ein breites Wirkspektrum (Influenzavirus, West-Nil-Virus, Gelbfieber-Virus, Maul-und-Klauenseuche-Virus, Ebola-Virus sowie verschiedene Flaviviren, Arenaviren, Bunyaviren und Alphaviren) und wurde im Februar in die Liste der „wichtigen Materialien für die Epidemie-Bekämpfung“ aufgenommen. Die Wirksamkeit beruht vermutlich auf der Hemmung der viralen RNA-abhängigen RNA-Polymerase. Die Replikation der RNA wird gestört und so die Virusvermehrung gehemmt. Favipiravir ist ein Prodrug, das im Körper in die aktive Form Favipiravir-Ribofuranosyl-5′-triphosphat (Favipiravir-RTP) metabolisiert wird.
Favipiravir bei Covid-19
Studienergebnisse aus China (Wuhan, Shenzhen) zeigen erste Erfolge für Favipiravir. Der Wirkstoff könne die Dauer einer Covid-19-Infektion verkürzen und die Atemwegssymptome verbessern. Eine Studie verglich Favipiravir (35 infizierte Patienten) und Lopinavir/Ritonavir (45 infizierte Patienten als Kontrollgruppe). Die mittlere Dauer der Eradikation von SARS-CoV-2 betrug vier Tage (2,5 bis 9 Tage) in der Favipiravir-Gruppe und elf Tage (8 bis 13 Tage) in der Kontroll-Gruppe. Der Unterschied (P <0.001 ) ist erheblich.
Bereits zwei Tage nach Behandlungsbeginn ist das Fieber in der Favipiravir-Gruppe bei etwa 73 Prozent beziehungsweise bei etwa 26 Prozent der Patienten in der Kontrollgruppe zurückgegangen. Die Fieberdauer konnte im Durchschnitt von etwa vier auf 2,5 Tage verkürzt werden. Thorax-Röntgenbilder dokumentieren eine Verbesserung der Lungenfunktion bei etwa 91 Prozent der Patienten unter Favipiravir beziehungsweise etwa 62 Prozent in der Kontrollgruppe – bei geringer Nebenwirkungsrate.
Eine vom Zhongnan-Krankenhaus (Wuhan) geleitete klinische Forschung zur Covid-19-Behandlung mit Favipiravir mit mehr Patienten ergab, dass die siebentägige klinische Genesung der Behandlungsgruppe Favipiravir mehr als 80 Prozent erreichte.
Andere klinische Studien deuten jedoch darauf hin, dass der Arzneistoff bei schweren Covid-19-Verläufen keine ausreichende Wirkung erzielte.
Chloroquin
Chloroquin zählte mehr als 60 Jahre zum Bayer-Portfolio und war als Malariamittel unter dem Namen Resochin auf dem Markt. Im November wurde der Vertrieb jedoch eingestellt. Resochin ist nur noch in Pakistan auf dem Markt. „Ein Export der in Pakistan hergestellten Tabletten in andere Länder ist derzeit nur mit einer entsprechenden Sondergenehmigung des importierenden Staates sowie der Regierungsstellen in Pakistan möglich“, erklärt Oliver Renner von Bayer. Die nötigen Unterlagen konnten kurzerhand zusammengestellt werden – Bayer stellte insgesamt 300.000 Tabletten Resochin kostenlos zur Verfügung. Von Kontaktaufnahme bis Auslieferung dauerte es vier Tage.
Der Wirkstoff ist ein chloriertes 4-Aminochinolin-Derivat und ein mit Chinin verwandtes Racemat. Außerdem ist der Arzneistoff strukturell eng mit Hydroxychloroquin verwandt. Letzteres ist unter dem Namen Plaquenil auf dem Markt und wird nicht nur zur Prophylaxe und Therapie von Malaria, sondern auch zur Behandlung rheumatischer Gelenkentzündungen eingesetzt. Beiden Substanzen werden entzündungshemmende, immunmodulierende, antiparasitäre und antivirale Eigenschaften zugesprochen.
Chloroquin und Covid-19
Erste Studienergebnisse aus China und Frankreich zeigen, dass das Malariamittel die Viruslast senken und die Vermehrung von SARS-CoV-2 hemmen kann. Wie genau die Wirkung erreicht wird, ist derzeit nicht vollständig geklärt. Vermutet wird eine Erhöhung des pH-Wertes in den Zellen, die auch die Andockstellen des Virus verändert und es somit SARS-CoV-2 erschwert, die Zellen zu infizieren. Christian Drosten, Chefvirologe der Charité, zweifelt jedoch am Studiendesign der bisherigen Untersuchungen und übt massive Kritik an den verwendeten Parametern.
Ein weiterer potentieller Wirkstoffkandidat ist Remdesivir. Mehr dazu erfährst du hier ?.
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