Ein Diebstahl in der Apotheke ist ein No-Go. Und das gilt nicht nur für Kund:innen, sondern erst recht für Beschäftigte. Dabei können auch vermeintliche Kleinigkeiten gravierende Folgen haben, wie eine fristlose Kündigung wegen der Unterschlagung von 2,75 Euro zeigt.
Versuchen Kund:innen in der Apotheke, etwas mitgehen zu lassen, ist Ärger vorprogrammiert. Doch auch hinter dem HV-Tisch kann es zum Diebstahl kommen. Oftmals passiert das nicht einmal absichtlich, beispielsweise wenn du den Notizblock in der Kitteltasche vergisst und mit nach Hause nimmst. Trotzdem kannst du in Erklärungsnot geraten, wenn dies dem/der Chef:in auffällt. Noch schlimmer wird es, wenn Vorsatz im Spiel ist, wie an einem Urteil über den Diebstahl von 2,75 Euro deutlich wird.
Was war passiert? Ein Busfahrer wurde von seinem Arbeitgeber außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt, nachdem er den Ticketpreis von 2,75 Euro eines Fahrgastes in die eigene Tasche gesteckt und kein Ticket dafür ausgestellt hatte. Dagegen wehrte sich der Angestellte und verwies unter anderem darauf, dass sein Chef ihn unzulässig heimlich kontrolliert habe. Das Problem: Der Beschäftigte hatte im Vorfeld bereits mehrere Abmahnungen erhalten, teilweise aus ähnlichen Gründen.
Vertrauensbruch: Kündigung wegen 2,75 Euro zulässig
Das Hessische Landesarbeitsgericht entschied zugunsten des Arbeitgebers. Demnach genüge auch der geringwertige Betrag von 2,75 Euro als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung.
Zur Erinnerung: Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis „aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.“
Genau dies treffe dem Gericht zufolge im verhandelten Fall zu. Denn der Beschäftigte habe durch den Diebstahl einen schweren Vertrauensbruch begangen und gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers verstoßen. Dabei sei es zweitrangig, ob es sich bei den 2,75 Euro um einen geringfügigen Betrag handelt.
Bleibt noch die Frage, ob Chef:innen ihre Mitarbeitenden heimlich kontrollieren dürfen. Hierzu heißt es vom Gericht: „Stellt der Arbeitgeber eine Situation her, in der er durch Dritte oder eigenes Personal die Ehrlichkeit von Arbeitnehmern testet, kann ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers vorliegen […]. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer nicht zu einer Straftat provozieren.“ Aber: Haben Arbeitgebende keine andere Möglichkeit, zu testen, ob Beschäftigte sich rechtmäßig verhalten, ist ein sogenannter Ehrlichkeitstest möglich, vor allem, wenn es um Kassengeschäfte geht, so die Richter:innen.
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