Im Alter braucht man weniger Schlaf – ein Mythos, der womöglich dafür sorgt, dass Schlafstörungen bei Älteren als naturgegeben hingenommen werden. Ältere Menschen leiden aber besonders häufig unter Schlafstörungen. Für eine erholsame Nacht greifen Betroffene zu Schlaftabletten. Hier ist allerdings Vorsicht geboten. So sollten Männer, die an einer Prostatahyperplasie mit Restharnbildung leiden, nicht zu Doxylamin oder Diphenhydramin greifen.
Von einer erholsamen Nacht hängen sowohl unsere körperliche als auch unsere geistige Fitness ab. Wer über Tage oder Wochen nicht gut schläft und trotz Schäfchenzählen keinen Schlaf findet, sucht Hilfe in der Apotheke. PTA und Co. beraten laut einer von aposcope durchgeführten Umfrage mehrmals pro Woche (49 Prozent) zu apothekenpflichtigen Schlafmitteln. Während Senioren auf verschreibungspflichtige Arzneimittel vom Arzt setzen, greifen Manager, Schichtarbeiter und Eltern mit Kindern eher zu Präparten aus der Selbstmedikation. Dazu zählen neben den pflanzlichen Produkten mit Baldrian, Lavendel oder Passionsblume auch die chemischen Wirkstoffe Doxylamin und Diphenhydramin.
H1-Antihistaminika und Prostatahyperplasie
Doxylamin gehört zu den Antihistaminika der ersten Generation, die eine Blockade am H1-Histaminrezeptor verursachen. Der Wirkstoff wird zur symptomatischen Kurzzeitbehandlung von gelegentlichen Schlafstörungen eingesetzt und besitzt beruhigende und schlaffördernde sowie antiallergische und antiemetische Eigenschaften.
Ein bis zwei Tabletten sollten eine halbe Stunde bis Stunde vor dem Zubettgehen eingenommen werden. Betroffene sollten eine Schlafdauer von acht bis neun Stunden einhalten, um am nächsten Tag der Nacht nicht noch hinterher zu hängen. Zur Langzeitanwendung ist Doxylamin nicht geeignet, da es die Schlafphasen verschieben kann und sich dadurch die Erholungszeit verkürzt.
In seiner Sitzung vom 23. Januar 2020 hat der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht (SVA) empfohlen, bestimmte Antihistaminika der 1. Generation bei Patienten über 65 Jahren der Verschreibungspflicht zu unterstellen – darunter Doxylamin. Seit Längerem wird über ein erhöhtes Sturzrisiko unter Einnahme von Antihistaminika diskutiert. Belastbare Studien, die diese Annahme belegen, gibt es jedoch nicht.
Die Prostata (Vorsteherdrüse) ist walnussgroß, befindet sich vor der Harnblase und umschließt den Anfang der Harnröhre, über die der Urin von der Blase bis zum Harnröhrenausgang transportiert wird. Etwa 50 Prozent aller Männer zwischen 51 und 60 Jahren leiden unter einer gutartigen Vergrößerung der Prostata (benigne Prostatahyperplasie), die auf eine Änderung des Hormonhaushaltes zurückgeführt werden kann. Dabei vergrößert sich der innere Anteil der Prostata und kann die Harnröhre abdrücken. Störungen beim Wasserlassen können die Folge sein.
Behandelt wird unter anderem mit Tamsulosin. Der Alpha-Rezeptorenblocker bewirkt eine Relaxation der glatten Muskulatur des Blasenhalses, der Prostata und der Harnröhre. Der Harnfluss ist erleichtert.
Doxylamin und Prostatahyperplasie: Keine Wechselwirkung, aber Vorsicht
Auch wenn es keine Wechselwirkung zwischen Doxylamin und Tamsulosin gibt, sollte das chemische Schlafmittel, ebenso wie Diphenhydramin, nicht bei Patienten mit einer Prostatahyperplasie mit Restharnbildung angewendet werden. Die Arzneistoffe können Miktionsstörungen verursachen, denn auch die glatte Muskulatur der Harnwege besitzt H1-Rezeptoren. Werden die peripheren Histaminrezeptoren gehemmt und die Muskulatur erschlafft, können Miktionsstörungen die Folge sein. Die Beschwerden der Patienten können sich verstärken, da die Vergrößerung der Prostata ohnehin den Harnfluss beeinflusst.
Pflanzliche Alternativen und Schlafhygiene
Kommt Doxylamin aufgrund einer Prostatahyperplasie mit Restharnbildung nicht infrage, können pflanzliche Einschlafhilfen mit beispielswiese Baldrian eine Alternative sein. Die schlaffördernde Wirkung von Baldrian ist womöglich auf die enthaltenen Lignane zurückzuführen. Vermutet wird eine Wirkung über den Eingriff in den GABA-Regelkreis: Der „Müdemacher“ greift womöglich an dem gleichen Rezeptor wie die Lignane an. Studien haben ergeben, dass Baldrianwurzelextrakt einen Wirkstoff enthalten muss, der am A1-Rezeptor angreift und eine Adenosin-ähnliche Wirkung hervorruft. Adenosin reguliert den Schlaf-Wachrhythmus und sorgt für einen erholsamen Schlaf, um das Gehirn vor einem möglichen Energiemangel zu schützen.
Zusätzlich kann eine Verbesserung der Schlafhygiene Abhilfe verschaffen: Lüften vor dem Zubettgehen, Abdunkeln des Schlafzimmers und kein Fernsehen vor dem Schlafen. Ein festes Abendritual bestehend aus beispielsweise Meditation, Autogenem Training oder einem Tee mit Lavendel und Melisse kann helfen, in den Schlaf zu finden.
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