Erektile Dysfunktion: Männer können Diagnose selbst stellen
Auch im dritten Anlauf ist der OTC-Switch von Sildenafil gescheitert. Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht hat dem Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht keine Empfehlung ausgesprochen – ein Ausschussmitglied stimmte dafür, sieben dagegen. Dabei machte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in seiner Präsentation deutlich, dass es einer ärztlichen Erstdiagnose der erektilen Dysfunktion (ED) nicht bedarf.
Eine partielle Entlassung aus der Verschreibungspflicht von Sildenafil zur Behandlung der ED stand seit 2022 zweimal auf der Agenda des Sachverständigenausschusses. Im Januar 2022 wurde der Antrag auf Freistellung der Stärke 50 mg und Packungsgröße 200 mg einstimmig abgelehnt. Im Juni 2023 wurde über den OTC-Switch von Sildenafil zu 25 mg und einer Packungsgröße zu 100 mg beraten und der Antrag mehrheitlich abgelehnt. Auch für Tadalafil 10 mg haben die Expert:innen keine Empfehlung für einen Switch ausgesprochen.
Im Januar dieses Jahres wurde erneut über die Entlassung aus der Verschreibungspflicht von Sildenafil beraten. Im Vergleich zum Erstantrag wurde der OTC-Status sowohl für die Dosierung 25 mg als auch 50 mg beantragt. Außerdem wurde vorgeschlagen, den Passus „nach Erstdiagnose einer erektilen Dysfunktion durch den Arzt“ in der Positionsformulierung festzuhalten.
Doch den Passus brauche es laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nicht. Der Grund: Die Diagnose erektile Dysfunktion kann von den Betroffenen selbst gestellt werden. Entscheidend sei vielmehr die Abklärung von Ursachen der ED inklusive Komorbiditäten. Zudem können sich zugrundeliegende Ursachen einer ED im Zeitverlauf ändern – eine Erstdiagnose wäre dann nicht ausreichend. Hinzukommt, dass eine Erstdiagnose durch den/die Ärzt:in nicht im Sinne eines OTC-Status ist, die eigenständige Diagnosestellung durch die Patienten sollte die Grundlage sein. Bislang ist für zwei Switches – Triptane und Corticoide – eine Erstdiagnose verankert. Dies sei aber im historischen Kontext zu sehen.
Daher lautet die Empfehlung, Sildenafil von der Verschreibungspflicht auszunehmen, „zur Behandlung der erektilen Dysfunktion bei erwachsenen Männern mit einem Wirkstoffgehalt von 25 und 50 mg je abgeteilter Arzneiform, einer Tagesdosis von bis zu 50 mg und einer Gesamtmenge bis zu 200 mg je Packung, es sei denn, es handelt sich um von der Europäischen Kommission als verschreibungspflichtig zugelassene Arzneimittel.“
Doch der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht lehnte den Antrag mehrheitlich ab. Obwohl Sildenafil zu 50 mg in einigen europäischen Ländern – Großbritannien, Norwegen, Irland, Polen und Malta – bereits erfolgreich aus der Verschreibungspflicht entlassen wurde, und das bereits zwischen 2018 und 2022. Zudem zeigt sich, dass der Anteil der OTC-Abgaben in Großbritannien seit Markteinführung bei weniger als 10 Prozent der Gesamtabgaben von Sildenafil beträgt.
Weitere Positivbeispiele sind die Schweiz, wo Sildenafil zu 25 mg zu vier Tabletten rezeptfrei erhältlich ist, sowie Neuseeland. Hier ist Sildenafil zu 25, 50 und 100 mg in Packungsgrößen bis zu zwölf Tabletten für Männer zwischen 35 und 70 Jahren als OTC erhältlich. Apotheken müssen sich für die Abgabe durch Teilnahme an einem Schulungsprogramm qualifizieren und Männer vor der Erstabgabe umfassend mit einem Screening-Tool in der Apotheke beraten werden.
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