Sie sind leicht, transparent, erleichtern das Atmen und doch sieht die Kassiererin damit befremdlich aus. Die Rede ist von einem Face Shield. Immer häufiger sieht man Menschen, die ein Visier anstelle einer Mund-Nasen-Bedeckung tragen, die beim Einkaufen und zum Teil im öffentlichen Nahverkehr Pflicht ist. Kann ein Visier eine Mund-Nasen-Bedeckung ersetzen?
Die gebogenen Plastikscheiben sind mit einem Bügel am Kopf befestigt und bedecken Stirn, Augen, Nase, Mund und Kinn – wie bei einem Holzfäller oder einem Polizisten im Einsatz. Doch sind Visiere eine Alternative zur Mund-Nasen-Bedeckung?
Visiere haben verschiedene Vorteile. Die Atmung ist erleichtert, was vor allem Allergikern und Asthmatikern zugute kommt, die Kommunikation – in erster Linie mit Gehörlosen – fällt leichter, denn das gesamte Gesicht ist zu erkennen und somit die Mimik sichtbar. Druckstellen hinter den Ohren oder die beschlagene Brille gehören der Vergangenheit an. Außerdem fasst man sich mit einem Visier seltener ins Gesicht. Ein weiterer Vorteil ist die einfache Reinigung.
Allerdings hat ein Face Shield auch Nachteile, denn die gebogenen Plastikscheiben sind an der Seite und unten offen.
Was sagt das RKI?
Aus Sicht des Robert Koch-Instituts (RKI) sind Visiere kein Ersatz für eine Mund-Nasen-Bedeckung (MNB). Eine textile Barriere kann infektiöse Tröpfchen, die beispielsweise beim Sprechen, Niesen oder Husten frei werden, abfangen und dienen somit als Fremdschutz. Zwar sei eine solche Schutzwirkung bisher nicht wissenschaftlich belegt, erscheine aber als plausibel.
„Die Verwendung von Visieren anstelle von MNB wird derzeit bereits von verschiedenen Herstellern beworben, ohne dass Belege für die Äquivalenz dieser Ersatzmaßnahme vorliegen“, schreibt das RKI. Im Vergleich zu einem Visier sollte eine MNB seitlich möglichst eng am Gesicht anliegen und so das Vorbeiströmen von Luft an den Rändern der Maske verringern. Außerdem können die MNB die Geschwindigkeit des Atemstroms oder des Tröpfchenauswurfs reduzieren. „Visiere dagegen könnten i.d.R. maximal die direkt auf die Scheibe auftretenden Tröpfchen auffangen“, so das RKI.
„Die Verwendung von Visieren kann daher nach unserem Dafürhalten nicht als gleichwertige Alternative zur MNB angesehen werden“, so das RKI.
„Unbenommen bleibt hiervon der bestimmungsgemäße Einsatz von Visieren in Verbindung mit Atemschutz insbesondere bei aerosolproduzierenden Maßnahmen in Einrichtungen des Gesundheitswesens als Teil der persönlichen Schutzausrüstung.“ Ebenso bleibe es jedem Bürger frei, der aus medizinischen oder anderen triftigen Gründen keine MNB tragen kann, aber dennoch zeigen möchte, dass er die derzeit getroffenen Maßnahmen für die Bevölkerung unterstützt und dadurch einen, vielleicht auch nur minimalen, Beitrag leisten möchte, ein Visier zu tragen.
SPD-Politiker Professor Dr. Karl Lauterbach steht den gebogenen Plastikscheiben kritisch gegenüber. „Das Face Shield leitet die Aerosole gezielt auf den Kuchen und die Gäste. Ein Glück, dass draußen serviert wird. Für Aerosolübertragung bringen Face Shields ohnehin so gut wie nichts“, twitterte Lauterbach.
Infektionsprävention ist Ländersache
Zuständig für die Ausgestaltung der Infektionsprävention sind die Länder. In Hessen ist beispielsweise das Tragen eines Face Shields als Alternative zu einer selbstgenähten Maske, Schal, Loop oder Tuch möglich. Seitens das Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen heißt es: „Im Übrigen können auch Gesichtsvisiere verwendet werden.“ In Hamburg sind Visiere ebenfalls erlaubt. „Als Mund-Nasen-Bedeckung zählt jede Bedeckung vor Mund und Nase, die aufgrund ihrer Beschaffenheit unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie geeignet ist, eine Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchenpartikeln oder Aerosolen durch Husten, Niesen oder Aussprache zu verringern. Damit sind auch die Plexiglasvisiere miterfasst.“
Auch in Österreich können Face Shields als Mund-Nasen-Schutz verwendet werden. „Ein Gesichtsvisier ist aus durchsichtigem Hart-Material und deckt Mund-Nasen-Augen-Kinnpartie von vorne und jeweils seitlich ab und bietet eine gute Barriere vor Speichel und Nasensekret“, so das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.
Willst du immer auf dem Laufenden sein und keine Nachricht mehr verpassen? Dann melde dich für unseren wöchentlichen Newsletter hier an ?.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Baclofen: Beeinträchtigung der Gehirnfunktion
Für einige Baclofen-haltige Arzneimittel gibt es neue Warnhinweise. Die Fach- und Gebrauchsinformationen müssen entsprechend angepasst werden. Genau droht unter der …
Nicht wirksam: Keine Erkältungskombis mit Phenylephrin?
Leiden Kund:innen unter Erkältungsbeschwerden wie verstopfter Nase und Co., kommen unter anderem Erkältungskombis zum Einsatz. Dabei wird häufig auf Phenylephrin …
Versorgungsmangel: Diamorphin knapp
Für Diamorphin-haltige Arzneimittel zur Herstellung einer Injektionslösung, die unter anderem im Rahmen der Substitutionstherapie zum Einsatz kommen, besteht ein Versorgungsmangel. …