Noch einmal verreisen bevor das erste Kind da ist: Das wünschen sich fast alle Schwangeren. Mir ging es da nicht anders. Aber auch schon vor der Schwangerschaft habe ich immer freudig meine umfangreiche Reiseapotheke zusammengestellt. Mit Baby im Bauch stellten sich aber so manche Fragen. Was muss ich weglassen? Was brauche ich noch?!
Grundsätzlich kann man sagen, dass in eine Reiseapotheke für Schwangere zunächst einmal Medikamente für die Indikationen gehören, die auch Nichtschwangere mitnehmen sollten. In erster Linie sind dies die Arzneimittel, die regelmäßig eingenommen werden müssen und solche, die im Bedarfsfall immer gut geholfen haben. Dabei muss beachtet werden, ob die Wirkstoffe auch für Schwangere geeignet sind. Hinzu kommen eventuell noch Präparate, die aufgrund der Schwangerschaft benötigt werden.
Wundversorgung
Wundschnellverbände, sterile Kompressen, elastische Binden, Klebeband, sowie eine Schere, eine Pinzette und ein Dreiecktuch sollten zur Wundversorgung immer im Gepäck sein. Octenidin-haltige Wundsprays und -cremes sind bedenkenlos anzuwenden, während Jod-haltige Präparate in der Schwangerschaft zu meiden sind, da diese zu einer Überdosierung beim Ungeborenen führen können.
Auch Blasenpflaster gehören in jede Reiseapotheke. Insbesondere bei Schwangeren können aufgrund von Wassereinlagerungen in Beinen und Füßen die Schuhe vermehrt drücken. Dadurch können Druckstellen und Blasen auch bei Wanderschuhen und Sandalen entstehen, die sonst immer gut gepasst haben.
Schmerz- und Fiebermittel bei Schwangerschaft in der Reiseapotheke
Auch im Urlaub möchte man Schmerzen nicht unbedingt aushalten müssen. Schmerzmittel gehören zu den am häufigsten eingesetzten Medikamenten während der Schwangerschaft. Rücken- sowie vermehrte Kopfschmerzen aufgrund hormoneller Einflüsse sind nur zwei Gründe für den erhöhten Einsatz von Analgetika bei werdenden Müttern. Paracetamol und Ibuprofen sind Mittel der Wahl in der Schwangerschaft. Ibuprofen ist ab der 28. Schwangerschaftswoche kontraindiziert. Wichtig ist zudem ein bruchsicheres Fieberthermometer im Gepäck.
Übelkeit, Sodbrennen
Antiemetika nehmen in der Schwangerschaft einen besonderen Stellenwert ein, da diese nicht nur aufgrund von Reiseübelkeit, sondern auch wegen der Schwangerschaft selbst zum Einsatz kommen können. Reisetabletten mit H1-Rezeptor-Antagonisten (zum Beispiel Diphenhydramin) können im ersten und zweiten Trimenon eingenommen werden. Seit 2019 steht eine Kombination aus Doxylamin und Pyridoxin (Vitamin B6) im rezeptpflichtigen Bereich für die Indikation „Schwangerschaftsübelkeit“ zur Verfügung. Ebenfalls auf Rezept gibt es ein Pflaster gegen Reiseübelkeit mit dem Wirkstoff Scopolamin. Dieser ist plazentagängig, kann bei strenger Indikationsstellung jedoch in der Schwangerschaft verwendet werden.
Auch Sodbrennen gehört zu den häufigen Begleiterscheinungen einer Schwangerschaft. Grund dafür ist der erhöhte Druck auf den Magen durch das heranwachsende Baby, sowie hormonelle Faktoren. Antazida aus Aluminium-, Calcium- und Magnesiumsalzen können in der Schwangerschaft eingenommen werden. Bei Embryotox hat sich der Verdacht, dass resorbiertes Aluminium zu funktionellen Störungen im Zentralnervensystem oder in den Nieren des Fötus führen könnte, bislang nicht bestätigt.
Durchfall, Verstopfung
Auf Reisen kann es durch unterschiedliche Ursachen zu Durchfall kommen. Ein zu großer Flüssigkeitsverlust kann zu Komplikationen für das ungeborene Kind führen. Ein Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes mit einer Elektrolytlösung hat Priorität. Kurzfristig können Loperamid-haltige Präparate eingenommen werden.
Verstopfung gehört zu den typischen Begleiterscheinungen – sowohl während der Reise als auch während der Schwangerschaft. Im Vordergrund stehen bei Schwangeren Laxantien mit Quelleffekt (wie Leinsamen, Weizenkleie und indische Flohsamenschalen). Reicht dies nicht aus, sind Lactulose und Macrogol Mittel der Wahl. Wenn das nicht zum gewünschten Erfolg führt, kann kurzfristig Bisacodyl zum Einsatz kommen.
Insektenstiche
Gängige Repellentien enthalten meist Diethyltoluamid (DEET), Icaridin oder Ethylbutylacetylaminopropionat (IR3535) und können auch in der Schwangerschaft verwendet werden. Sollten dennoch Juckreiz oder eine Schwellung aufgrund von Insektenstichen behandelt werden müssen, so können topische oder systemische H1-Antihistaminika eingesetzt werden. Auch die kurzzeitige topische Anwendung von 0,5-prozentigem Hydrocortison ist unbedenklich.
Sonnenschutz darf in der Schwangerschaft in der Reiseapotheke nicht fehlen
Die Haut ist in der Schwangerschaft besonders sensibel und muss gut gegen UV-Licht geschützt werden. Auf nicht bedeckte Körperstellen sollte während der Schwangerschaft grundsätzlich immer ein Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor aufgetragen werden. Geeignet sind sowohl chemische als auch mineralische Filter.
Erkältungsbeschwerden
Auch für Schwangere gibt es Möglichkeiten zur Behandlung von Erkältungssymptomen, sodass einige Präparate in die Reiseapotheke gepackt werden können.
Bei Halsschmerzen sind insbesondere Lutschtabletten geeignet, die auf physikalischem Wege Linderung verschaffen und einen Schutzfilm auf die gereizte Schleimhaut in Hals und Rachen legen. Bei trockenem Husten können Hustenmittel mit Dextromethorphan empfohlen werden. Beim Lösen von zähem Schleim gelten sowohl Ambroxol als auch Acetylcystein als Mittel der Wahl in der Schwangerschaft.
Nasenspray mit abschwellenden Wirkstoffen wie Xylometazolin und Oxymetazolin dürfen indikationsgerecht und kurzzeitig erfolgen. Sie können auch bei Flugreisen zum Ausgleich des Ohrendrucks zum Einsatz kommen.
Reisethrombose
Flugreisen sind generell bis zur 36. Schwangerschaftswoche (SSW) erlaubt – bei komplizierten Verläufen nur bis zur 32. SSW. Bei Langstreckenflügen erhöht sich das Thromboserisiko, weshalb zum Tragen von Kompressionsstrümpfen der Klasse I geraten wird. Fuß- und Beingymnastik während des Fluges sind eine gute Maßnahme, um das Auftreten einer Reisethrombose zu vermeiden. Acetylsalicylsäure sollte in der Schwangerschaft eher gemieden werden. Darüber hinaus bietet die Einnahme von 100 mg zur Thrombozytenaggregationshemmung keinen ausreichenden Schutz vor venösen Thromboembolien, da die Wirkung überwiegend im arteriellen System stattfindet. Sollte medikamentös vorgebeugt werden, ist verschreibungspflichtiges niedermolekulares Heparin Mittel der Wahl, welches subkutan appliziert wird.
Besonders in der Schwangerschaft ist es sinnvoll, sich vor Beginn der Reise zu informieren, wie die medizinische Grundversorgung am Reiseziel aussieht. Wo sind Ärzte, Krankenhäuser und eine Apotheke zu finden? Eine gute Vorbereitung ist genauso wie die Zusammenstellung der Reiseapotheke sinnvoll, gibt Sicherheit und erhöht die Vorfreude auf die bevorstehende Reise.
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